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Markus Zachbauer

Bildung und Einbildung, die Herrscher der Welt. Lifelong Learning in der FM4 Internet-Redaktion.

27. 4. 2012 - 16:26

1:0 für Karlheinz Töchterle

Die Studiengebühren sind zurück. Dem Wissenschaftsminister ist das noch zuwenig. Er geht auf's Ganze.

Obwohl mehr als unklar ist, ob österreichische Universitäten jetzt Studiengebühren einheben dürfen, hat mit der Uni Wien gestern die erste Universität beschlossen, das ab Herbst zu tun.

Den Wissenschaftsminister freut's, empfiehlt er doch seit Monaten allen Universitäten, das zu tun. Die Höhe könnten sie sich dabei gleich selbst aussuchen. Und ein Großteil der übrigen Unis hat auch bereits angekündigt, es der Uni Wien gleichzutun: Salzburg, Graz, Innsbruck, VetMed, TU Wien, TU Graz, WU Wien,...

Nur die kleineren Universitäten "zieren" sich, in aller Regel mit Hinweis auf die "Rechtsunsicherheit". Die wegen der kleineren Studierendenzahl geringeren Einnahmen sind wohl das Klags-Risiko auch einfach nicht wert. Da kann man gut und gerne noch ein Jahr warten, bis über die Rechtmäßigkeit der jetzt beschlossenen Einhebung auf irgendwelchen Richtertischen entschieden sein wird.

Der Minister wünscht Gebühren

Töchterle

APA

Die Politik hat sich aus der Entscheidungsfindung offenbar endgültig verabschiedet und lässt den Dingen ihren freien Lauf. Dass ihm dieser Punktsieg auf der Uni Wien nicht reicht, hat Töchterle am Freitag klargemacht, indem er ein Angebot der Unterrichtsministerin Claudia Schmid abgelehnt hat. Die stellte (ganz entgegen bisheriger offizieller SPÖ-Linie) in den Raum, Gebühren "für Langzeitstudenten und Nicht-EU-Ausländer" per Gesetz wieder einzuführen. Das wäre im Groben ohnehin wieder die Regelung, die bis vor wenigen Semestern gegolten hat.

An diesem Zurück-zum-Vorher hat der Wissenschaftsminister aber kein Interesse, er wäre ohnehin immer massiv gegen diese alte Regelung aufgetreten. Töchterle geht auf's Ganze: Die Unis sollen seiner Meinung nach selbst bestimmen können, wieviel Gebühren sie von wem unter welchen Bedingungen einheben. Eine parlamentarische Mehrheit hat dieser Ministerwunsch zwar nicht, aber was soll's. Solange auf Gesetzesebene nichts anderes beschlossen werden kann, genügt diese Empfehlung den budgetär schwer gebeutelten Universitäten scheinbar.

Peanuts it is

Dabei darf man aber nicht vergessen, dass nach der alten Regel gerade einmal 15% der Studierenden Gebühren zahlen mussten. Das ist nicht nichts, aber große Sprünge macht damit keine Universität. 9 Millionen Euro pro Jahr verspricht sich die Uni Wien. Und sie ist die mit Abstand größte. Alle Unis gemeinsam lukrieren etwa 35 Millionen. Administrativer Aufwand für die Gebührenbefreiung der restlichen 85% der Studierenden (Bestätigungen, Rücküberweisungen,...) noch nicht berücksichtigt.

Im Freitag vorgestellten Finanzrahmen für die Jahre 2013-1016 beziffert die Bundesregierung die jährlichen Ausgaben im gesamten Bereich "Bildung, Forschung, Kunst" auf 12,9 bis 13,2 Milliarden. Für den Teilbereich Universitäten wurden im Jahr 2010 etwa 3,5 Milliarden Euro budgetiert. Angesichts der angekündigten "Universitätsmilliarde" sollte dieser Betrag in den kommenden Jahren eigentlich steigen.

Gerade einmal 1% ihrer Einkünfte lukrierten die Unis also bis im letzten Wintersemester aus Studiengebühren. Bei Universitäten mit großen Drittmittelanteilen ist dieser Anteil nochmal entsprechend niedriger.

Vizekanzler Michael Spindelegger zeigte sich mit der aktuellen Entwicklung am Freitag durchaus zufrieden. Er meint, die Wiedereinführung der Gebühren an der Uni Wien wären nur ein "erster Schritt" und man werde "insgesamt nicht auskommen ohne Beiträge der Studierenden selbst". Damit kann er als wohl nicht die im Gesamtbudget des Bundes kaum wahrnehmbaren 35 Millionen meinen, die durch den Wegfall der Studiengebühren verloren gingen. Man fragt sich also sehr zurecht, zu welchem "zweiten Schritt" die Unis demnächst gezwungen werden.