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Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

24. 4. 2012 - 16:14

Torte und Worte

Aktionismus, neue Demonstrationen und ein Artikel von Robert Menasse

Seit der spontanten Besetzung von Rektorat und AudiMax an der Uni Wien letzte Woche kocht die Hochschuldebatte wieder hoch. Zuerst hatten sich Studierende der Studienrichtung „Internationale Entwicklung“ über die geplante Abschaffung ihres Bacherlor-Studiums erbost. Die spontanen Besetzungen von Rektorat und AudiMax wurden rasch gestoppt: Auf Wunsch von Heinz Engl, Rektor der Uni Wien, räumten Polizisten noch am selben Abend Büro und Hörsal, danach blieb das Hauptgebäude der Uni Wien für zwei Tage geschlossen. Gleichzeitig aber bot der Rektor Gespräche an - nicht nur zur Abschaffung des Bachelor-Studiums „Internationale Entwicklung“, sondern auch zu anderen Fragen: „Die unzureichende Finanzierungssituation, die Frage drohender Studiengebühren, die Studieneingangsphase – alle diese Themen sind hier zu diskutieren“, meinte Engl. Heftig diskutiert wurde dies bei einer „Informationsveranstaltung“ mit dem Rektor am Montag in der Tat. Einige Studierende stellten auch eine Torte mit dem Schriftzug „Freie Bildung“ auf das Podium.

Ob die Torte als harmloses Geschenk war, oder doch auch als Wurfgeschoß gedacht war, darüber gegen die Meinungen auseinander – zumal im Hörsaal auch mehrere Studierende mit gefesselten Händen und zugeklebtem Mund vor dem Podium lagen. Sie stöhnten laut und wanden sich, wenn sie mit einer Äußerung von Rektor Engl nicht einverstanden waren. Viel Aktionismus also, dessen Teil auch die aufs Podium gestellte Torte war. Aber Vizerektor Heinz Fassmann, der schon mit der Stürmung des Rektorats letzte Woche ganz und gar nicht einverstanden war, meinte: Es sei schon ein Fortschritt in der Diskussionskultur, wenn die Torten bloß hingestellt, und nicht auch damit geworfen werde. Ganz unrecht wird er mit dieser Einschätzung der Tortenmetapher wohl auch nicht haben.

Erstaunlich, dass Rektor Engl angesichts der aufgeheizten Stimmung im Prinzip nur bekannte Positionen wiederholte, die er schon letzte Woche in einer Pressekonferenz nach den Besetzungen verlautbart hatte: Die Studierenden sollten aufhören ihn als Gegner zu sehen. Es gäbe in den nächsten Jahren 750 Millionen mehr Budget für den Hochschulsektor (die sogenannte „Unimilliarde“), da müsse man nun „möglichst viel für die Uni Wien herausholen“ – und das gehe am besten zusammen mit den Studierenden. Gemeint sind die Leistungsvereinbarungen mit dem Ministerium, die die Uni Wien demnächst unterschrieben muss. Wie dieser „gemeinsame Kampf“ von Rektorat und Studierenden genau aussehen soll, konnte der Rektor gestern aber auch nicht sagen. Die Studierenden jedenfalls hielten sich in ihren zahlreichen Zwischenrufen „für dumm verkauft“: Erst rufe Rektor Engl die WEGA, dann mache er „einen auf kollegial“. Die Studierenden beschwerten sich erneut, dass die Uni Wien das Bachelor-Stdium Internationale Entwicklung abschaffen wolle, und sie warnten vor der teilweisen Wiedereinführung von Studiengebühren - diese sollen ja am Donnerstag im Senat der Uni Wien beschlossen werden.

Message from Menasse

In den üblichen Social-Media-Kanälen ist es derzeit erstaunlich ruhig. Kaum neue Tweets, keine Updates auf der Website von #unibrennt. Viel diskutiert wird dafür über einen umfangreichen Artikel auf dem Facebook-Blog von Robert Menasse: Unter dem Titel „Unis zusperren“ schreibt er über die Geschichte des österreichischen Universitätswesens: Von der Gründung der Alma Mater im 14. Jahrhundert, von einer Zeit, als Österreichs Unis die führenden der Welt waren und von der Uni seiner eigenen Studienzeit in den 1970er-Jahren, als der Unizugang frei und kritisches Denken noch erwünscht gewesen sei. Menasse kritisiert die Unireform der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2002: Da wurden die Unis zwar „autonom“ , so der Autor, aber auch ökonimischen Sachzwängen unterworfen und durch die „Leistungsvereinbarungen“ erpressbar. Menasses Facebook-Artikel ist einer der lesenswertesten Beiträge zur aktuellen Unidebatte, die uns wohl noch weiter beschäftigen wird. Am Donnerstag, 26. April findet um 14 Uhr eine Demonstration vor dem Hauptgebäude der Uni Wien statt. Am gleichen Tag wird im Hauptgebäude über die Studiengebühren an der Uni Wien abgestimmt. Und für 30. April hat Rektor Heinz Engl noch eine weitere Diskussionsveranstaltung mit den IE-Studierenden angekündigt.