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Burstup

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18. 5. 2012 - 12:00

Café Neko

Das erste Katzen-Café Österreichs entzückt wie seine japanischen Vorbilder - und führt auch kulturelle Unterschiede vor Augen.

Vor zwei Wochen hat das erste Katzen-Café Österreichs eröffnet: Statt Apfelstrudel werden im „Café Neko“ Reisbällchen serviert. Neko ist das japanische Wort für Katze, und aus Japan stammt auch die ursprüngliche Idee des "Cat Café": In großen Städten wie Tokio oder Osaka gibt es hunderte davon.

Schmusekatzen in Shinjuku, Tokio

Christoph Weiss

Zu finden sind japanische Cat-Cafés meistens in höher gelegenen Stockwerken von Hochhäusern. Die größeren Lokale haben zwei Floors, doch bevor man diese betreten darf, muss man ein penibles Ritual vollziehen: Schuhe ausziehen, Hände waschen und desinfizieren, Taschen in einen Schrank sperren. Die Konsumation von Essen und Getränken ist in japanischen Cat-Cafés eher Nebensache. Die Räume mit ihren weichen Teppichböden, Kratzbäumen, Katzen-Manga zum Lesen und am Boden verstreuten Stoffmäusen sind gemütliche Spielzimmer für Mensch und Katze.

Christoph Weiss

Cat-Café "Calico" in Shinjuku, Tokio

Kaufen die Gäste in Japan doch einmal etwas Essbares, handelt es sich dabei meistens um Snacks für die Katzen anstatt für das eigene leibliche Wohl. Etwa 15 bis 20 Stubentiger halten sich in den meisten japanischen Cat-Cafés auf. Bezahlt wird nach dem Katzenstreicheln beim Rausgehen – pro im Lokal verbrachter Stunde und verfüttertem Katzensnack.

Im Wiener Café Neko gibt es kein Stundenhonorar. Ishimitsu Takako hat fünf Jahre lang überlegt, wie man das erfolgreiche Konzept von Japan auf die hiesige Kaffeehaus-Kultur übertragen könnte. Die seit den frühen neunziger Jahren in Wien lebende Japanerin hat sich von Freunden und Bekannten beraten lassen und so ihr Konzept nach und nach entwickelt. Die Schuhe, sagt Takako-san, könne man im Café Neko anlassen, weil es für manche Österreicher eben unangenehm sei, sie in der Öffentlichkeit auszuziehen. „In vielen japanischen Restaurants ist es auch üblich, sich vor dem Essen die Hände mit einem feuchten, heißen Tuch zu waschen. Also habe ich österreichische Bekannte gefragt, wie sie sich dabei fühlen würden. Viele meinten, man sage ihnen damit, dass ihre Hände schmutzig wären. Deswegen habe ich gedacht, ich werde das hier nicht tun.“

Christoph Weiss

Von den fünf Jahren der Planung war Takako Ishimitsu drei Jahre lang auch mit den Behörden beschäftigt: Auflagen des Veterinäramtes mussten ebenso erfüllt werden wie die Vorgaben der Lebensmittelaufsicht: „Das war natürlich für alle Seiten schwierig. Auch für das Magistrat ist das Café Neko ein Erstversuch. Wir mussten über viele mögliche Probleme nachdenken – ich glaube, das war für die Behörden noch anstrengender als für mich.“

Christoph Weiss

Ishimitsu Takako

Von Marktamt und Veterinäramt hat die Lokalbetreiberin schließlich die Genehmigung für sechs Katzen im Lokal erhalten - allerdings nur bis Ende 2012. Takako Ishimitsu hofft, dass die Lizenz verlängert und irgendwann auf zehn Tiere ausgedehnt wird. Die Katzen stammen vom Wiener Tierschutzverein und gelten als besonders zutraulich. Die Kooperation mit dem Verein ist Takako wichtig - in Japan, erzählt sie, übernehmen die Katzencafés selbst die Funktion von Tierheimen: „Weil es dort leider noch nicht so gut organisierte Tierschutzvereine wie in Österreich gibt. Manche Cat-Cafés vermitteln auch Tiere an Gäste. Aber das muss ich hier nicht tun.“

Christoph Weiss

Einer der Gründe für die Popularität der Katzen-Cafés in japanischen Metropolen ist die Wohnsituation vieler Menschen: Einzimmerwohnungen, in denen keine Haustiere gehalten werden dürfen, sind eher die Regel als die Ausnahme. In Wien sind die Wohnungen größer - und auch der Bevölkerungsanteil, der eigene Haustiere besitzt. Es war daher nicht wirklich absehbar, ob das Konzept des Café Neko funktionieren würde.

Miau

Daniela Strassberger

Miau

Der Tag der Eröffnung sei dann „eine Katastrophe“ gewesen, erzählt Takako-san. „Ich habe eigentlich gedacht, dass ich am ersten Tag fünf Kunden, und am zweiten Tag sieben Kunden haben würde – und dass ich mit ihnen am Tisch sitzen und gemütlich plaudern würde. Dazwischen, dachte ich mir, würde ich noch ein paar Näharbeiten erledigen. Aber dann waren schon in der ersten halben Stunde 50 Leute da. Der Kuchen, den ich vorbereitet hatte, war gleich weg. Ich musste mehrmals zur Bäckerei laufen, um etwas zu kaufen. Und ich hatte auch noch überhaupt keine Mitarbeiter. Ich musste Bekannte und ehemalige Bürokolleginnen anrufen, mir zu helfen.“

Christoph Weiss

Sie habe sich geschämt, sagt Takako, weil sie nicht den Service bieten konnte, der ihr wichtig sei. Doch wirklichen Grund dafür hat die innovative Lokalbesitzerin nicht: Die Menschen, die gleich am ersten Wochenende das Café Neko gestürmt hatten, sind eben Katzenliebhaber. Auch ich selbst war am ersten Wochenende dabei, habe auf einen Tisch gewartet und bin - wie viele andere Gäste - dem Charme der zutraulichen Tiere erlegen. Seit seiner Eröffnung war das Café Neko im 1. Wiener Gemeindebezirk ständig voll – sogar, als ich es ein zweites mal an einem Montag um 10 Uhr vormittags besuchte. Die strengen Beamtinnen der Wiener Lebensmittelaufsicht waren an diesem Morgen auch wieder da, haben neben ihren Kontrollen aber auch die eine oder andere Katze gestreichelt. Ishimitsu Takako hofft, dass die befristete Genehmigung mit Jahresende verlängert wird - und denkt bereits an zwei weitere Cat-Cafés in Außenbezirken von Wien.