Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Fußball-Journal '12-15."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

29. 5. 2012 - 16:26

Fußball-Journal '12-15.

Business as usual im Junioren-Bereich: der ÖFB wirft seinem Nachwuchs weiterhin Prügel zwischen die Beine. Und: wie es die U19 trotzdem zu ihrer Euro schaffen könnte.

Das ist ein weiterer Eintrag in das auch heuer wieder regelmäßig publizierte Fußball-Journal '12, das die heimische Bundesliga, den Cup, Nationalteam und ÖFB, den Nachwuchs, das europäische Geschäft und das Umfeld begleitet.
Heute mit einem Blick auf die ÖFB-Juniorenteams.

Der Kader der U19 (Jahrgang 93/94):

Tor: Richard Strebinger (Hertha/D), Lukas Waltl (Gleinstätten).

Abwehr: Florian Neuhold (Sturm), Mario Pavelic (Rapid ), Gerald Peinsipp (St. Pölten), Stefan Petrovic (Hertha/D), Pius Simma (FC Lustenau), Lukas Spendlhofer (Inter Mailand/ ITA), Sebastian Wimmer (LASK).

Mittelfeld: Armin Masovic (Kapfenberg), Robert Völkl (Anif/Salzburg), Kevin Stöger (VfB Stuttgart/D), Alessandro Schöpf (Bayern/D), Marcel Ritzmaier (PSV Eind-hoven/NED).

Sturm: Daniel Krenn (Salzburg), Thomas Murg (GAK), Srdan Spiridonovic (Austria), Toni Vastic (Bayern/D).

In den letzten Tests noch dabei: Fabian Hafner (Wacker Innsbruck), Philipp Prosenik (AC Milan/ITA), Christian Gartner, Marvin Potzmann (Mattersburg), Vasil Kuleski (Rapid)

Out: Marcel Sabitzer (Admira), Raphael Holzhauser (Stuttgart/D), Dejan Stojanovic (Bologna/ITA), Dominik Burusic, Christian Derflinger, Kevin Friesenbichler (Bayern), Michael Gregoritsch, Seifedin Chabbi, Daniel Penz (Hoffenheim/D), Stefan Savic, Alexander Staudecker, Aleksander Simic (Salzburg), Francis Enguelle (Matterburg), Andreas Pfingstner (Rostock/D), Daniel Geissler (Heerenveen/ NED) uvam...

Schon eine tolle Sache die Berufung von Marcel Sabitzer in den Teamkader für die Testspiel gegen die Ukraine und Rumänien diese und nächste Woche. Teamchef, Kollegen und der kommende Jungstar können einander beschnuppern, auch wenn es in der anstehenden Qualifikation noch für keinen Einsatz reichen wird.

Könnte man meinen.

Kroatien, immerhin EM-Teilnehmer, hat seinen Jungstar nicht in den Großkader, der sich zur Vorbereitung zusammengefunden hat, berufen: für Mateo Kovačić (Wie Sabitzer Jahrgang 94, Dinamo Zagreb) hat man eine andere Aufgabe: er soll sein U19-Nationalteam durch die Qualifikation zur EM-Endrunde der Junioren führen.

Diese Spiele finden jetzt, parallel zu den Länderspielterminen statt. Gegner Kroatien ist unter anderen auch Österreich.

Österreichs U19 muss nicht nur auf Sabitzer, der per Gaudi zum Testen bei den großen berufen wurde verzichten. Auch Raphael Holzhauser (Jahrgang 93), das große Mittelfeld-Talent wird anderswertig gebraucht. Nämlich von Werner Gregoritsch, dem U21-Coach, für das Qualifikations-Heimspiel nächsten Dienstag, gegen die Fußball-Großmacht Luxemburg.

