Erstellt am: 10. 5. 2012 - 13:27 Uhr

Hans im Glück - Die FM4 Soundparkband des Monats

Der himmelschreiende Auswurf der Leistungsgesellschaft gibt ein gigantisches Fest. Und Hans im Glück macht die Musik dazu.

Das berühmte Märchen "Hans im Glück" der Gebrüder Grimm, daran kann sich jeder sicherlich noch gut erinnern, oder?

Hans, ein fleißiger Knecht, erhält als Lohn für sieben Jahre Arbeit einen großen, schweren Klumpen Gold. Doch was tun mit dem schweren Stück, das für Hans und seine Reise nach Hause nur Balast ist? Er tauscht das Gold gegen ein Pferd, um schneller voran zu kommen. Als ihn der Durst plagt, tauscht er das Pferd gegen eine Kuh. Die Kuh tauscht er gegen ein Schwein, in der Hoffnung auf ein saftiges Kotelett und so weiter. Von Stück zu Stück hat Hans weniger Probleme und glaubt, gute Geschäfte gemacht zu haben. Doch zuletzt, als er trinken will, fallen ihm die schweren Steine in einen Brunnen. Am Ende steht Hans mit leeren Taschen da. Mit dem Goldstück war der liebe Hans wohl besser dran. Jedoch kann man die Geschichte auch anders interpretieren:

Er ist nun frei von aller Last. Und Freiheit, so sagt man, ist wertvoller als alles Geld der Welt. Auch im Musikprojekt "Hans im Glück" lässt sich diese Weisheit wiederfinden, wie Vlado Dzihan und Hans Wagner von der Band Hans im Glück im Interview über ihre Kunstfigur, über die sie eine Platte gemacht haben, erzählen:

"Unser Hans im Glück ist ein moderner Hans im Glück. Die einen würden vielleicht sagen, er ist ein Vollidiot. Und andere würden ihn vielleicht dafür bewundern, dass er ein Rückgrat hat. Denn, was er hat, ist ein Glaube und eine Vision".

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Vlado Dzihan + Hans Wagner = Hans im Glück

Auch Vlado Dzihan & Hans Wagner hatten vor einiger Zeit eine Vision. Vlado Dzihan, früher Teil des Wiener Elektronikduos Dzihan & Kamien und Produzent seiner Frau Madita, hatte noch einige Elektropop-Dancetracks in der Schublade übrig. Wie das eben manchmal so ist, wusste er nicht recht, wie er diese Stücke verwenden sollte. Als er jedoch die Kammermusikrockband Neuschnee live in Concert sieht, fügen sich die Puzzleteile neu zusammen:

Die Stimme von Hans Wagner, den man auch als Sänger der Wiener Band Das Trojanische Pferd kennt, fasziniert den Produzenten. Beide beschließen gemeinsame Sache zu machen und rufen die Kunstfigur Hans im Glück ins Leben. Herausgekommen ist eine Konzept-Platte, ein modernes Märchen, mit 10 Liedern drauf, in denen eine moderne Hans im Glück-Story erzählt wird.

Mit fetten Beats unterlegt, mit LCD-Soundsystem als Gutsherren, mit Deichkind als Eseln, und Falco begegnet einem auch an den Weggabelungen der modernen Tauschgeschäfte. Und so sehr, wie Hans im Glück im Märchen durchs Leben poltert, so sehr rumpeln die Lieder der Band über den Dancefloor. Eine Wanderschaft durch eine berauschende Nacht ist das geworden.

„Unser Hans, in seiner naiven, spontanen Art, stolpert gekonnt über Tanzflächen, Filmsets und das politische Parkett Wiens und lässt dabei den bisweilen starke Blähungen verursachenden Zeitgeist durch sich durch fließen. Er ist gestylt und hält sich für den Größten und doch merkt man, dass er neben seinen Schuhen steht!“

Die Band Hans im Glück erzählt die Geschichte von einem unsymphatischen Aussteiger, der seinen gut bezahlten Job an den Nagel hängt und das große Glück sucht. Popstar will er werden, unser Hans:

Der Hans im Glück kündigt den Job,
Denn er will onto the Top!
Sagt zum Chef zahl mich mal aus,
bei dir krieg ich keinen Applaus.
Er investiert den ganzen Lohn,
Und kauft davon ein Mikrophon.

Er findet leider keine Band,
da meldet sich ein Produzent.
Bist naiv und siehst gut aus,
Alter, ich bring dich groß raus!

Doch der schnelle Hit wird nur ein Flop!
Ohne Job und ohne Geld,
auch noch das Mikro in den Brunnen fällt.

(aus: "Hans im Glück")

Alles in Ordnung - Nichts ist in Ordnung

Aber unser moderner Hans ist ein abgeschleckter, hochmütiger, von sich selbst eingenommener Kerl. Und so endet sein Weg in einer Abwärtsspirale. Sicher hat er dabei auch die eine oder andere Line Kokain gezogen. Es geht auf der Platte aber nicht nur um einen zeitgeistigen Loser, nebenbei ist "Hans im Glück" auch noch eine Platte zur Lage und zum Prekariat geworden. Und über eine Person, die irgendwann einsehen muss, dass alle Träume wie Seifenblasen zerplatzen.

Sind wir also nicht alle irgendwie ein moderner Hans im Glück? Auf der Suche nach etwas, das man am Ende doch nicht findet? Denn wir sind hier natürlich immer noch in Wien und Wien ist nicht der Nabel der Welt, sondern auch nur ein größeres Kuhdorf. Und das besingen auch Vlado Dzihan und Hans Wagner im letzten Lied auf der Platte, "Vienna", treffend.

Letztlich endet unser moderner Hans im Glück im Wiener Untergrund, wo er sich mit nichts als ein paar Fetzerln am Leib die Seele aus dem Leib tanzt. Übrigens ist "Vienna" sicher eines der besten Lieder dieser - wirklich gelungenen und spannenden - Platte! Endlich eine würdige, neue Hymne auf diese Stadt - Ultravox und Falco darf man somit in die längst verdiente Pension schicken.

"Dort, wo noch wichtiger als das Talent,
dass man jemand in den Medien kennt!"

"Dort, wo der Zeitgeist vehement
gegen bürokratische Windmühlen rennt!"

"Dort, wo Justiz und Hierachie
noch immer riechen nach der Monachie!"

"Dort, wo man schmunzelnd nie vergisst,
dass die Stadt eine offene Anstalt ist!"

"Dort, wo man auf den Titel schaut
und sich hintenrum in die Fresse haut!"