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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

15. 4. 2012 - 22:50

Fußball-Journal '12-11.

Die einzige Lösung für die Niveau-Krise der Bundesliga: sofortiges Verbot jeglicher Live-Übertragung.

Das ist ein weiterer Eintrag ins das auch heuer wieder regelmäßig publizierte Fußball-Journal '12, das wie schon in den Vorjahren (das war das Fußball-Journal '11) die heimische Bundesliga, den Cup, Nationalteam und ÖFB, den Nachwuchs, das europäische Geschäft und das Umfeld begleitet.

Heute ein Eintrag zur Sinn- und Qualitätskrise der heimischen Fußball-Meisterschaft, im Anschluß an das die bisherige Saison inhaltlich auf den Punkt bringende Wiener Derby.

Man muss Verständnis haben für die berechtigten Anliegen der sportlich und ökonomisch Verantwortlichen: sie stehen unter massivem Druck. Die einen müssen unbedingt Meister werden um die enormen Sponsor-Anstrengungen zu rechtfertigen; die anderen müssen unbedingt ins internationale Geschäft, sprich die Euro-League, um ihre überzogenen Budgets halbwegs zu balancieren; die dritten müssen den Abstieg in die finanzielle Bedeutungslosigkeit der 1. Liga verhindern.

Damit erklären die zehn Vereine der Bundesliga die in diesem Frühjahr besonders verheerenden Auftritte und Leistungen: mit diesem ganz speziellen Druck, der sie und ihre Auftritte so kapital hemmen würde. Dieser Druck ist die Standard-Ausrede für die ebenfalls bereits zum Standard gewordenen grauenvollen Matches.

Ich finde das nachvollziehbar.

Der allgemeine Spott und Hohn, der über die Liga der Schwachmaten, die Liga der sieben Drittletzten, der zwei Vorletzten und des einen Letzten hereinbricht, bedenkt nicht die ökonomischen Zwänge, sondern verschreibt sich ausschließlich dem Luxus schönen Sport vorgeführt bekommen zu wollen, egal ob gegen reelles Entgelt (also Tickets) im Stadion, gegen Abo-Zahlungen im Bezahl-TV Sky oder gegen symbolisches Kapital im ORF-Fernsehen.

Nehmen wir die Sorgen der Angsthasen doch endlich ernst!

Denn, und das zeigen die heimischen Elite-Klubs dann im internationalen Bewerb, meist sogar einen ganzen Herbst lang: sie können, wenn sie druckbefreit sind. Denn international erwartet der gelernte Österreicher (vor allem nach den ständigen Bankrotten des Red Bull-Ansatzes) nichts, also spielen Austria, Sturm, Rapid, zuletzt auch Ried und vor allem Salzburg dann Euro-League-Matches, die einen teilweise an den echten Anschluss an Fußball-Europa glauben lassen.

Nur um dann drei Tage später wieder den elenden Schweine-Kick zu bieten, der allen Fans und Freunden bereits die gesamte Meisterschafts-Saison vergällt. Zuletzt belegten die Vereine auch im ÖFB-Cup, dass ihnen auch dort der Druck-Teufel so tief im Genick sitzt, weshalb sie keinerlei Qualität abrufen können.

Für dieses Problem gibt es auf beiden relevanten Ebenen eine Lösung.

Auf der realen, der sportlichen Ebene, bedürfte es eines durchaus radikalen Kurswechsels, was Spielanlage, Matchplan, Liga-Format und Management betrifft. Das ist eine recht hoffnungslose Angelegenheit, die ich gern an anderer Stelle besprechen werden.

Befreien wir die Clubs vom Druck der Live-Übertragung!

Auf der medialen Ebene ist die Lösung ganz simpel: ein sofortiges Verbot jeglicher Live-Übertragung nationaler Fußball-Auseinandersetzungen.

Der internationale Vergleich, in dem sich die heimischen Vereine aus dem Jammertal der Übervorsicht und des Angsthasenfußballs befreien und dann ihr wahres Gesicht zeigen, bleibt weiterhin sichtbar: die hässliche Fratze des durchschnittlichen Meisterschaftsspiels sollte hinkünftig nur noch als pointiert kommentierter Zusammenschnitt sichtbar sein.

Die Vorteile liegen auf der Hand: für die vom Druck und Angst gelähmten Spieler und ihre hasenfüßigen Coaches engt sich der Kreis derer, vor denen sie live auftreten müssen, auf die paar Tausend Unentwegten (das heutige Derby war übrigens nicht ausverkauft) ein, die ein Meisterschafts-Match noch auf sich nehmen wollen. Alle anderen bekommen Highlights serviert, die aus einem vielleicht zwanzig Minuten lang tempo- und ideenreich geführtem Spiel (wie Sturm gegen Salzburg gestern) oder gar einem Saukick wie Neustadt gegen Kapfenberg noch etwas basteln können.

Vor allem ersparen sich sowohl Zuschauer und Fans als auch Veranwortliche und Coaches die peinlichen Rechtfertigungen nach den Spielen, in denen die Zufriedenheit mit einem auf grippalen Durchfall-Niveau erzielten Einzel-Punkt Ausdruck verliehen wird.

Ersparen wir den Coaches ihre peinliche Rechtfertigungen!

Das Live-Übertragungsverbot zieht einen gnädigen Schleier über die unterirdischen Leistungen in den nationalen Bewerben und schützt so sowohl Akteure als auch Publikum.

Die so freiwerdenden Gelder der TV-Anstalten könnten in bessere Übertragungs-Qualität bei internationalen Antritten und einen Ausbau der Reportage- bzw Analyse-Kompetenz der Redaktionen investiert werden. Zudem könnte man einiges in den von Rapid-Kapitän Steffen Hofmann unlängst in 'Willkommen Österreich' als "andere Sportart" akzeptierten internationalen Fußball stecken und neben Europacup oder Länderspielen auch Matches aus Qualitäts-Ligen wie Dortmund gegen Bayern oder gar den Clasico übertragen.

Die Live-Übertragung der heimischen Schmalkost existiert nämlich ausschließlich als Kosten-Faktor - sie ist weder ein Quotenheuler noch ein Abo-Reißer, sie macht keinerlei Werbung für einen Platzbesuch und beschämt die auf Trikots, Hosen und Stutzen einander dutzendfach überlagernden Sponsoren, die in den seltensten Fällen etwas mit dem in voller Länge ausgeführten Sau-Kick zu tun haben wollen. Positive Werbewerte sind über andere Kanäle deutlich effektiver herzustellen.

Morgen darf ich an dieser Stelle die schon angedeutete, schwierige aber mögliche sportliche Lösung des Niveau-Dilemmas erläutern.