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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

4. 5. 2012 - 16:47

Fußball-Journal '12-13.

Scheitern am Show-Trainer.

Das ist ein weiterer Eintrag in das auch heuer wieder regelmäßig publizierte Fußball-Journal '12, das wie schon in den Vorjahren (das war das Fußball-Journal '11) die heimische Bundesliga, den Cup, Nationalteam und ÖFB, den Nachwuchs, das europäische Geschäft und das Umfeld begleitet.

Heute mit einer Art Fortsetzung zu Fußball-Journal '12-12, Ursachenforschung zur Niveau-Krise der Bundesliga: die große Schuld der Show-Trainer und ihrer Unterstützer und Fußball-Journal '12-10., Zeichen und Wunder: der Irrtum Vastic kommt nicht davon.

Ich habe kürzlich, im den Begriff des "Show-Trainers" eingeführt.

Das meint ehemalige Star-Spieler, denen der ÖFB die Trainerscheine recht zügig ausstellt; solche, die überzeugt sind, ihren getätigten Praxis-Erfahrungen nichts mehr hinzufügen zu müssen, was sie im Moment des Beginns ihrer Trainer-Tätigkeit zu lernimmunen und fortschrittsresistenten Stehen- und Steckenbleibern macht; weshalb sie als Coaches - zumindest nach internationalen Maßstäben - untauglich sind; was sie aber durch ihr bekanntes, in viele Kameras gehaltenes Gesicht und ihre guten Kontakte zu den diversen medialen Seilschaften wettgemacht wird.

Diese Show-Trainer können also wenig bis nichts, sind aber begehrte Aushängeschilder, vor allem für schwache bis ahnungslose Funktionäre und Präsidenten, von denen es in Österreich eine Menge gibt.

Nun könnte man auf den ersten Blick meinen, diese Spezies wäre eine Erfindung, ein Zerrbild, das in der praxisfernen Klause des Fußball-Journalismus zusammengezimmert würde. Weil's gar so arg klingt. Aber, trotz bewusst überspitzter Beschreibung - die anonymbleibenmüssenden Quellen aus der Praxis sagen dazu: "Genau so ist es, nur noch ärger." Weil sie auch ökonomische Hintergründe, doppelte Verträge und anderes kennen.

Der Show-Tainer als lernimmuner Steckenbleiber

Klar würde er den bewusst für diesen Zweck erworbenen Show-Trainer instrumentalisieren, aufmerksamkeitsökonomisch, sagt der Vereins-Verantwortliche, off the records. Subtext: in einer Branche, in der Eitelkeit und Wenig-Wisserei so massiv regieren wie in Fußball-Österreich, müsse man auf derlei schiere Ornamentik setzen. Grelles Marketing zuerst; im Optimalfall ein die tatsächliche Arbeit durchführendes Trainerteam dahinter.

Den internationalen Weg können (und wollen) nur wenige einschlagen. Für Sturm Graz bastelt Paul Gludovatz gerade an einer echten Lösung: ein Coach der neuen deutschen Schule (Pezzaiuoli oder eine Ersatz-Variante) mit einem heimischen Co-Trainer, den man gezielt aufzubauen gedenkt (Markus Schopp, die große blonde Hoffnung). Die aktuelle mediale Verfremdung Gludovatz' ist in diesem Licht zu sehen: mit dieser Maßnahme schaltet er die heimische Showtrainer-Riege aus, also massieren die ihre mediale Gegenschlagsgewalt.

Die deutsche Definition des Show-Trainers ist ja eine gänzlich andere: dort steht das für transparent und nach modernsten Maßstäben arbeitende junge Coaches, die selber keine großen Spieler waren - weshalb sie im Trainerjob von Anbeginn an mehr leisten mussten.
Die Show steht dort für Mourinho oder Jürgen Klopp, also für gezielte Arbeit, echte Fortschritte und originelle Sprüche jenseits der bloßen Stammtischlerei.

Der Abwiegler für die Anforderungen der Moderne

Bei uns steht der Show-Trainer fürs Vorschützen von Arbeit und die gleichzeitige gezielte Abwehr jeglicher Modernisierung.

