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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

11. 4. 2012 - 18:53

Neues aus der Netzkultur

Jack Tramiels Tod, Steve "Woz" Wozniak über Patente, patentierte virtuelle Welten und die Gefahr der Facebook-Wall.

Gestern erreichte uns die traurige Nachricht: Der Erfinder des Commodore 64 ist am Ostersonntag 83-jährig gestorben, genau am 30. Jahrestag des beliebten, von ihm ersonnenen Heimcomputers. Jack Tramiel war einer der ganz großen in der IT-Branche, und gehörte nicht derselben Generation wie seine kalifornischen Kollegen Steve Jobs oder Bill Gates an. Tramiel war polnischer Jude, 1928 geboren, und hat die Gräuel des zweiten Weltkrieges miterlebt. Nach dem Krieg wurde er in den USA erfolgreicher Geschäftsmann. Die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des C64 werden nun also auch ein bisschen melancholisch. Jack Tramiel, eigentlich Idek Tramielski, ist ein weiterer Verlust aus der Starriege der amerikanischen IT-Branche, nach dem Verlust von Apple-Mitbegründer Steve Jobs im Vorjahr.

Patent-Woz

Ein anderer Apple-Steve macht aber noch viel von sich hören, und zwar Geek-Ikone Steve Wozniak. Er hat sich mal wieder zu Wort gemeldet (bei der Australian Financial Review) und beklagt, dass es junge IT-Firmen heute so schwer hätten. "Mir liegen junge Menschen mit technischem Wissen und dem Willen zur Unternehmensgründung am Herzen" - Wozniak bezieht sich dabei auf die vor allem in den USA weiterhin schwierige Situation in Bezug auf sogenannte Trivialpatente. In den Vereinigten Staaten ist es ja üblich, dass man auch sehr allgemeine und nur geringfügig innovative Ideen und Prinzipien patentieren lässt.

Wozniak sorgt sich also um den "kleinen Mann", der es bei der Unternehmensgründung schwer hat und erst mal das Minenfeld aus bereits existierenden Patenten studieren muss, bevor es an die Produktentwicklung geht. Recht hat er - doch so etwas aus dem Mund des Apple-Mitbegründers, der weiterhin als freiwilliger Botschafter des Konzerns auftritt? Er setzt sogar noch nach: Bei Apple wäre das alles anders, meint er, weil hier würden ja tatsächlich andauernd nur Innovationen stattfinden. Und dann seien ja Patente doch wieder legitim. Außerdem würden sie den Wettbewerb fördern. Also was jetzt, Woz?

Steve Wozniak und Jack Tramiel sitzen nebeneinander an einem Tisch.

flickr.com, User vonguard

Woz und Jack

Patent Worlds

Wozniak hat mit seinen etwas wirren Aussagen aber ein virulentes Thema aufgegriffen. Das beweist ein aktueller Patentstreit, bei dem ein US-amerikanisches Unternehmen namens Worlds Inc. ein Patent auf virtuelle Welten geltend gemacht hat. Das ist ein klassischer Fall des sogenannten "Patent Trolling": eine weitgehend unbekannte Firma sichert sich strategisch geschickte Patente, um dann diverse Firmen zu verklagen, die gegen das Patent verstoßen würden.

Das Patent von Worlds Inc. heißt "System und Methode, mit der Nutzer in virtuellen Welten interagieren können", wie Golem.de recherchiert hat. Was darin steht, kann wohl im Zweifelsfall gegen alle Computerspiele angewandt werden. Geklagt hat die Worlds Inc. gleich mal den größten Fisch, und zwar Activision-Blizzard und ihre Games-Serien "World of WarCraft" und "Call of Duty". Worlds Inc. ist laut eigener Aussage zwar schon seit 1994 im Geschäft, ein stimmiges Produkt haben sie seither aber anscheinend noch nicht auf die Beine stellen können. Was wohl Woz dazu sagt?

Eine computeranimierte Welt, im Hintergrund eine grüne Wiese, darüber ein blauer Himmel mit Wolken. Im Vordergrund zwei weibliche Avatare.

Worlds Inc.

Direkt von der Frontpage der "World Inc."-Website. Patentierte Virtual-World-Technologie, die es zu schützen gilt!

Gefährliche Facebook-Wall

Auf Facebook gibt es derweilen keinen Patentstreit, sondern Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen. Es ist ein Fall in Deutschland bekannt geworden, wo ein Urheber die unauthorisierte Veröffentlichung eines seiner Bilder auf einer Facebook-Wall eines Users abmahnt. Soweit, so nachvollziehbar - interessant daran ist aber, dass nicht der User dieser Facebook-Wall selbst das Foto dort veröffentlicht hat, sondern einer seiner Freunde. "Die durchschnittliche Facebook-Pinnwand eines 16-Jährigen ist 10.000 Euro Abmahnkosten wert, wenn denn jede Urheberrechtsverletzung abgemahnt werden würde", meinte ein Rechtsanwalt kürzlich in einem Spiegel.de-Interview. Dann lieber doch mal wieder die Einstellungen beim eigenen Facebook-Profil überprüfen. Und immer gut aufpassen, wer was auf die Wall postet!