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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

4. 5. 2012 - 19:36

Adam Yauch 1964 - 2012

Adam Yauch aka "MCA" von den Beastie Boys ist in New York einem langjährigen Krebsleiden erlegen.

"I am MCA and I am here to stay"

Das wird er trotz seines Todes zumindest für mich wohl immer bleiben: Here to stay. Adam Yauch aka MCA. Jewish Kid aus Brooklyn, High School Dropout. Gründungsmitglied der Downtown-Hardcore Band B.E.A.S.T.I.E, die später zu den Beastie Boys wurde. Als zu Beginn der 1980er Jahre die Hip Hop-Welle aus den Bronx in die Lower East Side schwappte, änderte die Formation über den Telefon-Prank-Track Cooky Puss ihren Sound und wurde schnell zum heißen Act einer Szene, die künstlerisch und in Sachen Hautfarbe viel offener und durchmischter war, als die spätere Entwicklung von Hip Hop vermuten lässt.

Adam Yauch Beastie Boys

Capitol Rec

Adam Keefe "Ad-Rock" Horovitz, Adam "MCA" Yauch, Michael "Mike D" Diamond

Der damalige Def Jam Co-Besitzer, Russell Simmons, ließ sich nicht erst lange bitten, als ihm sein Partner, Rick Rubin, die Hip Hop-Neustarter präsentierte. Rubin hatte den Beasties anfangs auch den DJ gemacht. Drumerin Kate Schellenbach verließ daraufhin die Band und trommelte später u.a. bei Luscious Jackson, blieb den drei Rabauken aber freundschaftlich und künstlerisch verbunden. Was folgte ist Geschichte: "No Sleep Till Brooklyn", unkonventionelle Musikvideos, Pop-Crossover, Party-Anthems, Sample-Wahn, Mixmaster Mike, hippe Ironie, Popularisierung von Trash und Nischen der Musikgeschichte und später das politische Engagement für Tibet und Bürgerrechte.

Am Mikrofon war Jauch der raue Gegenpol zu den nerdigen, nasalen Stimmen von Mike D und Ad-Rock. Sein größter Beasties-Beitrag bleiben aber die tollen Videos, die er als Autor und Regisseur unter dem Pseudonym Nathanial Hörnblowér ausheckte. Sie sicherten den drei MCs während der MTV-Ära eine kontroversielle Dauerpräsenz im Musikfernsehen.

Was die Beastie Boys für mich persönlich bedeuten, dafür fehlt hier wohl der nötige Platz. Nur ein Schlüsselmoment: Im letzten Drittel der 80er Jahre, als im Salzkammergut nördlich von Ebensee überwiegend die Stämme der UK-Jugendkulturen regierten und am großen Parket des Saturday Night Fevers der Vespa-Popper dem Zündapp-Reserve-Biker in den Helm brunzte und als Belohnung dafür mit dem Tischbein die Föhnfrisur zersaust bekam, als die Style-Wars unter den Fraktionen teilweise ziemlich gnadenlos ausgefochten wurden, als die -Billies und -Boys den Asphalt zwischen V’bruck und Gmunden regierten, da lief in Vaters Garage beim gemeinsamen Schrauben an Doppelansaugern und Ccm-Monstern ein Album in Dauerrotation. Hip Hop? Keine Ahnung! Aber auf das konnten wir uns alle einigen - egal ob in Loafers, Creepers, Martens oder Chucks.

Beastie Boys

Def Jam / Columbia Rec

Ironischerweise hatte dieses Album überhaupt nichts mit den Reinheitsgeboten der Zeit zu tun. Im Gegenteil. "Licensed To Ill" war uns Hormonköpfen mit seinem kulturellen Cross-Over-Potential viel weiter voraus, als der vordergründige Party-Charakter des Albums ahnen ließ. Denn dort, zwischen Krachern wie "No Sleep Till Brooklyn" oder "Fight For Your Right", wurde auch der "New Style" verkündet, die neue Zeit schmelzender Genregrenzen und einer größeren Welt im Allgemeinen, für die sich die Beastie Boys und vor allem Adam Yauch in Laufe ihrer Karriere auch politisch immer wieder stark gemacht haben.

Dass dieses damals über Sound, Style und Sprache formulierte Manifest erst heute, über 25 Jahre nach der Veröffentlichung von "Licensced to Ill", allmählich Gestalt in Form einer globalisierten, hybriden Popwelt annimmt und die Beasties die letzten Jahre zunehmend flüchtiger wurden, darf hier eher als Erfolg ihrer Sache gesehen werden.

2011 wurden sie in die Rock ‚N‘ Roll Hall Of Fame aufgenommen. Obwohl es zuletzt immer wieder hieß, Adam Yauch hätte seine Krankheit überwunden, blieb er der Verleihungszeremonie Anfang April fern. Heute Freitag ist er im Alter von 47 Jahren an den Folgen eines Ohrspeicheldrüsenkrebs gestorben.

Weitere große Beastie-Boys-Momente: Erstes erlebtes Konzert 1995 auf der Donauinsel gemeinsam mit Lusciouus Jackson, Sendestart von FM4 1995 mit "Sabotage" als erste Nummer, der ewige Wunsch der Redaktion, die Beasties zum FM4-Geburtstagsfest in die Wiener Arena zu holen, mein letztes Beastie Boys Konzert im Madison Square Garden 2004.