Erstellt am: 18. 4. 2012 - 17:18 Uhr
Reise ins Blaue
Krankenhäuser sind für gewöhnlich Orte, an denen man meist ein mulmiges Gefühl in der Magengegend verspürt. Entweder ist man dort, weil man kranke Freunde oder Verwandte besucht oder weil man selbst lädiert ist. Wer kann, verlässt die miefigen Hallen so schnell wie möglich wieder, weil der Tod hinter jedem OP-Vorhang lauert. Für Isabella Straub sind Krankenhäuser Fake-Orte. Ähnlich wie fake user im Internet, die einem eine andere Identität vorgaukeln, gebe es auch Fake-Räumlichkeiten, die vorgeben, etwas zu sein, was sie eigentlich nicht sind. Wie zum Beispiel Musterwohnungen in Möbelhäusern, die echte Wohnungen darstellen sollen. Krankenhäuser sind für Isabella Zwischenorte, man ist nicht zu Hause, verbringt aber viel Zeit dort. Es kümmert sich jemand um einen wie bei den Eltern zu Hause, aber es sind nicht die eigenen Eltern.
Von solchen Fake-Orten und wie sich Protagonisten darin verhalten, ist Isabella Straub fasziniert. Ihre Kurzgeschichte "Herr Jesus springt", die im letzten Jahr den ersten Platz bei Wortlaut belegt hat, spielt in einer großen Hochhaus-Wohnanlage. Die Figuren in dieser Geschichte haben es nun auch in ihren Roman mit dem Arbeitstitel "Fernwärme" geschafft. Und dieser spielt großteils in einem Krankenhaus. 170 Seiten hat Isabella Straub bereits fertig geschrieben, im Frühjahr 2013 soll der Roman auf dem Markt erscheinen. Einen Vertrag mit einem Buchverlag hat sie auch schon in der Tasche. Und der Sieg bei Wortlaut 2012 hat ihr dabei geholfen.
FM4 Wortlaut
Wortlaut 2012: "von oben"
Schickt uns eure Kurzgeschichten.
"Ich will unterhalten"
Wenn man Isabella mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre das "professionell". Freunde bekommen ihre Texte nie zu sehen, deren Feedback lehnt sie ab - das hätte ohnehin Schlagseite und wäre geschönt. Lediglich objektiver Kritik im Wettkampf mit anderen Texten kann Isabella etwas abgewinnen, deshalb macht sie auch bei vielen anderen Literaturwettbewerben mit. Erst vor drei Jahren ist Isabella Straub zum literarischen Schreiben gekommen - auch wenn sie als Werbetexterin und ehemalige Journalistin immer mit dem Schreiben vertraut war. In Kärnten hat sie Wochenendbeilagen mit allerlei Skurrilitäten gefüllt wie zum Beispiel das Porträt eines Mannes, der hauptberuflich Keuschheitsgürtel aus Eisen anfertigt. Ihrer Vorliebe fürs Skurrile bleibt Isabella auch in ihrem Roman treu.
Im Laufe ihres Berufslebens hat sie sich ein beeindruckendes Netzwerk aneignen können - wichtig für ihre Werbeagentur, aber ebenso wichtig, wenn man als Autorin durchstarten will. Isabella Straub weiß aus beruflichen Gründen, wie wichtig Selbstinszenierung und Selbstvermarktung im Literaturbetrieb sind und was man unternehmen muss, um Rezensionen zu erhalten und auf sich als Autorin aufmerksam zu machen. Die Professionalität, die Straub hierbei an den Tag legt, mag einen als jungen Autor oder eine eher an der Kunst des Schreibens interessierte Autorin zunächst irritieren. Isabella findet das lediglich pragmatisch. Sollte ihr Roman im ersten Anlauf nicht funktionieren, lässt sie das Schreiben bleiben und sucht sich ein anderes Hobby.
Isabella Straub schreibt ihre Bücher nicht für sich, niemals um des Schreibens willen, mutterseelenallein eingesperrt im hohen Elfenbeinturm, sondern hat immer ihre LeserInnen vor Augen. Wer für sich selbst schreibt, soll Tagebuch führen, meint sie. Mit ihren Texten will sie ihr Publikum unterhalten - und das klappt offenbar auch.
FM4 / Alex Wagner
Die Möglichkeit, Geld und Zeit zu bekommen, das sie in ihren Roman investieren kann, bezeichnet Isabella als Geschenk. Und sie freut sich wirklich darüber, mit ihrer Kreativität nicht nur Werbekunden zu befriedigen, sondern unabhängig ihr Ding durchziehen zu können. Auch wenn man sich an diese neu gewonnene Freiheit erst einmal gewöhnen muss, wie sie zugibt.
Der Traum vom Schreiben
Obwohl sich Isabella nicht als Träumerin bezeichnet, wünscht sie sich doch, ihr Leben als Autorin und als Werbetexterin miteinander erfolgreich zu vereinen. Einerseits in den Räumen der Fantasie leben zu können und andererseits gute Arbeit in der freien Wirtschaft zu leisten. Schon heute trägt Isabella viel von der literarischen Arbeit in die Agentur hinein.
Das Schreiben hat für Isabella immer auch einen gewissen therapeutischen Effekt, indem sie ihre Figuren das machen lässt, was sie selbst nie tun würde. Die Hauptprotagonistin ihres erscheinenden Romans heißt Ruth, und ist das genaue Gegenteil von Isabella. Ruth macht das, was sich Isabella niemals trauen würde. Ein Buch zu schreiben ist für Isabella wie eine Fahrt ins Blaue, eine Reise im Kopf, bei der sie viele Grenzen überschreitet, ohne zu wissen, wo die Reise endet. Bis heute hat Isabella keine Ahnung, wie ihr Roman ausgehen wird. Sie plant den Plot nicht, sondern lediglich Szene für Szene. Gerade steckt Isabella wieder in einer Phase, wo sie nicht weiß, wie es weitergehen wird. Was macht Ruth jetzt? Zu überlegen, wie sich ihre Figuren verhalten, die Eigentümlichkeiten herauszuarbeiten, die das Buch spannend machen, aber trotzdem ihre Protagonisten authentisch bleiben lässt, ist Isabellas größte Aufgabe. Bis zum Sommer hat sie dazu noch Zeit und auch, um ein geeignetes Ende zu finden. Denn dann heißt es: Schluss, Aus, Deadline.