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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

27. 5. 2012 - 12:09

Die Pflicht ruft

Schnöde Antikriegsfilme waren gestern. "Act of Valor" wirbt mit echten US-Elitesoldaten, die sich selbst im Kampfeinsatz spielen.

Liebe Freunde des gepflegten Testosteron-Kinos, sehr verehrte Leinwand-Militaristen und Freizeitsoldaten! Wenn euch die Produktionen des Oberfeldmarshalls Michael Bay nur mehr kalt lassen, sowas wie "Battleship" bloß fadisiert hat und die Wartezeit zum nächsten "Rambo"-Aufguss schon nervt - hier kommt euer Film.

"Act Of Valor" verzichtet auf aufgepumpte Schauspieler, die letztlich den Kampfeinsatz ihren Stuntdoubles überlassen. Stattdessen wird mit dem Prädikat "Echtheit" geworben, dass es auf den Schlachtfeldern nur so raucht.

Das Spielfilmdebüt der beiden Regisseure Mike McCoy und Scott Waugh war ursprünglich als offizieller Werbestreifen für die Navy Seals gedacht. Und wurde dann zum Kinofilm umgebaut. Damit geht der Anti-Terror-Thriller weiter als die zahlreichen bisherigen Kooperationen zwischen Hollywood und der US-Army. Die versteckten den Propaganda-Aspekt hinter krampfhaften Antikriegs-Szenarien und überließen dennoch, im Gegenzug für das zur Verfügung stellen diverser Flugzeuge und Waffenarsenale, das Mitspracherecht am Drehbuch und Endschnitt dem Militär.

McCoy und Waugh schenken sich derlei ideologische Maskeraden, die im Action-Blockbuster-Genre üblich sind, und stürzen sich mit wehenden Fahnen und ungebrochenem patriotischem Pathos ins Gefecht.

Act of Valor

constantin film

Dabei ist natürlich, wie sollte es auch gegenwärtig anders sein, die wackelige Handkamera massiv im Einsatz, maximale Authentizität wird suggeriert. Eine langweilige, vielleicht sogar ansatzweise kritische Dokumentation müsst ihr aber nicht befürchten, werte Kriegsfilmfreunde.

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"Act Of Valor" verpackt das durchtrainierte Menschenmaterial in einen fiktiven Spielfilm, für den Kurt Johnstad das Drehbuch und die aus dem Leben gegriffenen Dialoge verfasste. Dem (un-)guten Mann verdanken wir auch schon die unvergesslichen Zeilen, die im artifiziellen Historienblutbad "300" gebrüllt wurden. Da werden wenige bis keine Gefangenen gemacht.

Jetzt gibt es nur ein paar klitzekleine Probleme. Zum Beispiel den Realitätsanspruch des Films. Aus einem bunten Mix aus tschetschenischen Terroristen, islamistischen Selbstmordattentätern und mexikanischen Drogenkartellen, fröhlich vereint gegen das amerikanische Imperium, konstruieren die Macher eine dermaßen dämliche Achse des Bösen, dass sogar James Bond den Kopf schütteln würde.

Act of Valor

constantin film

Und dann sind da noch die Hauptakteure. Storytechnisch stellt man uns die beinharten Navy Seals als Langweiler von nebenan vor, die Lichtjahre von (im besten Sinne) kaputten Machos wie Sylvester Stallone oder Mickey Rourke entfernt sind. Thematisierten die beiden genannten "Expendables" im gleichnamigen Tschinn-Bumm-Spektakel im desillusionierten Gespräch ihre eigene Rollen als Killermaschinen, findet man in "Act Of Valor" nicht einmal Ansätze seelischer Verwundungen.

Chief Dave and Lt. Rorke, die zentralen Protagonisten des Films, werden als erzbrave Väter gezeigt, die vor dem großen Fronteinsatz erst einmal mit ihren Familien surfen gehen. Im milden kalifornischen Sonnenlicht folgt die gediegene Verabschiedung von Frau und lieben Kleinen, die Pflicht ruft, Baby, mach dir keine Sorgen.

Nicht einmal Bruce Willis könnte aus derartig faden Figuren einen Ansatz von Empathie und Emotion herausholen. Die beiden echten Seals-Herren, die sich da selber spielen, entpuppen sich aber bald als lächerliche Hobbydarsteller, die auch im letztklassigsten Provinztheater von den Bühne gepfiffen werden würden. Das macht, erst recht in der deutschen Synchronisation, die peinlichen Dialoge so unfreiwillig komisch, dass es weh tut.

Schmerzhaft ist aber so vieles an diesem Film. Die öde Ego-Shooter-Ästhetik, die erwähnte terroristische Storyline, vor allem die Botschaft, die in einer finalen Begräbnissequenz ungefiltert auf den Zuseher einprasselt: Wer den Heldentod nicht ehrt, ist das Leben als blonder Surferdude nicht wehrt.

Act of Valor

constantin film

PS: "Act Of Valor" führte bei seinem Start die amerikanischen Kinocharts an. Vom amtierenden US-Präsidenten weiß man dagegen, dass er die geniale TV-Serie "Homeland" liebt, die auf kompromisslose und nervenaufreibende Weise von der Anti-Terror-Politik seines Landes erzählt, inklusive korrupten Agenten, psychotischen Soldaten und relativ differenziert gezeigten Islamisten.