Wir dürfen uns nämlich nicht ablenken lassen: jetzt, wo auch der letzte Hirni begriffen hat, dass ein Naserümpfen beim Stichwort Taktik ein Todesurteil ist, tut jeder Holzhacker so-als-ob, showmäßig, für die Öffentlichkeit. Die weiterhin existenten reaktionären Ansätze, die die Stagnation in heimischen Kick herbeiführen, lassen sich aktuell anderswo erkennen. Symptomatisch dieses Interview mit Stefan Kulovits, der ein paar Nonas zum Thema Taktik absondert, dann aber auf die Frage nach einem Mental-Coach so unrund wird, als hätte ihn jemand gefragt ob er schwul ist. Das sagt eine Menge über den Umgang aus, den Rapid mit den Köpfen seiner Spieler pflegt. Und etwa auf diesem Level bewegt sich das Mentaltrainer-Handwerk in der gesamten heimischen Kicker-Szene: brauchmaned, den woamen Bledsinn.

Apropos Constantini.
Das schlägt die Brücke zum Auslöser der Show-Trainer-Diskussion, zu Ivica Vastic. Die Kollegen von 90minuten haben es schön erkannt: Bei der Austria grassiert das Constantini-Syndrom. Selbst die Ultras (die morgen ihre Austria per strenger Aktion abmahnen wird) müssen sich wünschen, dass ihr Team nicht nach Europa kommt, weil sich sonst der Vertrag des Katastrophen-Coaches automatisch verlängern würde. Wie damals, als ein halbwegs brauchbares Abschneiden in der EM-Quali-Gruppe womöglich eine weitere Constantini-Periode des Grauens gebracht hätte.

Der unforced error und das Constantini-Syndrom

Das unerzwungene, durch das groteske Vorgehen der Austria-Verantwortlichen, vor allem von Thomas Parits beförderte Debakel mit dem Show-Trainer Vastic, lässt das Ösi-Modell des Show-Trainers brachial scheitern.

Anstatt Vastic als Grüß-August hinzusetzen, der die Medien mit freundlichen Worten abfüllt, seine hohen Sympathiewerte gegenüber Fans, Sponsoren und Öffentlichkeit ins Spiel bringt, lässt man den unerfahrenen und beratungsresistenten Jung-Coach, der seiner Mannschaft aus Planlosigkeit und Vermittlungsschwäche Notwendigkeiten wie das Herausschieben der Abwehr oder die Kombinationen über die Zentrale untersagt, wie den Elefanten im Porzellanladen herumtölpeln. Dabei hätte er einen Co-Trainer, des es könnte.

Vastic hingegen verscherzt der Austria die allerletzten Sympathien, indem er die paar mittelprächtigen Matches seiner Mannschaft als Geniestreiche und die vielen unterirdischen Matches als eh okay schönredet. Nach der grausig geführten Cup-Halbfinale, in dem die Austria nie den Funken einer Chance hatte, wiesen selbst sonst besonnene Mainstream-Medien auf den bereits pathologisch wirkenden Realitätsverlust des Ex-Stars hin.

Bereits patholgisch wirkender Realitätsverlust

Im Rahmen ihrer geringen Möglichkeiten geben die Auistria-Spieler ja eh jede Menge öffentliche Hilferufe ab - lest diese Geschichte einmal genauer...

Parits steuert mit einer überfälligen, und bewusst früh annoncierten Verpflichtung dagegen. Allein: das würde nichts nützen. Vastic könnte mit Vrsic, einem echten zentralen Spielgestalter moderner Prägung, gar nichts anfangen. Sein Vor/Rücksicht-System mit einer eng stehenden Abwehr und einem spielerisch bewusst verwaisten Zentrum kann so einen Spieler gar nicht mitdenken. Wahrscheinlich würde er Vrsic neben den substanzlosen Holland, das pure Sinnbild des aktuellen gruselig planlosen Austria-Spiels, in die Defensiv-Zentrale quetschen und dort lange Bälle über außen spielen lassen. Mehr als den einfallslosen Regionalliga-Schmäh ganz ohne Plan B hat Vastic nicht anzubieten, apropos Constantini.

Die Installierung des Show-Trainers österreichischer Prägung müsste, will sie funktionieren, also anders passieren.
So: Ein Ex-Star, immer schön pampig und völlig resistent gegenüber jeglicher Entwicklung, macht den Frühstückdirektor im Rehhagel-Style und stellt die Peter Lindens des Boulevards zufrieden. Dahinter leisten die vormaligen Nicht-Starspieler die echte Trainingsarbeit.
Das würde zwar bedeuten, dass heimische Coaches nicht mehr international vermittelbar wären (weil niemand in einem echten Fußball-Land so deppert ist, um auf den billigen Schmäh reinzufallen, auf den die hiesige Fußball-Öffentlichkeit abgeht wie der Alki auf den Heurigen) - der Unterschied zur aktuellen Lage wäre aber minimal.

Beides zusammen, das belegt das Scheitern des Show-Trainers Vastic mehr als drastisch, geht sich nicht aus.