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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

25. 5. 2012 - 10:58

Something For The Weekend

Ausgehtipps. Konzerte. Indie.

Es muss ja nicht immer Techno sein. Vielleicht ist einem ja schon im Laufe dieser Woche aufgefallen, in der Auftritte von solch guten Acts wie Tu Fawning, Diagrams, Florian Horwath, Keep Shelly in Athens oder Secret Mommy ins Land gegangen sind, dass gerade die Saison beginnt, in der man problemlos auf zwei Konzerte täglich mindestens gehen möchte. Und so geht das ja jetzt weiter. Deshalb hier ausnahmsweise einmal ein paar ausgewählte Empfehlungen, in denen eher das Wort "Gitarre" und weniger das Wort "Bassdrum" enthalten ist.

Stealing Sheep

Stealing Sheep

Stealing Sheep

Ein schönes Dreier-Paket für den Freitag hat der Posthof Linz geschnürt:
Zunächst werden da die keineswegs zu vernachlässigenden feinen österreichischen Acts Ginga und Susanna Sawoff auftreten, besonderes Augenmerk soll aber auf den internationalen Gast gelegt werden: Das englische Trio Stealing Sheep, von dem noch Großes zu erwarten ist, wird da nämlich sein erstes Österreich-Konzert aufs Parkett stellen. Die drei jungen Frauen von Stealing Sheep schütteln locker einen psychedelisch angehauchten Weirdo-Folk aus den Gewändern, der meist karg instrumentiert ist und vor allen Dingen von den sich gegenseitig überlagernden Stimmen und dem dezent entrückten Geklopfe und Gerassel am Percussion-Instrumentarium lebt. Es handelt sich hier - bei allem Willen zur Expressivität - aber immer noch um Popsongs, richtig gute noch dazu. Ein paar Singles und EPs haben Stealing Sheep schon veröffentlicht, exemplarisch sei allen Menschen die tolle "I Am the Rain"-EP ans Herz gelegt, das Debütalbum folgt in Kürze. Nächstes Jahr werden wir dann sagen können, dass wir das alles ja schon letztes Jahr gekannt und gesehen haben.

Lower Dens

Lower Dens

Lower Dens

Ein besonders prächtiges Dreier-Gespann gibt es ebenfalls am Freitag im Flex zu erleben: Da wäre im Vorprogramm einmal der tatsächlich famose Jason Urick, der für gewöhnlich für das Chicagoer Traditionslabel Thrill Jockey seinem Laptop experimentelles Gebrumm entlockt, zum anderen der heiße Act der Stunde: die Citizens! Kühler Wave, heißer Dance-Pop, Kitsuné. Über die Citizens! wird hier sehr bald noch sehr viel mehr zu hören sein, weshalb für heute die Gruppe Lower Dens als Headliner des Abends ausgerufen sein soll. Die Band um die kaum zu überschätzende Jana Hunter (ursprünglich aus der Ecke von Devendra Banhart) übersetzt Folk-Songwriting in Krautrock, eventuell auch umgekehrt, und hat mit ihrem zweiten Album "Nootropics" jetzt schon ein Album des Jahres 2012 veröffentlicht. Urick, Lower Dens, Citizens! - ein irres Trio, das an diesem Abend vermutlich ein bisschen der Zufall zusammengewürfelt hat - die style-technischen Unterschiede werden wohl für ein Knistern in der Nacht sorgen. So müssen Festivals gebucht werden.

Vermutlich auch alles andere als schlecht: Drei gute Typen, namentlich Manuel Frohnhofer von The Gap, DJ Corner von Wohnzimmer Records und Marky Mushroom vom Teenbeat Club, wollen endlich wieder einmal einen adretten und geschmacksicheren Indiepop-Club in dieser Stadt Wien erleben und starten so am Freitag im Hinterzimmer des Cafe Europa mit der von nun an unregelmäßig stattfindenden Veranstaltung Independent Tag. Auf die Plattenteller dürfte exquisite Kost wie beispielsweise Belle and Sebastian, Flaming Lips, the Smiths, the XX, Built to Spill und dergleichen kommen. Schön.

Sandro Perri

Sandro Perri

Sandro Perri

Wer vergangenes Jahr das Waves-Festival in Wien besucht hat, hat dort möglicherweise eines der besten Konzerte der Welt gesehen, und zwar das von Frau Erika M. Anderson und ihrer Band. Anderson hat 2011 mit dem Debütalbum ihres Alter Egos EMA ein Album veröffentlich, das sich Ende des Jahres in nicht wenigen Bestenlisten wiedergefunden hat. Auf "Past Life Martyred Saints" kombiniert EMA ihre im Sperrmüll gefundene Krachgitarre mit Ideen von Grunge, Gothrock und großer Poesie über die Liebe und den Schutt, der das Leben ist. Auf Tonträger super, live von unnachahmlicher Rock Action befeuert und großartig. Jetzt kommt Frau EMA wieder nach Österreich, ohne neue Platte zwar, am Samstag ins Flex Wien und am Sonntag ins Rockhouse Salzburg.

Spezieller Spezial-Tipp für den Schluss, und noch einmal ein Album des Jahres: So eines nämlich hat Sandro Perri mit seiner Platte "Impossible Spaces" ebenfalls 2011 bei Constellation Records veröffentlicht. Der Mann kann eigentlich alles: Arthur Russel'schen Avant-Pop, Postrock, folkloristisches Fingerpicking, Brutzel-Elektronik, fiebrige Space-Disco. Am Sonntag ist Sandro Perri im pmk in Innsbruck, am Montag im rhiz in Wien live zu Gast. Allerschwerste Empfehlung.

Außerdem natürlich dieses Wochenende: Die FM4 Bühnen am Linzfest und beim Tomorrow Festival.