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Rainer Springenschmid

Punk & Politik, Fußball & Feuilleton: Don't believe the hype!

4. 4. 2012 - 13:59

Ernsthafte Spaßpartei

Genug von politischer Packelei, Freunderlwirtschaft und Intransparenz? Gründe Deine eigene Liste - die FUFU zeigt wie's geht: 5,7% auf Anhieb und richtig schicke Uniformen.

Martin Dowalil

FM4/Rainer Springenschmid

Es war ja zu erwarten: als ich in Waidhofen an der Ybbs aus dem Zug steige, erwartet mich der Parteivorsitzende (oder Dein Bürgermeister, wie er sich derzeit gerne nennt), in einer Fliegeruniform, weißen Handschuhen und mit einem selbst ausgedruckten Abholschild.

Martin Dowalil, 37, stammt aus der Gegend von Wiener Neustadt. Auf der HTL in Krems hat er seine jetzige Frau kennen gelernt. Nach ein paar Jahren in Wien sind sie zusammen in ihre Heimatstadt Waidhofen gezogen. Dowalil betreibt in Wien ein kleines Bauplanungsbüro, für das er hauptsächlich von zuhause aus arbeitet, und veranstaltet im Sommer das Fleischrock Festival in der Umgebung Waidhofens. Bulbul und Valina waren schon da, heuer werden die Sex Jams kommen und die famosen Dÿse aus Berlin. Am vorletzten Sonntag hat Martin Dowalil mit seiner Liste FUFU bei der Waidhofener Gemeinderatswahl aus dem Stand 5,7% geholt. Zwei Sitze - so viel wie Grüne und FPÖ zusammen.

"Angefangen hat es eigentlich schon bei der letzten Gemeinderatswahl", erzählt Dowalil bei einem Teller Gemüsesuppe ("Journalisten anfüttern") in seiner Wohnung. Genervt von der Tatsache, dass man auch in der Kommunalpolitik nur etwas erreichen könne, wenn man sich im Netzwerk einer Partei bewege (in diesem Falle der Waidhofener Volkspartei, aber in Wien sei es halt die SPÖ), haben er und ein paar seiner Freunde mit satirischen Aktionen ihrem Unmut freien Lauf gelassen.

Martin Dowalil

Screenshot www.fufu.at

Nach der Wahlkampfpersiflage 2007 ist die FUFU heuer zur Wahl angetreten: mit einer Frauenquote von 50% - das sei ihm wichtig, meint Listenführer Dowalil - und mit schicken, auf Ebay ersteigerten Uniformen. "Das mit der Uniform ist ein reiner Marketinggag", erzählt Dowalil. "ohne die Uniformen hätten wir sicher nicht so viel Aufmerksamkeit erregt und keine 5,7% bekommen. Und zu unserem Projekt gehört einfach die Lust an Widersprüchen. Die Uniform symbolisiert so ungefähr das Gegenteil von dem, wofür wir stehen: für eigenständiges Denken und Engagement." In einer Welt, in der Politik fast nur mehr auf der symbolischen Ebene passiert, sind offen zur Schau getragene Widersprüche durchaus ein Alleinstellungsmerkmal. Aber auch die Grundlage, um ernsthaft Politik zu machen?

Martin Dowalil

FM4/Rainer Springenschmid

Wahlkampfausstattung: mobiles Bierstandl, Fliegeruniform, FC St. Pauli-Totenkopf

"Wir können ja nichts durchsetzen mit unseren zwei Mandaten", sagt Dowalil. Zwar hat die ÖVP ihre absolute Mehrheit verloren, bei 20 von 40 Mandaten passiert im Gemeinderat trotzdem nichts ohne sie. Er könne nur Ideen haben und hoffen, dass die anderen Mandatare mitziehen. Eine Hundefreilaufzone und ein Jugend- und Kulturzentrum für Konzerte, Ausstellungen und Parties - das sind Dowalils Ideen und das "Wahlprogramm" der FUFU.

Martin Dowalil

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Dowalil im Gespräch mit einem Gemeindepolitiker

Kommuniziert haben sie diese aber nur auf Nachfrage: "Wenn sich jemand über uns und unsere Aktionen wundert, dann kann er uns dazu fragen oder auf unserer Website nachlesen. Wir sind für interessierte, mündige Bürger da" sagt Dowalil. Überhaupt fällt der Begriff "mündige Bürger" so oft, dass es einem schon fast ein bisschen mulmig werden kann vor soviel demonstratvier Mündigkeit und Bürgerlichkeit. "Transparenz", "Bürgernähe" – wenn er es ernst meint, dann kommt Martin Dowalil dem Politsprech schon gefährlich nahe. Auch in Gesprächen mit anderen Ortspolitikern gibt sich Dowalil seriös, die Uniform passt ihm plötzlich wie angegossen, und er muss dann schon ein paar Scherze reißen oder sich in Meditationspose vor ein Kunstwerk setzen, damit das Bild wieder kippt. Ob der Spaßanteil bei der FUFU auch dazu da ist, die eigene Bürgerlichkeit ein bisschen einzubremsen?

Martin Dowalil

FM4/Rainer Springenschmid

Die Reaktionen der Bürger im beschaulichen Waidhofen an der Ybbs liegen im erwartbaren Bereich. "In den letzten Jahren gab es bei Menschen zwischen 30 und 60 eigentlich nur eine Reaktion: Ohne aufzublicken an mir vorbei gehen, dann stehen bleiben, sich umdrehen und den Kopf schütteln. Meine Frau hat sich schon öfter den Spaß gemacht, einfach fünf Meter hinter mir her zu gehen um die Leute zu beobachten. Jetzt, vor der Wahl, haben die meisten dann schon mitgekriegt worum's mir geht."

"Ist ja auch zum Lachen, so eine Uniform"

Martin Dowalil

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Manche Waidhofener halten ihn weiterhin für einen "Kasperl" und seine Liste für "Blödsinn", aber einige sprechen recht respektvoll von ihm. "Er zeigt den Politikern, dass man Politik ernster nehmen sollte, weil sonst kann man ja gleich einen Kasperl hinsetzen", sagt einer, "aber ich glaube, dass er es ernster meint als es scheint."

Obwohl es Martin Dowalil ernst meint: an ein Ausweiten seiner politischen Tätigkeit über Waidhofen hinaus denkt er nicht: "Im Land ist man ohne Parteiapparat chancenlos, und einen Parteiapparat will ich ja dezidiert nicht. Und mir fehlt einfach auch die Zeit dafür. Außerdem möchte ich dort etwas verändern wo ich lebe." Höchstens kann er sich vorstellen, als Waidhofener Ableger der Piratenpartei zu fungieren. "Obwohl - Piraten in Uniform gibt's ja eigentlich gar keine."