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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

11. 5. 2012 - 09:09

Occupy Patriarchy

Am Samstag soll sich der Wiener Ring zwischen 10 und 22 Uhr von Oper bis Universität in eine Zeltstadt der Frauen verwandeln: Jede, die möchte, kann mit ihrem Zelt vorbeikommen und zu einem Thema diskutieren, picknicken oder netzwerken.

Im Teaservideo zur Zeltstadt der Frauen wird es vorgemacht: einfach Zelt (oder etwas, das als Zelt durchgehen könnte) einpacken, zum Wiener Ring kommen, Zelt aufbauen und mit dem Raum machen, was einer/einem gerade einfällt.

Am Samstag ist der Wiener Ring von 10 bis 22 Uhr für die Zeltstadt der Frauen freigeräumt. Um 18 Uhr ist die Kundgebung vor dem Parlament mit erarbeiteten Forderungen und Manifesten geplant und danach gibt es ein Frauenfest bis 22 Uhr.

Für Personen, die von außerhalb Wiens anreisen, gibt es ein ÖBB-Eventticket mit 25% Ermäßigung.

Alle Infos auf zwanzigtausendfrauen.at

Das ist die Idee der Zeltstadt der Frauen, organisiert von der Plattform 20.000 Frauen, sie sich letztes Jahr rund um die Demo zum hundertsten Frauentag organisiert hat und seitdem mit frauenpolitischen Aktionen auf sich aufmerksam macht.

Großes, buntes Picknick

„Wie das Ganze dann aussehen wird, wissen wir selbst nicht“, meint Ulli Weish vom Organisationsteam. „Es ist ja ein Experiment, wir machen das zum ersten Mal. Es wird größere Zelte geben und kleine. Viele Zelte werden wir kennen, es werden aber auch viele Zelte da sein, wo wir gar nicht wissen: Wer sind die Leute, was sind ihre Themen und Anliegen.“ Die Organsationen, die ihr Mitmachen angekündigt haben, sind bunt gefächert und reichen vom Mädchencafé Flash über Strickistinnen bis zu Partei-Frauenorganisationen. Aber, so hofft Ulli Weish, es werden auch Einzelpersonen kommen, die den autofreien Ring für ein Picknick nutzen, auch Platz zum Fahrradfahren und Fußballspielen gibt es.

Auch wenn es Zeltstadt der Frauen (ohne *, _ oder sonstigem Suffix) heißt: Transgender, Intersex-Personen und Männer sind willkommen. „Das ist jedes Jahr eine große Diskussion, wollen wir Männer, ja oder nein“, sagt Ulli Weish. „Ich persönlich hab da einen Pragmatismus in mir, ich wünsche mir Männer, Söhne, Väter, Partner, die solidarisch sind, nicht betroffen, das ist ein großer Unterschied. Aber diese Frage ist etwas, das nicht wie eine mathematische Formel endgültig geklärt werden kann, sondern es geht immer um die Frage: Wer macht was mit welchem Bewusstsein?“

Diskussionen und Kundgebung

Die Zeltstadt der Frauen dient aber trotzdem nicht rein der privaten Freizeitgestaltung. Auch Themenzelte wurden vorbereitet, wo diskutiert werden soll: „Zum Thema Sexualität, gegen Sexismus in der Werbung, ein Themenzelt gegen Gewalt gegen Frauen, gegen den Bildungsabbau und gegen unsere backlashige Mediengesellschaft. Aber auch ein Utopienzelt wird es geben.“ Das Utopienzelt ist besonders wichtig, findet Mitorganisatorin Eva Neumann, nämlich dass nicht nur am Status Quo herumgemäkelt wird, sondern es auch Platz zum Weiterdenken und Träumen gibt.

Ganz schön viele Themen, die da den ganzen Nachmittag beackert werden. Die Ideen sollen gesammelt und ab 18 Uhr bei einer Kundgebung vor dem Parlament vorgetragen werden. Wird die grundsätzliche Message nicht durch diese Vielzahl angesprochener Themen verwässert? Petra Unger sagt dazu: „Ich denke, die größte Botschaft, die wir an diesem Tag aussenden, ist, wir nehmen uns die Öffentlichkeit. Wenn uns die österreichische Medienlandschaft schon nicht wahrnimmt, dann zwingen wir sie dazu, indem wir einen so repräsentativen Ort wie den Wiener Ring für eine so lange Zeit in Beschlag nehmen.“

Passend zum Datum gibts auch was muttertägliches: „Mama, Mama, große Schulden hamma. Und der Grasser ist noch reich, danke liebes Österreich“

Occupy Patriarchy

Die Zeltstadt hat sich das Motto „Occupy Patriarchy“ gegeben und orientiert sich auch an der internationalen Occupy-Bewegung, die von New York aus mit spontanen Besetzungen auf sich aufmerksam gemacht hat. Bleibt die Frage, ob man eine Besetzung auch so vorbereitet und brav angekündigt durchführen kann. „Ich persönlich gebe dieser Kritik recht“, meint Petra Unger „In Österreich ist es anscheinend so, dass bei Demos oder Streiks das so lange angekündigt wird, bis es eh keiner mehr merkt. Also das irritiert mich als individuelle Person auch zunehmend. Ich würde mir da auch mehr Mut wünschen, spontan Dinge zu besetzen.“

Eva Neumann gibt zu bedenken, dass die occypy-Bewegung, auch wenn sie sehr spontan wirkte, sicher einige Vorlaufzeit hatte, wo diskutiert und Strategien überlegt wurden, bis eine Besetzung dann tatsächlich durchgeführt wurde. Und Petra Unger ergänzt: „Vielleicht ist das ja auch eine kleine Übung, um das nächste Mal unangemeldet zu besetzen. Vielleicht ermutigen wir uns durch diese wohlorganisierte Form der Besetzung, das nächste Mal nicht vorher zu fragen, ob wir dürfen.“