Was Kovačić darf, ist Sabitzer und Holzhauser verboten

Noch 2011 wäre das nur eine weitere Aktion, die Dietmar Constantini und Andreas Herzog diesmal gegen die Interessen von Andreas Heraf durchgezogen hätten, in ihren fortwährenden Stellungskriegen des Einander-Spieler-Wegnehmen-Spiels, mit dem die Coaches einander gegenseitig schwächen.

Die Jahrgangs-Wahrheit, in Verbänden, die über Struktur, Konzeot und Anstand verfügen eine Selbstverständlichkeit ist, hat sich beim ÖFB auch im Jahr 1 unter Koller&Ruttensteiner beschämenderweise noch nicht durchgesetzt.
Im wesentlichen besagt die Grundregel, dass kein Auswahl-Coach Spieler unterer Jahrgänge (die eigentlich noch für eine jüngere Auswahl spielberechtigt wären) ohne Not und ohne Absprache hochzuziehen.

Wohin der Wildwuchs und die Ignoranz führen zeigt das Beispiel der leisen Katastrophe von Cartagena, als das Team für die vorjährigen U20-WM (unter Mithilfe vieler Beteiligte, auch des verantwortlichen Coaches selber) so lange systematisch ausgehöhlt wurde, bis nichts mehr überblieb. Herafs Analyse zur WM ist - wenn man das Selbstmitleid wegblendet - ein Fanal.

Schon ihm fehlte damals Holzhauser, der vom VfB Stuttgart vor allem mit dem Hinweis darauf, dass auch andere Akteure (Alaba und Dragovic sowieso, aber auch die Salzburger Jungstars) keine Freigabe bekämen, zurückbehalten wurde.

Nichts aus den kolumbianischen Fehltritten lernen wollen

Trotz zumindest ÖFB-technisch flächendeckender Analyse dieses Elends hat kein Beteiligter Konsequenzen gezogen: bei der nächstmöglichen Gelegenheit werden dem neuen U19-Coach, der intern sicher noch nicht das Standing hat, dagegen offen zu protestieren, die beiden besten Kräfte vorenthalten.

Für nix, justament. Koller und Gregoritsch holen sich die U19-Kicker nicht weil es Sinn hat, sondern weil sie's können. Es geht um Macht-Demonstration, nicht um sportlichen Erfolg.

Das entscheidende Spiel gegen Georgien findet morgen Mittwoch um 16.30 in Velika Gorica statt. Die ÖFB-Junioren müssen gewinnen und hoffen dass der zu erwartende Sieg von Kroatien gegen Bosnien (zeitgleich) nicht höher ausfällt.

Rupert Marko, der den U19-Job gegen den Protest von Prohaska/Ogris erhalten hatte, steht dieser Tage in Kroatien also mit einer nicht optimal besetzten Mannschaft in der EM-Qualifikation gegen Bosnien, Georgien und die Gastgeber. Trotzdem ist nach zwei Spielen (Sieg gegen Bosnien und Remis gegen Kroatien, nur der Gruppensieger kommt in die Endrunde) noch alles drin.

Natürlich verzichtet Marko auch von sich aus auf einiges an Talent: Philipp Prosenik (Milan), den Salzburger Stefan Savic, die Mattersburger Bundesliga-Spieler Gartner und Potzmann, Bayern Hyper-Talent Derflinger, den bei Bologna schon im A-Kader stehenden Tormann Dejan Stojanovic, der für ein Testspiel letztens mit dem Auto über Stock und Stein anreiste, weil es ihm so wichtig war, und sich jetzt wohl für die andere Heimat Mazedonien entscheiden wird.

Die 94er-Jahrgänge spielen im November dann bereits ihre erste Quali-Runde (Österreich wird in Ungarn auch noch auf Bulgarien treffen). Neben Sabitzer, Murg und Wimmer werden auch noch Gartner, Penz, Derflinger, Friesenbichler, Geissler, Stefan Savic und Michael Gregoritsch spielberechtigt sein.
Dazu kommen weitere Legionäre wie Mwene (VfB), Müllner (Gladbach), Bachmann (Stoke), Jovanovic (Wolfsburg), Ylli Sallahi (Bayern), Sonderegger (Hoffen-heim), Tormann Leitner von der Admira, Wydra und Schaub von Rapid oder Djuric von Salzburg.

