Erstellt am: 2. 5. 2012 - 16:15 Uhr
Erste Hilfe Handbuch für Arbeitslose
Gestern war der Tag der Arbeit. In großen Aufmärschen wurde die ArbeiterInnenbewegung gefeiert. Marschiert sind aber auch die, die von den erkämpften Arbeitsrechten nicht mehr profitieren, nämlich die Prekären und die Arbeitslosen, die mit der Mayday-Parade auf ihre Situation aufmerksam gemacht haben. Erste Hilfe gibt es für Arbeitslose und Prekäre jetzt in Form eines Buches: Der Verein Aktive Arbeitslose hat vergangenen Donnerstag ein Erste-Hilfe Handbuch für Arbeitslose herausgebracht.
Media Austria
Martin Mair hat den Verein Aktive Arbeitslose vor drei Jahren gegründet, nachdem er selbst Erfahrungen mit dem AMS gemacht hat. Heute umfasst der Verein ca. 70 Mitglieder, seine Hauptaufgabe ist Lobbyarbeit für die Anliegen Arbeitsloser zu machen und über Rechte zu informieren. Aus der Idee einen Rechtsinfoflyer zu machen, ist jetzt ein Handbuch mit über 180 Seiten geworden, das zu verschiedensten Themen informiert, von den Voraussetzungen das Arbeitslosengeld zu beziehen bis zur Arbeitsvermittlung.
Im Interview spricht Martin Mair über die Idee zum Buch und die wichtigsten Inhalte:
Wie ist die Idee für das Erste Hilfe Handbuch für Arbeitslose entstanden?
Entstanden ist es aus dem Arbeitslosen-Netz. Die Nachfrage an Rechtsinformationen ist immer weiter gestiegen und mir ist es nicht möglich, jedem alles persönlich zu erklären. Deswegen wollten wir zuerst einen Erste-Hilfe-Flyer machen, damit die Leute wissen, was für Rechte sie haben. Dabei bin ich draufgekommen, dass man das alles nicht so kurz darstellen kann. Das Ganze ist immer größer geworden und schlussendlich ist ein Buch dabei herausgekommen. Bislang gibt es in Österreich noch kein leistbares Buch für Arbeitslose, in dem in einer detaillierten Tiefe drinsteht, welche Rechte sie haben und wie man sie durchsetzt. Von der Arbeiterkammer Wien gibt es eine Broschüre, die behandelt aber mehr die versicherungstechnischen Aspekte, den Anspruch auf Geld etc. Unser Buch ist quasi komplementär zu dieser Broschüre: Was sind meine Rechte und wie setze ich diese Rechte durch. Das sind Informationen, die werden in Österreich fast geheim gehalten.
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Was macht das Besondere dieses Handbuchs aus?
Das Spezielle an diesem Buch ist, dass es erstmals eine umfassende Darstellung der Kernthemen des AMS ist. Denn es gibt das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das kennt jeder. Aber es gibt noch jede Menge Nebengesetze und internationale Abkommen, die hier auch zum Tragen kommen. Daher haben wir auch diese ganzen Nebengesetze, wie das Arbeitsmarktservicegesetz, mit aufgenommen. Außerdem haben wir ein eigenes Kapitel zum Thema Menschenrechte eingefügt. Nachdem die Gesetzeslage immer schlechter wird, haben wir als letzte Argumentation nur mehr die Menschenrechte übrig.
Wie ist das Buch aufgebaut? Muss man Gesetzestexte lesen können, um es zu verstehen?
Wir haben versucht es möglichst übersichtlich zu machen. Zum Teil sind Zitate aus dem Gesetz drinnen, da wo es lesbar ist. Ansonsten haben wir es nach Möglichkeit in einer allgemein verständlichen Sprache gehalten. Und es gibt Hinweise, wo die typischen Fallstricke sind. Da steht dann immer „Vorsicht Falle“, dann erfahre ich, worauf ich achten muss. Und dazu gibt es Tipps, wie man das eigene Recht erkämpft.
Was sind typische Bereiche, in denen Arbeitslose mehr über ihre Rechte wissen müssten?
Zum Beispiel der Betreuungsplan, der ist eine ganz klassische Falle beim AMS. Ursprünglich war der dazu da, die Bedürfnisse der Arbeitslosen abzuklären und dann gemeinsam Betreuungsziele zu vereinbaren. In der Praxis kriegt man einfach den Zettel hingehalten, da ist der Betreuungsplan, unterschreiben Sie das, und das war‘s. Da schreiben sie diese ganzen Maßnahmen hinein, die sie den Leuten aufdrücken wollen, und die Leute glauben, sie müssen sich daran halten, weil sie das unterschrieben haben. Das ist ein völliger Blödsinn, man hat auch das Recht, diesen Betreuungsplan abzulehnen. Das AMS muss dann auch dokumentieren, warum.
Ursprünglich als Hilfe gedacht, wird der Betreuungsplan vom AMS dazu missbraucht, die Leute in Zwangsmaßnahmen hineinzutheatern, indem Pseudobegründungen hineingeschrieben werden oder indem so getan wird, als wäre das eine Vereinbarung, die man einhalten muss. Ist es nicht. Die lassen sogar Leute das unterschreiben, für die das gar nicht vorgesehen ist. Das ist eigentlich völlig rechtswidrig.
Hat das AMS irgendetwas zu ihrer Publikation gesagt, sind Sie mit denen in Kontakt?
Da habe ich noch nichts gehört. Wir stehen auch nicht in so einem regen Austausch mit dem AMS. Im Moment sind wir damit beschäftigt, unseren Verein aufzubauen. Längerfristig ist schon geplant, zum AMS zu gehen und zu sagen, was alles nicht stimmt, uns an den AMS-Verwaltungsrat zu wenden. Es gibt zwar zwei Verwaltungsdirektoren beim AMS, die drücken sich aber mehr herum, wenn es darum geht, konkrete Missstände abzuschaffen. Da müssen wir uns wohl an die politischen Partner, an die Sozialpartner wenden, die in allen Ebenen des AMS drin sitzen.