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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

23. 4. 2012 - 11:46

Artist of the Week: Maps & Atlases aus Chicago

Das Quartett rund um Sänger/Gitarrist Dave Davison ist fast zwei Jahre nach "Perch Patchwork" mit einem neuen Album zurück.

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Look what the cat dragged in: Die fette Katze aus Brighton - das Fat Cat Plattenlabel - legt uns das neue Album von Maps & Atlases direkt vor die Füße. Bitte aufheben und genießen. "Beware And Be Grateful" könnte (d)ein Sommeralbum werden. Es ist der erst zweite Longplayer der Band aus Chicago, die vor sieben Jahren gegründet wurde, aber es gibt auch ein paar Mini-Alben von diesem US-Quartett, etwa "Tree, Swallows, Houses".

US Quartett

fat cat

The Science & The Melody

Chicago ist als die "windy city" bekannt, und Chicago hat mitunter einen ganz eigenen Beat, ganz anders als Los Angeles oder New York. Wirft man einen Blick auf das Musikgeschehen der Stadt im mitteren Westen der USA, dann fällt auf, dass von dort oft experimentellere Sounds herkommen als aus New York, LA. oder anderen Musik-Orten in den USA - wie Detroit, Minneapolis oder etwa Austin, Texas. Bands wie Tortoise und deren John McEntire und sein Soma-Studio, oder Plattenlabel wie Thrill Jockey, Drag City oder Touch & Go veranschaulichen diesen Chicago-Aspekt recht gut, und Shiraz Dada, der Bassist der Maps & Atlases sagt dazu:

"There's a lot of different rhythms in every city, but in Chicago specifically. You have such a busy super-urban downtown area, and then, some of these neighbourhoods, each have their own characteristics and rhythms to them, and then there's also a real industrial quality to the city in certain areas. It has probably had an effect on our music, I would say."

Dave Davison

FatCAt

Sänger/Gitarrist David Davison

Nach Chicago kommen aber auch gern junge Leute aus dem Süden der USA, aus Kentucky etwa, oder Carolina, um dort erstmals Großstadtluft zu schnuppern. L.A. ist vielleicht zu weit weg, und New York für den ersten Sprung aus dem Nest wohl auch. Und außerdem möglicherweise auch zu teuer. Also geht man erst einmal in die windy city, an den Großen Seen gelegen, um zu studieren, zu spielen, Gleichgesinnte zu treffen.

Bei Maps & Atlases ist Shiraz Dada der Einzige, der aus Chicago kommt, die anderen sind zugewandert. Gitarrist Erin Elders aus Wisconsin, dem für seine Wälder und Seen bekannten Bundesstaat nördlich von Chicago, Drummer Chris Hainy ist gebürtiger Texaner, und Sänger und Gitarrist Dave Davison ist aus Philadelphia nach Chicago gekommen.

Die vier trafen einander an der Kunsthochschule. Shiraz Dadas Mutter, eine gebürtige Polin, ist Künstlerin, und sein Vater stammt aus Indien. Sie nannten ihren Sohn nach der Kunstrichtung des Dadaismus und nach der persischen Stadt Schiraz, aus der der Architekt des indischen Taj Mahal stammte. Shiraz Dada ist auch gelernter Tontechniker, was den Maps & Atlases entgegenkam, als es darum ging, überhaupt einmal erste Songs aufzunehmen.

Math Rock meets Tropical Pop

Maps & Atlases galten erst als Vertreter des sogenannten Math Rock. Das ist zwar ein Begriff, der diejenigen unter uns, die wenig bis gar keine Mathematik-Begeisterung haben, durchaus sofort abschrecken könnte, vor dem man sich letztlich aber keineswegs fürchten muss. Dissonante Akkorde und komplexe rhythmische Strukturen zeichnen den Math Rock aus. So schlimm ist das aber gar nicht, selbst wenn man, wie ich etwa, ein melodieverliebter musikalischer Simpleton ist. Außerdem waren Maps & Alases auf ihrem Debütalbum "Perch Patchwork", 2010, schon gar nicht mehr so richtig im Math Rock zuhause, auch wenn nach wie vor eine gewisse Verwurzelung in diesem alternativen Subgenre da ist. Heute treffen sich diese - inzwischen bärtigen - Math-Rocker auch schon mal gern auf der Veranda eines ruhigen Vorstadthauses, auf einer dieser front porches, so als ob sie irgendwo unten im US-Süden wären und traditionelle Bluegrass-Musik spielen würden.

Beware And Be Grateful

"Beware And Be Grateful" - ein Satz, den der Producer von Maps And Atlases, Jason, einmal sagte - beginnt gleich mit (m)einem Lieblingssong: "Old And Gray": Wer wird sich einmal um dich kümmern, wenn du alt und grau bist?", fragt Dave Davison im Abum-Opener: "When you are old and gray, I hope that someone holds you the way I would." Ein Breakup-Song? Superschön wie Dave Davison da mit seiner unverwechselbaren nasalen Baritonstimme croont: "I´ve got a drawer full of your notes...The writing on the wall is under three coats of paint, in an apartment we don´t live in any more...a shoebox full of photographs..."

Albumcover US Band Maps And Atlases

FatCat

"Beware And Be Grateful" von Maps & Atlases ist bei Fat Cat - Vertrieb: Hoanzl - erschienen.

Die weiteren Songs

Der zweite Song heißt "Fever" und beeinhaltet einen herrlich U2-nachahmenden Groove. Es folgt das Stück "Winter", das ein Ohrwurm mit double-tapped Streichern. Der Winter ist meist ein strenger in Chicago, und überhaupt im Mittleren Westen, auch in Omaha, Nebraska, wo Maps & Atlases einen Teil des Albums aufnahmen. Aber nicht mit Conor Oberst und dem dort ja beheimateten Saddle Creek Plattenlabel. Im "Winter" singt Dave Davison: "The salt on your shoes, the salt on your coat." Streusalz überall. Dann: "Remote & Dark Years", das wie ein großer Soft Rock Radiohit daherkommt, samt Peter Gabriel Einflüssen. Der nächste Song am Album heißt "Silver Self" und ist so etwas wie das Epizentrum der Platte, samt einem wahrlich mind-melting Gitarrensolo.

Next up: "Vampires", ein short & hooky Pop Song, der nach Hit schreit. Er ist der geradlinigste Song, den Maps & Atlases je geschrieben haben. Er wird gefolgt von "Be Three Years Old", jenem Stück, das als erstes für das neue Album fertig war. Dann kommt "Bugs": ein Gitarrenriff, drei Minuten lang, ohne sich wiederholend zu klingen. "Old Ash" ist schließlich der vorletzte Song: wieder (m)ein Lieblingssong: Afro Beat, Tropical Pop, call it what you want - großartig. "Important" heißt schließlich der letzte Song am neuen Album dieser intelligent popper namens Maps & Atlases.