Im 95er-Jahrgang der U18 lauern Talente wie Sinan Bytyqi (Man City), Markoutz und Hager (Bayern), Mayer und Lovric (VfB), Madlmayr (Hoffenheim), Heinrich (Schalke) oder Michorl (Austria). Und in der U17 (Jg 96) leuchten die Rapidler David Domej, Adrian Grbic, Sasche Horvath (Austria) und Valentin Lazaro (Salz-burg). Zuletzt gewann man einen Test gegen Bulgarien mit 2:1.

Oder auf Michael Gregoritsch, den von Hoffenheim gedrafteten Kapfenberger. Der überhaupt nicht mehr einberufen wird, seit der Papa bein ÖFB arbeitet - ein Schelm wer da Zusammenhänge vermutet.

Den Ankündigungen zum Trotz: Rückfall in ignorante Zeiten

Und schon haben wir wieder die Heraf-Melange beinander: aus vielen sehr unterschiedlichen Motiven bekommt der Nachwuchs-Coach der seriöse UEFA-Quali-Spiele zu bestreiten hat, keine Unterstützung, sondern Prügel zwischen die Beine geworfen. Und zwar auch, ganz massiv, von den eigenen Leuten.

Anfang Juli findet die U19-Euro in Estland statt. Mit Niederlande oder Frankreich, vielleicht England, Deutschland und Portugal, sicher Griechenland und Spanien und eben dem Sieger der Österreich-Gruppe. Der 93/4-Jahrgang, der neben den Genannten noch Leute wie Tormann Strebinger (frisch bei Werder), Flo Neuhold von Sturm, Junioren-Champions-League-Sieger Lukas Spendlhofer von Inter, Sebastian Wimmer (LASK), Marcel Ritzmaier (PSV), Kevin Stöger von Stuttgart oder Toni Vastic und Alessandro Schöpf von Bayern umfasst, ist wieder einmal ein Talente-Reservoir der ersten Güte.

Diese Spieler, ihr Umfeld und die Aussichten auf einen europäischen Finalbewerb nebenrangigst zu behandeln, spricht dem Zweck des ÖFB Hohn.
Die hier Praxis gewordene Ignoranz lässt große Zweifel daran, ob der neue, den Verband angeblich durchwehenden Wind einer frischen Philosophie und eines durchgehenden Konzepts, überhaupt existiert. Aktuell ist man nicht weiter als in den schlimmsten Constantini-Tagen. Die umfassende ÖFB-Reform, der vielzitierte neue Geist, wird - so scheint es - bloss den Weg vieler österreichischer Neuanfänge beschreiten und sich mit derschlichten Ankündigung, der dann nie praktische Umsetzung folgte, begnügen.

Nachtrag vom 31.5.

Das ÖFB-Team ist im dritten Match gescheitert. Nicht so sehr am (durchaus starken) Gegner Georgien, sondern mehr an der fehlenden Substanz, die der uneinheitliche Kader nicht auffangen konnte. Drei Spiele mit diversen Verletzungen, Sperren und Ausfällen waren zuviel für ein vom ÖFB selbst geschwächtes Team.

Zur Euro fährt Gastgeber Kroatien. Rupert Markos Mannschaft wurde hinter Georgien Dritter.

Marcel Sabitzer kam gegen Rumänien zu einem Kurzeinsatz. Raphael Holzhauser half der U21 zu einem Sieg gegen Luxemburg, der Österreich seinen 4. Platz in der bereits von Andreas Herzog vergeigten Quali-Gruppe hinter den Niederlanden, Schottland und Bulgarien festigen half.