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Paul Pant

Politik und Wirtschaft

23. 5. 2012 - 17:11

Café Rosa ausge(t)räumt

Wenn eine Besetzung zur Farce wird und wie die Forderung nach selbstverwalteten, autonomen Räumen ad absurdum geführt werden kann.

Das von den Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und dem Kommunistischen StudentInnenverband - Linke Liste (KSV-LiLi) entwickelte Cafe Rosa ist seit seiner Eröffnung im Mai 2011 umstritten. Es wurde von der ÖH Wien mit rund 450.000 Euro unterstützt. Wegen wirtschaftlicher Probleme sucht die ÖH seit März einen externen Betreiber.

Am Montag traf die erste Meldung ein, dass das per Selbstdefinition linke Studibeisl Café Rosa der ÖH Uni Wien von linken Studierenden besetzt worden sei. Linke, gegen Linke. Auf den ersten Blick sah das nach dem letzten Kapitel eines ehrgeizigen Projekts aus, eine Selbstzerfleischung linker Gruppen und AktivistInnen, jeder gegen jeden, Basisgruppen gegen die linken StudierendenvertreterInnen der ÖH Uni Wien. Drei Tage später ist der Spuk wieder vorbei und viele Fragen offen.

Die Geister, die sie riefen

Am ersten Tag der Besetzung haben sich noch einige Studierende in das Café Rosa verirrt. Sie sind dem Flugblatt und dem gekaperten Internetauftritt gefolgt, die einen freien, selbstverwalteten Raum versprachen. Die „ursprüngliche Idee“ des Cafés solle nun erweitert werden, las man da. Kein Konsumzwang, wo jeder und jede entscheiden könne, was man beitragen wolle, keine Lohnabhängigen mehr, keine Geschäftsführung vom Betreiber-Verein und der ÖH Uni Wien wolle man akzeptieren. Wer die BesetzerInnen sind, blieb und bleibt unklar.

Cafe Rosa

Radio FM4 / Paul Pant

Macht versus Argumentation

Am Nachmittag, am Tag Zwei, lichteten sich die Nebel. Übrig blieben im Café ein halbes Dutzend Autonomer und vier, fünf weitere Personen, auf der einen Seite und rund zwei Dutzend ÖH-VertreterInnen auf der anderen Seite. Ein Besetzer erklärte, er sei Anarchist und könne mit den Beschwörungsformeln einer geeinten Linken nichts anfangen.

Mit einem Plenum wollten die VertreterInnen der ÖH-Fraktionen GRAS, VSStÖ, und KSV-LiLi die BesetzerInnen zur Aufgabe überreden. In einem gewaltfreien Raum müsse die Macht der Argumentation und Solidarität reichen, so die Sicht. Eine polizeiliche Räumung wurde ausgeschlossen. Die BesetzerInnen zeigten aber kein Interesse an einem Gespräch und blieben stumm. Pattstellung zwischen Utopie und Wirklichkeit.

Im Prinzip gewaltfrei

Dazwischen spielten sich skurrile Szenen ab: Die Bar wurde zum Selbstbedienungsladen mit freier Spende erklärt. Hunde irrten durch das Café, dazwischen VertreterInnen des Vereins und der ÖH, die beschwörend auf die BesetzerInnen einredeten, keine Dinge zu beschädigen, da sie als Pächter mit ihrem Privatvermögen haften müssen. Das hätte nämlich für die sechs Vorstandsmitglieder des Vereins Rosa unweigerlich den Privatkonkurs zur Folge. Einschreiten wollte und konnte man nach den Prinzipen der Gewaltfreiheit freilich nicht. Selbst als die Gastro-Kaffeemaschine zum Übungsgegenstand für interessierte Neo-KaffeehausbetreiberInnen herhalten musste. Nach einer Stunde Sprachlosigkeit entschied man das gemeinsame Plenum zu teilen.

Plena, bitte nicht stören

Da die BesetzerInnen nicht mit den VertreterInnen der ÖH und des Vereins Rosa reden wollten, zogen sie sich in den Raucherbereich zurück. Zwei Plena hielten parallel Rat, die StudierendenvertreterInnen und Vereinsmitglieder auf der einen Seite, die BesetzerInnen auf der anderen. Verschwörerische Blicke wurden geteilt, leise gesprochen. In der Nacht kam man zu einer Einigung, oder die BesetzerInnen sind einfach wieder nach Hause gegangen. So undurchsichtig und verworren die Besetzung begonnen hatte, so schnell war sie auch wieder vorbei. Die ÖH Wien gab erst zu Mittag eine schriftliche Stellungnahme ab, dass die BesetzerInnen abgezogen seien.

Cafe Rosa

Radio FM4 / Paul Pant

Reality check

Die lange Geschichte um den von linken AktivistInnen und StudierendenvertreterInnen geforderten Freiraum auf der Uni muss also um einen unrühmlichen Appendix weitergeschrieben werden. Dabei steht weniger die Frage nach der Sinnhaftigkeit im Vordergrund, sondern es zeigt den Spagat den das Café Rosa nach den Vorstellungen der BetreiberInnen vollbringen sollte, zwischen linker Studierendenpolitik und autonomen Gesellschaftsmodellen.

Einen „rechtsfreien“, autonomen Raum in einen rechtlichen Rahmen gießen, daran sind schon innovativere Projekte gescheitert. Statt programatischem Gegenmodell hat es letztendlich zu Grabenkämpfen und dem Wechseln von politischem Kleingeld geführt.

So hart dieses Urteil klingt, es muss trotzdem auch festgehalten werden, dass es wenige Besetzungen in der jüngeren Geschichte gegeben hat, die verbal, ohne Polizeieinsatz beendet werden konnten.