Standort: fm4.ORF.at / Meldung: ""Weil man uns den Bachelor klaut!""

Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

19. 4. 2012 - 15:32

"Weil man uns den Bachelor klaut!"

Donnerstag Vormittag haben Studierende kurzfristig das Rektorat der Uni Wien besetzt. Sie wehren sich gegen die Abschaffung des Bachelors Internationale Entwicklung.

Derzeit findet die Aktionswoche IE statt, bei der gegen die Abschaffung des Bachelor-Studiums Internationale Entwicklung protestiert wird.

Als Clowns verkleidete Protestierende

Irmi Wutscher

"11:20 Das Rektorat der Uni-Wien wurde soeben von 150 wütenden InternationaleEntwicklung-Studis gestürmt und ist BESETZT!!", heißt es über Twitter vom Internationale Entwicklungs-Frühstück. Als ich gegen 12.30 Uhr in der Uni Wien eintreffe, hört man schon unten am Eingang das Pfeifkonzert. Weit komme ich nicht, der Aufgang zu Festsaal und Rektorat ist von PolizstInnen in martialischen Uniformen mit Helmen und Schlagstöcken verstellt. Die Besetzung wird gerade aufgelöst. Einzeln kommen immer wieder Studierende zwischen den PolizistInnen-Reihen hervor, manche von ihnen erleichtert, manche aufgelöst, manche mit Schal vor dem Gesicht, manche von der Polizei eskortiert. Die PolizistInnen werden mit Pfeifkonzerten bedacht, alle herausgekommenen Studierenden mit lautem Jubel empfangen. Immer wieder bilden sich Sprechchöre „Wessen Studium? – Unser Studium!“, hallt es durch das große Stiegenhaus. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns den Bachelor klaut!“

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Mit dem Wintersemester 2013 wir der Bachelorstudiengang Internationale Entwicklung trotz großer Beliebtheit abgeschafft. Deshalb wurde am Donnerstag um zehn Uhr ein Protestfrühstück an der Uni Wien angesetzt, gegen die Abschaffung des Studiums, gegen Studieneingangs- und Orientierungsphasen und gegen Studiengebühren. Aus dem Widerstands-Frühstück ist binnen einer Stunde eine Uni-Besetzung geworden, das Rektorat der Uni wurde besetzt und der Festsaal kurzzeitig gestürmt. Nach kurzer Zeit ist die Polizei da, um der Besetzung ein Ende zu bereiten.

Hauptuni

Irmi Wutscher

Die Studierenden werden eingekesselt und nur einzeln herausgelassen. Sie müssen ihre Personalien abgeben und werden außerdem vom Verfassungsschutz gefilmt. Roman Hahslinger, der Pressesprecher der Wiener Polizei, erklärt das Vorgehen so: "Zum einen ist das eine nicht angemeldete Versammlung, das ist eine Verwaltungsübertretung, deshalb muss man die Daten aufnehmen. Gefilmt wird dahingehend, dass jeder Polizeieinsatz von uns mitgefilmt wird, um das Verhalten der Polizei zu dokumentieren." Die Studierenden werden also mit einer Anzeige rechnen müssen. Dass es bei der Räumung der Besetzung auch Gewalt gegeben hat, bestätigt Hahslinger nicht: "Ich weiß nur von einer leicht verletzten Person, das ist eine Sekretärin des Hauses, die leicht am Ellbogen verletzt wurde."

Mittlerweile ist die Besetzung vollkommen aufgelöst worden, heißt es über Twitter, die IE-Studierenden sind in einer Spontan-Demo zum Campus gezogen, dort findet derzeit ein Plenum statt.

UPDATE, 18:30: Audimax besetzt, Uni Hauptgebäude geschlossen

Aufgrund der Besetzung des Audimax ist der Prüfungs- und Lehrveranstaltungs-Betrieb im Hauptgebäude der Universität Wien derzeit unterbrochen, das Hauptgebäude ist geschlossen. In Kürze soll ein Gespräch zwischen dem Rektorat und der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) der Uni Wien über die weitere Vorgangsweise stattfinden.

Das Vorsitzteam der ÖH an der Uni Wien solidarisierte sich mit den Besetzern. "Die Pläne der Universität, den Bachelor der Internationalen Entwicklung zu streichen sowie der Umgang mit den Studierenden heute zeigt abermals, dass das Rektorat nicht im Interesse der Studierenden arbeitet", so die Studentenvertreter Kübra Atasoy, Julia Kraus und Maria Clar in einer Aussendung. (APA)

UPDATE 21.30: Räumung von NIG und Audimax angeblich begonnen

Ein Angebot des Rektorats haben die Besetzer ausgeschlagen: Dieses hatte ihnen öffentliche Gespräche über die Forderungen der Besetzer - u.a. einen Verzicht auf autonome Einhebung von Studiengebühren und die angekündigte Abschaffung des Bachelorstudiums IE - versprochen. Voraussetzung war jedoch, dass die Studenten das Audimax bis 20 Uhr verlassen und am Freitag normaler Prüfungs- und Vorlesungsbetrieb möglich ist.

Dieses Angebot wurde allerdings von den Besetzern als unannehmbar bezeichnet. Die vorgeschlagenen Gesprächstermine sollten nämlich erst nach jener Senatssitzung stattfinden, bei der über eine autonome Einführung von Studiengebühren, die Abschaffung des erst vor vier Jahren eingeführten IE-Bachelors und die als K.o.-Phase kritisierte Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP) entschieden werden soll.

Das Audimax der Uni Wien wird von der Polizei geräumt

Johanna Jaufer

Das Audimax wurde gegen 22 Uhr geräumt

Kurzfristig wurde auch der Hörsaal 1 des Neuen Institutsgebäudes (NIG) besetzt und das Gebäude ebenfalls gesperrt, aber nach kurzer Zeit laut den Besetzern mit der Räumung begonnen. Auch im Hauptgebäude hat die Polizei begonnen, Studenten außerhalb des Audimax-Hörsaals hinauszubringen.

Universität am Freitag geschlossen

Am Freitag, 20. April, bleibt das gesamte Universitätsgebäude geschlossen. Der Zutritt ist nur für MitarbeiterInnen der Universität nach Identifikation/Ausweisleistung möglich. Die Studierenden wollen ihr weiteres Vorgehen um 13.00 Uhr im Hörsaal C1 am Uni-Campus im Alten AKH besprechen.

Zu Gast im FM4 Jugendzimmer

Am Freitag waren auch einige der AktivistInnen der Aktionswoche IE im FM4 Jugendzimmer bei Claus Pirschner zu Gast. Die Sendung gibt's sieben Tage zum Nachhören.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar