Erstellt am: 28. 5. 2012 - 19:53 Uhr

EM-Journal '12-07.

Der Countdown zur Fußball-EM. Mit einer Einschätzung aller Mannschaften. Heute in Teil 6: systematisches Schlechtreden von Schweden.

Schweden wird, neben Irland, das Team sein, das Österreich in der im Herbst beginnenden Qualifikation für die WEM 2014 in Brasilien schlagen wird müssen. Also sollte die psychologische Kriegsführung jetzt beginnen. Dazu braucht es ein ganz schwaches Abschneiden bei der Euro, für die sich die Nordländer - wie oft in ihrer Geschichte - relativ mühelos (bester Gruppenzweiter) qualifizierten; samt nachfolgender Krise was Coaching und Team betrifft. Das könnte Realität werden: denn Schweden hat Schwächen; und Gruppengegner die das nützen können: Geheimfavorit Frankreich sowieso, Ukraine mittels Heimvorteil und England mit einem lucky punch wie zuletzt gegen Nachbar Norwegen.

Erik Hamrén, der schwedische Coach mit dem norwegischen Namen, hat es gewagt das klassisch-skandinavische flache 4-4-2 abzuschaffen, zumindest teilweise. Und zwar um den Mann, um den herum Schweden aktuell sein Spiel baut, seine Lieblingsrolle zu verschaffen: Zlatan Ibrahimović, das schlampige Genie, der italienische Torschützenkönig. Von dem macht sich Team Sverige zunehmend komplettabhängig. Denn zu Ibra passt nur Johan Elmander als Solo-Spitze; und der ist ebenso (wenn auch aus anderen Gründen, nämlich Verletzung) argen Formschwankungen unterworfen. Und wenn es bei Zlatan-Superstar nicht läuft, dann geht er auch einmal 80 Minuten auf dem Rasen spazieren.

Dazu kommt das teilweise biblische Alter der zentralen Achse Isaksson, Mellberg und Anders Svensson (zusammen sind sie flotte 99) und ihre absteigenden Karriere-Kurven. Und die (trotz Spielmacher Källström) mangelhafte Spielkultur übers Zentrum, was den Aufbau von variantenreichen Angriffen fast unmöglich macht. Schweden funktioniert offensiv praktisch nur über die Flügel und im Konter, ist also hoch berechenbar.

So weit, so systematisch schlechtegeredet.
Alles fürs Vaterland und so. Wer die Hymne nicht mitsingt, wird gefeuert.

Und jetzt zum objektivieren Teil...

... denn die Beschränktheit im Aufbau geht Hand in Hand mit einer sehr sicheren Defensive. Und die Konzentration auf das Flügelspiel bringt dort eine Menge gute junge schnelle Leute hervor, seit Jahren schon. Wenn die es schaffen Ibra/Elma zu füttern, dann kann sich Schweden schon den Weg ins Viertelfinale freimauern und freikontern. Vielleicht wieder als bester Gruppenzweiter.

Isaksson, Mellberg und Anders Svensson sind tatsächlich spielerisch limitiert, aber auch alte Turnier-Säcke und entsprechend selbstsicher. Die Tempoarbeit in der Innenverteidigung erledigt eh Mellbergs Partner, egal ob das Jonas Olsson oder Mikael Antonsson (ganz früher einmal bei der Austria) sein wird. Und die Außenverteidiger (Lustig und Martin Olsson) sind ebenso flotte Kerle wie ihre Partner im Mittelfeld (Elm, Sebastian Larsson oder Toivonen, den wir von den Ried-Spielen vom PSV kennen).

Zwar ist auch bei dieser schwedischen Mannschaft (bei der Marcus Allbäck als Assistent dient) der Jüngste gerade erst einmal 24 - so lange lassen die Einberufungen zu großen Turnieren dort aber durchaus traditionell warten. Jungstar John Guidetti, Stürmer bei Feyenoord in Holland, gerade erst 20 geworden, wäre die große Ausnahme gewesen: was passiert da? Er verletzt sich.

Wer fehlt?

Neben Guidetti sind das vor allem Brüder: Rasmus Elms Bruder Viktor (Heerenveen) und auch die Farnerud-Brüder Alexander (YB Bern) und Pontus (IFK Göteborg) und natürlich Martin Olssons Zwillingsbruder Marcus, der auch bei Blackburn spielt.

Verletzt ist Daniel Majstorovic, Innenverteidiger von Celtic, der ebenso wie Oscar Wendt von Gladbach etliche EM-Quali-Spiele bestritt. Aus diesem Großkader haben es auch Pierre Bengtsson (FC Kopenhagen), Alexander Gerndt von Utrecht und auch der völlig außer Form befindliche Marcus Berg vom HSV nicht geschafft. Frederik Stenman (Brügge) kam eine Verletzung dazwischen (danke an Martin Wolf für den Hinweis!).

Junge wie Albin Ekdal von Cagliari oder Michael Almebäck von Brügge wurden nur bei Tests erprobt. Die Talente von Malmö (Johan Dahlin, Jiloan Hamad, Mathias Ranégie oder Simon Thern) oder Elfsborg (Oscar Hiljemark) müssen wohl erst ins Ausland.

Altstars wie Petter Hansson (jetzt Monaco) oder Mikael Nilsson (jetzt Bröndby) kommen nicht mehr in Frage. Eddie Gustafsson und Rasmus Lindgren aus Salzburg waren leider kein Thema.

Was steht zu erwarten?

Eigentlich dürfte Schweden bei dieser Euro, fast schon traditionell, keine Rolle spielen - bis auf das Heimspiel 1992 (Halbfinale für das große Team um Ravelli, Thern, Dahlin und Brolin) und einmal Viertelfinale (2004) war in der Gruppe immer Endstation. Und immer auch zurecht.

Andererseits machen alle Gruppengegner aktuell nicht den Eindruck als würden sie problemlos über die Herren Schweden drüberfahren können. Das heißt: so lange das 99er-Korsett halbwegs fit/fehlerfrei bleibt und sich die Offensiv-Zentrale gut vertröglich präsentiert, ist schon mehr möglich. Allerdings wohl eher wegen der Schwäche der anderen denn aus eigener Stärke.

Egal: nach dem Turnier werden wohl zumindest Svensson und Mellberg, sicher auch Wilhelmsen zurücktreten und brauchen erst einmal Nachfolger die sich einspielen - was für Österreichs Spiele 2013 eventuell günstig sein kann. Das mit dem systematischen Schwachreden von Schweder hat trotzdem nicht so recht funktioniert; eigentlich beruhigend.