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Christian Pausch

Irrsinn, Island, Ingwer.

30. 3. 2012 - 15:40

Das Ende einer Ära

Die kanadische Noise-Punk-Performance-Band AIDS WOLF hat ihre Trennung bekanntgegeben und einen Abschiedsbrief hinterlassen.

"Was die Sängerin von Aids Wolf gerne tut: sich wie eine Fledermaus anziehen, sich das Mikrofon-Kabel um den Hals wickeln und von der Bühne springen, um mit dem Publikum höchst erotisierend zu kuscheln. Was ihre drei Kumpanen gerne tun: sich völlig identisch kleiden und kniend Gitarre spielen", so habe ich Aids Wolf nach ihrem Auftritt am Donaufestival 2008 beschrieben.

Schön war das, nun ist es vorbei. In einem sehr ehrlichen und direkten Essay erklärt Sängerin Chloe Lum ihren Fans und auch sich selbst, warum es soweit kommen musste.

aids wolf

Aids Wolf

Einst ein Quartett, am Ende nur noch zu dritt: Aids Wolf

Chloe lässt in ihrem Statement die Karriere der Band Revue passieren und zeichnet damit den Verlauf eines Band-Lebens, wie es wohl des Öfteren vorkommt: Aids Wolf machten durch Youtube-Videos ihrer Live-Shows auf sich aufmerksam, wurden dann von verschiedenen Labels gebucht, brachten ihr Debut-Album "The Lovvers" heraus, welches von allen Musikblogs und -magazinen mehr oder weniger zerrissen wurde. Doch das störte nicht, man machte ja das, woran man glaubte, und das mit großem Aufwand und Herzblut.

Das Ende der Aufmerksamkeit

Im Jahr 2009 schrumpfte die vormals vierköpfige Band dann auf die Größe eines Trios und veröffentlichte weiterhin unzählige 7Inches, Alben und CDs, doch - so Chloe in ihrem Brief - alleingelassen von den Medien. Und was vorher egal war, war plötzlich ausschlaggebend für die weitere Karriere, nämlich ob man mediale Aufmerksamkeit bekommt oder eben nicht.

Als der Break Up auf der Aids Wolf Facebook-Page bekannt gegeben wurde, wurden reihenweise Artikel wie dieser hier verfasst. "It’s hard not to feel cynical when publications wouldn’t waste an article or review on us before, are reporting on the breakup."

aids wolf

Florian Wieser

Aids Wolf am Donaufestival 2008 - auch im Bild: meine Wenigkeit.

Auch die Szene, aus der und in der Aids Wolf groß wurden und agierten, war nicht mehr dieselbe: "All of the sudden bands doing ads for soft drink companies or department stores were considered 'underground'. So where did this leave the actual underground, the one that couldn’t sell cars/soda/computers even if it wanted to? Because it was weird/ugly/dangerous/challenging? It left it in a cave."

Das Ende des Underground

"On The End Of An Era", die Überschrift der Abschiedsworte von Aids-Wolf-Sängerin Chloe, bezieht sich nur geringfügig auf das Ende der Band selbst, viel mehr aber auf das Ende eines Lebensgefühls, einer Szene, die es ohne sich groß zu vermarkten und nur aus Leidenschaft heraus vor einigen Jahren geschafft hat im kleinen Rahmen groß rauszukommen und durch die Welt zu touren, aber dann fallen gelassen wurde wie der sprichwörtliche heiße Erdäpfel.

Viele andere Bands zuvor haben sich ebenfalls getrennt, doch diesmal ist es anders. Bei Aids Wolf gibt es keine persönlichen Differenzen, oder Streitereien innerhalb der Band. Es ist die Ohnmacht vor dem Großkonzern "Musik-Business", die eine Band wie Aids Wolf dazu zwingt aufzuhören oder besser: aufzugeben.

aids wolf

Florian Wieser

Den ganzen Abschiedsbrief von Chloe Lum kannst du hier lesen.

I regret nothing

Die Ära "Aids Wolf" ist vorbei, aber Chloe und ihre Bandkollegen waren auch vorher schon in vielen anderen Projekten involviert. Die Sängerin bildet zusammen mit Yannik Desranlieau das Künstlerduo Seripop, außerdem sind die beiden mit ihrer Band Hamborghinni aktiv und auch Bandmitglied Alex Moskos hat ein Solo-Projekt namens Drainolith.

"I don’t know I’d recommend this path to anyone else or if it’s even relevant to younger folks but I’m glad for the experiences because even the terrible ones become funny in time."