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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

24. 5. 2012 - 15:29

Economy Death Match: Inflation

Macht uns Inflation ärmer oder ist ein bisschen Inflation gut?

Seit mehr als die Hälfte der täglichen Nachrichten aus Wirtschafts-Zeug bestehen, muss man sich mit derlei zwangsläufig beschäftigen. Und neben vielen fremden Begriffen gibt es noch ein Problem: Fragt man fünf Fachleute, bekommt man mindestens zehn Antworten. "Gibt es so etwas wie „die Wahrheit“ in Wirtschaftsfragen?", fragen sich Paul Pant und Robert Zikmund daher in „Economy Death Match“.

Beruhigen sollen uns Zahlen, die unlängst wieder von Statistik Austria gekommen sind, und die Inflation betreffen. Entgegen unserem subjektivem Gefühl, dass vor allem das Nötigste immer teurer wird, spricht man dort von einer jährlichen Teuerung von etwas über drei Prozent.
Zumindest was die Güter des alltäglichen Bedarfs betrifft, die im sogenannten "Mini-Warenkorb" erfasst werden, also von Butter über Seife bis zur Tiefkühlpizza.

Diese offiziell niedrigen Teuerungszahlen sind auch immer Wasser auf die Mühlen jener, die nach einer stärkeren Rolle der Zentralbanken in der Schuldenkrise rufen.
Sie wollen, dass mehr Geld gedruckt wird und halten moderate Inflation für gewünscht, da so auch die Staatsschulden mit den Jahren weniger werden. Etwa Francois Hollande, oder die OECD. Sie weisen auch gerne darauf hin, dass andere Zentralbanken wie die US-amerikanische FED, mit dieser Methode besser durch die Krise kommen.

Für andere ist dies der schiere Wahnsinn, der in der Wertlosigkeit unserer Währungen enden muss. Paul Pant und ich schlüpfen in die Rolle der Streithanseln - und streiten über die Frage: "Ist (moderate) Inflation ein annehmbarer Preis für mehr Konjunkturprogramme und eine aktive Zentralbank?"

Pro: Kleine, einstellige Inflationsraten tun niemanden weh

Man kennt das zwar von den Inflations-Panikern, dennoch ist das Bezweifeln von offiziellen Zahlen der Statistik Austria schon ein starkes Stück. Die warnen die ganze Zeit vor einer Hyperinflation, an die sich vielleicht gerade mal unsere Urgroßeltern erinnern können, und nehmen dabei nicht zur Kenntnis, dass die Teuerung bei alltäglichen Waren wirklich nicht dramatisch ist. Aktuell sinkt sie sogar im Vergleich mit dem Vorjahr. De facto werden ja einige Dinge, etwa Unterhaltungselektronik, immer billiger und für jedermann leistbar. Und das, obwohl im Zuge der von der Finanzindustrie ausgelösten Krise ab 2008 wirklich viel Geld in die Hand genommen werden musste.

Wesentlich geschickter handeln da die USA, dort finanziert die FED direkt und kauft Staatsanleihen - mittlerweile beginnt sich die US-Wirtschaft zu erholen, während das neoliberale Europa immer tiefer in die Rezession rutscht. Daher empfehlen Wirtschafts-Nobelpreisträger wie Paul Krugman oder Joseph Stiglitz ja auch diesen Weg zu gehen, Europas gefesselte Geldpolitik gefährdet ja die ganze Weltwirtschaft mit ihrer Zögerlichkeit!

Das Hauptaugenmerk muss in Zeiten mit immer höherer Jugendarbeitslosigkeit (in Spanien 50%) die Beschäftigung und das Wachstum sein, wir kommen sonst in eine Spirale des Schreckens. Merkel und die Deutschen sollen ihre sparbessesene Austeritätspolitik endlich beenden! Kleine einstellige Inflationsraten tun wirklich niemanden weh, die kleinen Einkommen müssen ohnehin fast alles konsumieren und wenn die großen Vermögen ein wenig angeknabbert werden, so what! Im übrigen hilft uns ein bisschen Inflation auch bei der Bedienung unserer Schulden.

