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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

27. 4. 2012 - 16:15

Something For The Weekend

Ausgehtipps. Fire in the Disco. Blood on the Dancefloor.

In erster Linie findet ab Samstag das Donaufestival in Krems statt - man kann sich eigentlich das ganze Wochenende über dort aufhalten. Blind aus dem Hut gezogen dürften da beispielsweise die Darbietungen von Light Asylum mit Laurie Anderson, Chairlift, Atlas Sound und Oneohtrix Point Never ein paar Höhepunkte unter vielen darstellen; ebenso wie das Schauspiel, wenn die große Scout Niblett in der Minoritenkirche ihre Gitarre bestraft. Es passieren aber dennoch ein paar andere empfehlenswerte Dinge an diesem sonderbaren Wochenende mit grob geschätzt drei falschen Samstagen.

Freitag

Selten ist einem Album ein klingenderer und treffenderer Name gegeben worden als "Rumpelzirkus". So nämlich hat der Schweizer Produzent, Strippenzieher im Umfeld des tollen Zürcher Clubs Zukunft und nicht zuletzte Plattendreher Kalabrese seinen 2007 erschienen ersten und bislang leider einzigen Longplayer genannt. "Rumpelzirkus", das ist eine aufgebracht ruckelnde und quer durch die Gegend purzelnde Verschränkung von Songwritertum und House. Slide-Gitarren, scheppernde Bläsersätze, gehauchte Langerfeuer-Vocals und ein schmutziger Funk vermischen sich hier mit geschmackvoll und seidenweich über den Floor gleitenden Beats zu einer aufgeregten und aufregenden Wundermusik, die man in der Form noch selten hat hören dürfen.

Eine Platte, die bis heute nichts von ihrem wilden Charme verloren hat. Man soll es einmal ausprobieren. In der jüngeren Vergangenheit ist es hinsichtlich eigener Produktionen um Kalabrese etwas ruhiger geworden, dafür hat der Mann seine ebenso abenteuerlichen DJ-Skills weiter perfektioniert und die Plattensammlung ausgebaut. Am Freitag Abend darf man dem Schweizer Alleskönner Kalabrese im Cafe Leopold bei der Arbeit zusehen. Oder einfach bloß tanzen. Man wird es vermutlich müssen.

Im Market ist Slack Hippy für die Freitags-Schiene Not Invited am Start.

Außerdem: Der Volksgarten Pavillon eröffnet mit den Foxy Twins und Jakobin & Domino vom superen Wiener Label Luv Shack Records.

Kalabrese

Kalabrese

Kalabrese, Freitag, Cafe Leopold

Samstag

Der Strom.Club hat das niederländische Duo Homwork in die Pratersauna geladen. Die zwei jungen Herren sind wohl vor allem für ihre Verbandelung mit Made To Play bekannt, dem Label von Fidget-Gallionsfigur Jesse Rose. Es geht hier also um House - gerne auch in der verspielten und verspulten Ausformung mit Platz für Freigeist und Schabernack.

fiber. Werkstoff für Feminismus und Kultur. feiert im brut im Konzerthaus Ausgabe Nummer 20 und 10 Jahre Arbeiten "für Feminismus, Popkultur, Queerness, Freiheit, Subversion, Revolution, Raum für DIY, Kritik und Lust, Herstellung von Sichtbarkeit und Auseinandersetzung mit Unsichtbarkeit." Gute Auflegerei, gute Live-Musik, Lesung, Tombola, insgesamt alles sehr gut und höchst empfohlen.

Der Love + Hate Club ist umgezogen, und zwar ins Market. Die Macher der Partyreihe haben Pro7 aus Frankreich, The Fakes aus England und DJ Antention aus Russland an die Abspielgeräte gebeten. Insgesamt haben wir es mit Unterhaltungs-Elektronik der räudigeren, abgefuckteren und verzerrteren Sorte zu tun - ausnahmsweise darf man hier vielleicht einmal doch richtigerweise "Elektro" sagen.

Sonntag

ist Indierock. Da präsentieren nämlich die eh überall gut und zu Recht abgefeierten Ginga ihre neue EP im Flex.

Nzcs/Lines

Nzca/Lines

Nzca/Lines, Montag, WUK

Montag

Der Montag ist diese Woche der neue Donnerstag, will heißen: der beste Ausgehtag. Das Gap - Magazin für Glamour und Diskurs feiert im WUK seinen fünfzehnten Geburtstag und hat dafür ein feines Line-Up auf die Beine gestellt: Neben einem DJ-Allstarteam aus dem Redaktionsumfeld gibt es Atari Teenage Riot und Ogris Debris live zu erleben. Das ist zwar alles wirklich sehr schön und gut, die Überraschung bzw. vielleicht gar Sensation des Abends aber könnte der Auftritt von Nzca/Lines werden: Ein beinahe großartiges Projekt, das im vergangenen Jahr leider und unverdientermaßen in der öffentlichen Wahrnehmung ein wenig untergegangen ist. Funkelnde elektronische Popmusik, R'n'B in der Indie-Darreichungsform, Timberland und Timberlake auf Besuch im Chemie-Baukasten.

Bei der Maispace-Party im Volkstheater wird ein dichtes Programm aufgefahren, hervorgehoben seien an dieser Stelle Patrick Pulsinger und vor allem Mike Simonetti. Mike Simonetti ist Mitbetreiber des famosen Avant-Noise-Labels Troubleman Unlimited und hat insbesondere in den letzten fünf Jahren mit seinem zweiten Label Italians Do It Better und dazugehörigen Acts wie den Chromatics oder Glass Candy die Welt mit wunderbarer, pitralon-schwerer Neo-Disco versorgt. Musik, die seit der Erfindung des Drive-Soundtracks in jedem zweiten Kinderzimmer läuft. Gut so, Simonettis DJ-Kunst selbst aber ist freilich weniger vorhersehbar und schon viel weiter.

Gerade rechtzeitig zur Eröffnung der Pool-Saison und zum großen Summer Opening in der Pratersauna scheint auch die Sonne endlich um die Ecke zu kommen. Als Headliner der Nacht hat die Pratersauna ein besonders heißes Eisen an die Plattenteller bestellt: Solomun aus Hamburg. In seiner aktuellen Ausgabe hat das Berliner Clubkultur-Magazin GROOVE Solomun und seinem Label DIYNAMIC schon die Titelgeschichte gewidmet - da dürfte sich aber noch einiges mehr bewegen hinsichtlich Außenwirksamkeit in näherer Zukunft. House Music mit Herz, deep zwar, aber nicht streng dogmatisch, und mit einem guten Gefühl für catchy Pop-Hooks ausgestattet. Hier brodelt etwas Frisches. Und dann ist erst der 1. Mai.

Solomun

Solomun

Solomun