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Paul Pant

Politik und Wirtschaft

28. 5. 2012 - 16:44

Economy Death Match: Eurobonds

Sind die Eurobonds die Wunderwaffe gegen die Schuldenkrise, oder Teufelszeug, das ganz Europa geradewegs in die Schuldenfalle führt?

Seit mehr als die Hälfte der täglichen Nachrichten aus Wirtschafts-Zeug bestehen, muss man sich mit derlei zwangsläufig beschäftigen. Und neben vielen fremden Begriffen gibt es noch ein Problem: Fragt man fünf Fachleute, bekommt man mindestens zehn Antworten. "Gibt es so etwas wie 'die Wahrheit' in Wirtschaftsfragen?", fragen sich Robert Zikmund und Paul Pant daher im "Economy Death Match".

Die Schulden und die Krise: Es scheint, dass diese zwei Wörter eine unheilige Allianz geschlossen haben. Ein Lösungsvorschlag gegen die Schuldenkrise, der derzeit diskutiert wird: die Eurobonds. Der französische Präsident Francois Hollande ist dafür, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen. In Österreich wird auch heftig gestritten: Bundeskanzler Faymann sagt, wir brauchen Eurobonds, um aus der Schuldenkrise zu kommen. Finanzministerin Fekter lehnt sie ab.

Dabei ist der Vorschlag nicht neu. Schon vor dem EURO-Rettungsschirm wurde über die Eurobonds diskutiert, als in Griechenland und vielen anderen Euro-Staaten die Schulden explodiert sind. Durch die hohe Schuldenlast sank die Bonität der Euro-Staaten. Das Risiko, dass die Kredite irgendwann nicht mehr bezahlt werden könnten, ließen sich die Finanzinvestoren mit hohen Zinsaufschlägen bezahlen. Das hat Griechenland an den Rand des Staatsbankrotts gebracht. Kredite bekamen die Griechen entweder gar nicht, oder nur mit hohen zweistelligen Zinsaufschlägen.

Bis jetzt sprang der Euro-Rettungsschirm mit Krediten ein und kaufte die Staatsanleihen der Griechen. Da nun aber auch größere Staaten wie Spanien und Italien unter Druck geraten, kommt das System an seine Grenzen. Die Schulden von einem großen Land wie Spanien werden nur schwer durch den Rettungsschirm finanziert werden können. Was also tun? Die Lösung einiger Politiker: Die Eurobonds. Alle Euro-Staaten geben damit gemeinsam Anleihen aus und treten somit als einheitlicher Schuldner auf. Das, so die Hoffnung, würde die Kapitalmärkte stabilisieren, die Investoren beruhigen und die Zinsen für Staaten wie Griechenland erheblich senken.

Mitglieder des EU-Rats

EPA / THIERRY ROGE

Pro:

Es ist in aller Interesse, dass die Staaten ihre Schulden bewältigen können. Ein Staatsbankrott eines Eurolandes würde unabsehbare Folgen nach sich ziehen und auch stabile Länder wie Deutschland und Österreich mit in den Abgrund reißen. Das hätte eine weltweite Rezession zur Folge.

Durch die Turbulenzen rund um Griechenland spielen die Finanzmärkte verrückt. Investoren sind verunsichert und parken ihr Geld in scheinbar sicheren Staaten. Das führt zur skurrilen Situation, dass Deutschland zehnjährige Staatsanleihen mit rund 1,4 Prozent Rendite für die Anleger ausgeben kann. Das ist weniger als die Inflation ausmacht. In Österreich sind es moderate 2,5 Prozent für zehnjährige Anleihen. Gleichzeitig bekommt Griechenland aber am freien Markt frisches Geld nur mit 30 prozentigen Zinsaufschlägen. So kann Griechenland niemals seine Schulden begleichen.

Beim jetzigen System finanzieren sich alle Euro-Staaten eigenständig auf dem sogenannten Renten- oder Anleihenmarkt. Jeder für sich, je nach Bonität mit besseren oder schlechteren Konditionen. Das ist schlecht für den Euro, da einzelne Länder so zum Spielball von Finanzspekulanten werden können. Man sieht das bei Italien und Spanien. Dort gibt es eine solide Wirtschaft. Trotzdem müssen die Länder zwischen fünf und sechs Prozent Zinsen zahlen. Im Vergleich mit den USA sieht man aber, dass trotz hohem Schuldenberg die US-Anleihen derzeit nur mit rund 1,8 Prozent verzinst werden müssen. Ein großer Markt schafft Vertrauen bei den Anlegern und macht das Spekulieren schwieriger. Gemeinsam ist man immer stärker.

Deswegen braucht es eine gemeinsame europäische Fiskalpolitik. Es geht nun mal nicht anders. Trotz sparen könnte Griechenland niemals die Zinsen am freien Kapitalmarkt bezahlen. Nur wenn die Euro-Staaten einspringen kann sich Griechenland erholen. Wenn man gemeinsam als Schuldner auftreten würde, könnte Griechenland die Schulden mit weitaus besseren Konditionen finanzieren und so den Schuldenberg abtragen.

Contra:

Die Anleger misstrauen mittlerweile dem ganzen Euroraum. Wenn wir jetzt alles in einen Topf werfen, dann schaffen wir kein Vertrauen. Wir haben keine Garantie, dass es besser wird. Im Gegenteil: Wenn Deutschland haftet, besteht sogar die Gefahr, dass die Bonität der Staaten leidet, die noch das Tripple A haben. Auch Österreich muss dann höhere Zinsen zahlen. Darauf läuft es hinaus. Wieso sollen wir für die Schulden der Griechen bezahlen? Wer hat denn die Schulden gemacht? Es kann doch nicht sein, dass wir das finanzieren.

Das Problem ist außerdem, wenn wir einmal die Eurobonds eingeführt haben, werden wir sie nicht mehr weg bekommen. Langfristig verwässert das die Anreize für eine solide Finanzpolitik. Warum sollen dann Staaten wie Griechenland sparen und harte Sparpakete schüren? Im Fall des Falles springen ja sowieso die anderen Euro-Staaten ein.

Wenn die Schulden dann immer größer werden, steigt das Risiko, dass der gesamte Euro-Raum in die Insolvenz schlittert. Die Gefahr ist groß, dass noch mehr Schulden gemacht werden und wir in zehn Jahren mit ganz Europa dort sind, wo jetzt Griechenland steht. Da wird nur der Teufelskreis aus Schulden und Zinsen weiter gedreht und wir alle sollen dafür bezahlen. Beim Euro-Rettungsschirm waren es nur schnell ein paar hundert Milliarden. Jetzt geht’s nach dem Prinzip: alles oder nichts.

Economy Death Match

Robert Zikmund und ich schlüpfen in die Rollen der Streitenden und legen Zahnschutz und Suspensorium an. Im verbalen Boxring schlagen wir uns die Argumente um die Ohren. Und wer dabei die besseren Argumente hat entscheidet ihr. Discussion welcome!

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