Erstellt am: 9. 4. 2012 - 09:00 Uhr
USA: 1,6 Billionen Dollar für Hightech-Waffen
Die Gesamtausgaben für Waffenbeschaffung des US-Verteidigungsministeriums erreichten astronomische Höhen. Mit Ende 2011 sind 1,58 Billionen (sic!) Dollar angelaufen, heißt es im soeben erschienen Jahresbericht des Rechnungshofs (Government Accountability Office - kurz GAO). Diese Ausgaben - mehr als das Doppelte des jährlichen Verteidigungsetats der USA - betreffen Beschaffungsprogramme, die in der Regel zehn Jahre und länger laufen, von Forschung und Entwicklung über den gesamten Produktzyklus des betreffenden Waffentyps.
Die Zahlen bilden den Stand Ende 2011 ab, und der sah eine Steigerung von fünf Prozent gegenüber 2010. Bei diesen Dimensionen sind das allerdings gleich 74 Milliarden Dollar nicht eingeplanter Kosten, alleine bei den 96 wichtigsten Akquisitionsprogrammen für neue Waffen.
30 Milliarden Dollar für Pfusch
Forschung und Entwicklung schlugen laut Rechnungshof mit rund 14 Milliarden Mehrkosten zu Buche, etwa 30 Milliarden Dollar fielen für Nachbestellungen an, ebenso viel könne "Faktoren wie Ineffizienzen in der Produktion zugerechnet werden", heißt es einleitend zum Bericht.
Durch Fehlplanung und Pfusch bei neuen Hightech-Waffen wie dem F-35-Jet, mehreren Drohnentypen und anderem Kriegsgerät wurde von den US-Militärs 2011 also etwa das Zehnfache des jährlichen Bundesheeretats in Österreich verbraten. Parallel zur Kostensteigerung konstatiert der GAO-Report einen weiteren, ebenso unliebsamen Wachstumsfaktor. Die Zeitspannen zwischen geplanter und tatsächlicher Lieferung der Waffen steigen ebenso kontinuierlich wie ihr Anschaffungspreis.
Absurde Prozentsätze
Ganz oben auf der Liste der Kostenfresser steht das "Joint Strike Fighter Program" F-35 Lightning, das alleine für 40 Mrd. USD Mehrkosten 2011 verantwortlich zeichnet. Der Systemgesamtpreis erhöhte sich dadurch auf 327 Milliarden, obwohl die Zahl der georderten Jets um 400 gekürzt wurde. Statt 2.900 wurden "nur" 2.500 bei Lockheed Martin in Auftrag gegeben. Hier ist es die schiere Menge an Material, die einen solch enormen Abgang ausmacht.

U.S. Air Force (gemeinfrei)
Ansonsten finden sich auf den 195 Seiten des Rechnungshofberichts absurd anmutende Prozentsätze. Der Systempreis für die hochfliegende Aufklärungsdrohne "Global Hawk" etwa stieg vor allem durch vervierfachte Entwicklungskosten um 138 Prozent.
In Afghanistan werden gerade zwei neue Helikopterdrohnen getestet. Der Hummingbird kann mit einer 1,8-Gigapixel-Kamera 20 Stunden in der Luft bleiben, der Transporter K-Max hat drei Tonnen Nutzlast.
Geier im Sack
Auch nach der Restrukturierung des Programms sei das Risiko weiterer Kostensteigerungen hoch. Das gilt auch für eine andere Drohne, mit dem "Grey Eagle" hat die US-Army sozusagen den Geier im Sack gekauft. Beim Produktionsstart 2010 waren drei von fünf kritischen Technologien des Systems nicht ausgereift, die Drohnen wurden jedoch bereits produziert.

U.S. Army (public domain)
Seit einem Crash im März 2011 steht das Projekt komplett, alle bereits in Testbetrieb befindlichen "Grey Eagles" mussten zur Nachrüstung von Hard- und Software zurückgerufen werden. Dadurch gab es keine Möglichkeiten zum Training für die Mannschaften, die ebenso eine bestimmte Zahl an Flugstunden benötigen wie Piloten herkömmlicher Flieger.
Der graue Adler landet nicht
Allerdings hatte die US Army für die Hälfte der Gerätschaft bereits Produktionsverträge abgeschlossen und das, obwohl der "Grey Eagle" genau das nicht demonstrieren konnte, was der Hauptgrund für die militärischen Begehrlichkeiten ist: Anders alle übrigen Flügeldrohnen, soll der graue Adler vollständig autonom starten und landen können.
Diese beiden vom Bedienungspersonal händisch gesteuerten Manöver stellen die größten Risikofaktoren für das teure Fluggerät dar. Die weitaus meisten Crashs spielen sich ganz am Anfang oder am Ende eines Einsatzes ab, die "Mission" selbst - etwa ein Haus in Waziristan mit einer lasergesteuerten Bombe in die Luft zu jagen - erfüllt der Flieger automatisch. Nur die Feuerfreigabe geschieht dann wieder manuell.
Kommunizierende Wunderdrohnen
Die geplante Öffnung von Teilen des zivilen Luftraums für unbemannte Flieger in Deutschland und anderen EU-Staaten hängt ganz davon ab, ob die Mensch-Maschine-Kommunikation zwischen dem autonomen Flugroboter, Fluglotsen und Piloten funktioniert.
Die Technologie für autonome Starts und Landungen aber ist eine von jenen drei kritischen Technologien, die ihre Reife noch nicht bewiesen haben. Der zweite Grund, warum die Militärs ihre anfängliche Bestellung von fünf Stück auf 31 hinaufgeschraubt haben: Die Wunderdrohne soll mit menschlichen Piloten kommunizieren können, um mit Apache-Helikoptern im Verbund Einsätze zu fliegen. Auch das funktioniert bis jetzt noch nicht.
Kostensteigerung 534 Prozent
Das Beispiel des futuristischen DDG 1000, eines leichten Zerstörers für die Navy im Stealth-Design, zeigt, wie man sich in praktisch allen Aspekten der Planung gleich schwer verschätzen kann. Nach 14 Jahren Entwicklungszeit sind nur drei der geplanten 32 Schiffe in Bau, die ursprüngliche Entwicklungskostenschätzung ist von 2,3 auf 10,4 Milliarden explodiert, das sind 355 Prozent mehr.

U.S. Navy (gemeinfrei)
Die drei Zerstörer kommen so auf einen Gesamtpreis von 20 Milliarden Dollar, während man eigentlich damit gerechnet hatte, um 34 Mrd. 32 Schiffe zu bekommen. Der Preis eines solchen "Stealth"-Schinakels ist von einer auf sieben Milliarden Dollar explodiert (534 Prozent), die Entwicklungszeit bis zur Lieferung stieg von zehn auf 15 Jahre.
Was ein Weltraumzaun kostet
United States Government Accountability Office: Defense Acquisitions - Assessments of Selected Weapon Programs.
Gar keine Zahlen liegen für das Projekt "Space Fence" zur Überwachung der Erdumlaufbahnen an. Bei diesem Weltraumzaun handelt es sich um eine Serie räumlich verteilter, großer Radarschüsseln, die durch ein Netzwerk untereinander verbunden sind. Den einzigen finanziellen Anhaltspunkt den der Rechnungshof für das 2009 begonnene Projekt gefunden hat, ist eine grobe Schätzung des "Program Office", dass der Weltraumzaun auf jeden Fall mehr als der Milliarden Dollar kosten würde.
Das macht auch klar, warum einleitend zum Bericht betont wird, dass der gesamte Bereich Waffenbeschaffung "auf der Hochrisikoliste des Government Accounting Office" steht.