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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

1. 5. 2012 - 16:34

Die Superleichtigkeit des Seins

Das schwedisch-deutsche Duo It’s A Musical hat für sein zweites Album eine toll flauschige Popmusik zusammengebastelt, die uns das komplizierte Leben mit Unbekümmertheit und ergreifendem Elan vertont.

Kapitulation? Zurückhaltung, Schluffigkeit und Hängeschultrigkeit als Lebensprinzip? Der sechste Song – quasi im Zentrum der Platte stehend – auf dem neuen Album von It’s A Musical nennt sich „The Team That Never Wins“ und ist eine Coverversion eines im Original im Jahr 1997 erschienen Stücks der kaum bekannten britischen Band The Eleventh Hour. Das schwedisch-deutsche Duo It’s a Musical hat sich den Song wunderhübsch zu eigen gemacht; selbst obwohl der Vorschlag, gerade dieses Stück zu covern, von Label-Boss Thomas Morr gekommen sein mag, scheint „The Team That Never Wins“ geradezu passgenau für so eine Band und für genau so eine putzige Musik, wie sie hier praktiziert wird, an einem verträumten Tag am Wasser als Slogan erdacht worden zu sein. „The Team That Never Wins“: Eine höfliche Hymne für all die, die nicht wissen, wie man einen Volleyball adäquat übers Netz befördert, für all die gutgelaunten Loser, die talentierten Slacker, die Gefühligen und die Weichen. It’s A Musical sind eine Band, die den täglichen Niederlagen mit einem Sonnenstrahl begegnet.

It's a musical

Friederike Franze

It's A Musical

Die Musik von It’s A Musical ist von Schlichtheit geprägt, in den Mitteln und in der Form. Schon auf ihrem feinen Debüt-Album „The Music Makes Me Sick“ aus dem Jahr 2008 haben sich die beiden Bandmitglieder Ella Blixt und Robert Kretzschmar auf die Minimal-Besetzung aus Schlagzeug, Keyboard und dem munteren Interplay ihrer beiden Stimmen gestützt. Auf ihrem vor kurzem wieder beim, man kann das ruhig einmal so sagen, eigentlich immer sehr guten Label Morr Music erschienenen, zweiten Album „For Years And Years“ ist der reduzierte Grundansatz als Rezept erhalten geblieben, allein in den Details haben sich It’s A Musical eine schmale Erweiterung im Soundrepertoire erlaubt: Mehr unterschiedliche Orgel-Sounds und Tasten-Instrumente gibt es heute zu hören, ebenso wie diverseres Percussion-, Rassel- und Beklopfungs-Material, eine kleine Gitarre vielleicht oder eine untermalende Trompete da und dort. Viel mehr muss dann aber auch wirklich nicht sein.

It's A Musical treten am 2.5. im Wiener rhiz auf.

it s a musical

Friederike Franze

Robert Kretzschmar und Ella Blixt

So poltern und quietschen und orgeln sich It’s A Musical auf „For Years And Years“ durch zwölf zuckerwatteförmige Popsongs, denen der Charakterzug „Niedlichkeit“ aus jedem Ton sprüht. Eine Musik, die mit so einer verschlafenen Euphorie wie hier vorgetanzt wird, passt dann natürlich nur bestens auf ein Label wie Morr Music - ein Label, das vor allen Dingen, wenn man überspitzt und ihm lieb gemeint ein bisschen ungerecht wird, für folgende Musiken bekannt ist und gern gehabt wird: knuspernde, dabei stets aber freundliche Wald- und Wiesen-Elektronik, schön beschwingter Indie-Pop ohne große Probleme im Leben, mal mit größerer, mal mit geringerer Neigung zum Experiment, isländische Musik und Musik, die isländisch klingt.

Die Musik von It’s A Musical ist eine Musik, zu der man lieben Menschen Blumen in die Vase stellt, in Oldskool-Rollschuhen die Strandpromenade hinuntergleitet und zu der man ab und zu dann doch schon auch ein bisschen melancholisch in die Wolken guckt und eine kleine Träne der Sehnsucht zerdrückt. Die Texte auf „For Years And Years“ erzählen uns in konkreter Poesie – zugegebenermaßen manchmal schon in einem ein wenig polternden Englisch – von der alltäglichen Achterbahnfahrt durch die Umstände, von den Liebesdingen, von den Fischen und den Bäumen, und davon, wie das so ist, wenn man sich mit seinem Partner zwischen einer RomCom und einem Slasher-Film entscheiden muss.

it s a musical cover

Julia Guther

"For Years And Years" von It's A Musical ist bei Morr Music erschienen

Nun ist aber bei It’s A Musical nicht alles bloß Luftikus und Federball, nein, wir haben es hier, wenn man denn seine Angst vor dem allzu Possierlichen hinter sich gelassen und sein knorriges Herz endlich wieder einmal geöffnet hat, schlicht mit von vorne bis hinten richtig guten Popsongs zu tun, die bei aller selbstauferlegten Restriktion einen verblüffenden Ideenreichtum an den Tag legen. Da ist beispielsweise die aufgekratzt zwitschernde Single „Point Back“, der wie ein ganzes Glasglocken-Orchester tönende „Fish Song“, die „Ballade“ „Ljubljana“, die „Ja“ sagt zur Liebe, und 40 andere die Seele wärmende Momente, die „For Years And Years“ von It’s A Musical zu einer der schönsten, kleinen Pop-Platten des Jahres bislang machen. Lassen wir doch eine kühle Getränkedose zischen und stecken uns Blumen ins Haar.