Außerdem ist ein Großteil der gefühlten Teuerung natürlich auf das immer teurere Öl zurück zu führen, gerade an der Tankstelle kann einem schon mal der Kragen platzen, keine Frage. Das ist aber eher die Schuld der gierigen Mineralöl-Multis und ihrer Preisabsprachen und nicht der drohende Zusammenbruch der Währung.

Contra: Der Wert unseres Geldes strebt gegen null

Die Inflation ist also "niedrig", darf ich lachen? Zuerst mal: Wir leben in einer Begriffsverwirrung. Denn "Inflation" ist etwas anderes als "Preisinflation" oder "Teuerung". Die Teuerung ist nämlich eine Folge der echten Inflation, und die bedeutet wörtlich "Geldmengen-Aufblähung" - vom Wort "inflatio", also "aufblasen". Und dieses Aufblasen ist nicht niedrig, ganz im Gegenteil. So hat sich seit der Euroeinführung die Geldmenge der Eurozone etwa mehr als verdoppelt, der EZB sei Dank! Und in den letzten Jahren wird immer schneller und stärker aufgeblasen, so fordert etwa der neue französische Präsident Hollande genau das: Noch mehr Geld drucken.

Seit Keynes auf die Idee des "Deficit Spending" gekommen ist, scheinen alle zu glauben, dass man durch mehr Geld drucken auch automatisch reicher wird. Nicht umsonst werden diese keynesianischen Irrwege auch gerne "Vodoo-Economics" genannt. Denn wenn die Gütermenge gleich bleibt und das Geld mehr wird steigt nur eines: Die Preise. Allerdings nicht sofort, Inflation ist wie eine volle Ketchupflasche: zuerst kommt lange nichts, und dann ein ganzer Schwall.

Kurzer Exkurs in die Geschichte: Bis 1913 betrug etwa die US-Teuerung genau null Prozent, die Preise blieben 100 Jahre lang konstant. Ab dann hat man sukzessive begonnen die Deckung des Dollars durch Gold abzuschaffen, den Regierungen stand damit immer mehr an Papiergeld zur Verfügung, das aber immer mehr nur durch eine Versprechung gedeckt war. Nämlich die Versprechung des Staates mit seinen Steuereinnahmen dafür gerade zu stehen. Und im Endstadium dieses Wahnsinns befinden wir uns heute.

So hat der Euro seit seiner Einführung vor etwa 10 Jahren schon über die Hälfte seines Wertes, also dessen was man darum kaufen kann, eingebüßt. Das können wir ja täglich im Supermarkt sehen, oder wenn wir dran denken, was vor 10 Jahren eine Tüte Eis gekostet hat. Der Wert unseres Geldes strebt gegen null. So bringt etwa ein 30-jähriger Arbeiter in den USA heute, in Kaufkraft gemessen (also inflationsbereinigt) weniger nach Hause als sein Vater vor 40 Jahren. Leider ist das den wenigsten Menschen bewusst, sie fallen auf die Schmähs von Politikern und Zentralbanken herein und geben dann absurderweise dem Markt die Schuld.

Ein Satz noch zu dem Unsinn mit dem angeblichen Preistreiber Öl: 2007 betrug die Preisinflation in Simbabwe über 7.000%. Die meisten Zeitungen bemerkten aber offensichtlich nicht, dass Diktator Mugabe Tag und Nacht Geld drucken ließ und schrieben: "Ursache ist eine lange Rezession, durch die sich Nahrung, Benzin und Importe immer weiter verteuern". Das grenzt doch schon an Realitätsverweigerung, oder? Mugabe muss sich vor Lachen fast angemacht haben!

Economy Death Match

Paul Pant und ich schlüpfen in die Rollen der Streitenden und legen Zahnschutz und Suspensorium an. Im verbalen Boxring schlagen wir uns die Argumente um die Ohren. Und wer dabei die besseren Argumente hat entscheidet ihr. Discussion welcome!

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