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Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

27. 3. 2012 - 14:27

"Plattform für alle"

Das Parteiprogramm der OPÖ, der Online Partei Österreichs, besteht quasi nur aus einem Wort: Partizipation. Alle politischen Entscheidungen sollen von Usern im Internet getroffen werden.

Die Online Partei Österreichs stellte sich heute, 27. März 2012, in überraschend luxuriösem Ambiente vor - zwischen Klimt-Gemälden im Palais Todesco in der Wiener Innenstadt. "6,4 Millionen Nationalratsabgeordnete" will OPÖ-Gründer Christian Obermayr sehen – nämlich alle wahlberechtigten Österreicherinnen und Österreicher. Die direkte Demokratie soll durch webbasierte Online-Entscheidungen zustande kommen. Sich selbst sieht Obermayr dabei als „Geburtshelfer“ einer neuen Art von Partei, die ohne klassisches Parteiprogramm auskommt: „Wir sind weder links, noch rechts, noch in der Mitte ausgerichtet. Wir sind Plattform für alle. Die Mehrheit entscheidet.“

Laut Statuten der OPÖ dürfen Vorschläge, die zur Abstimmung kommen, nicht menschenrechtswidrig sein. So kann es z.B. keine Abstimmung zur Einführung der Todesstrafe geben. Andere Beispiele zeigen aber schon heute ein Grundproblem der Onlinepartei: Würde ein OPÖ-Abgeordneter im Nationalrat gegen seine eigene Überzeugung abstimmen, weil die Mehrheit im Internet so entschieden hat? OPÖ-Gründer Stefan Schartlmüller etwa hätte deutliche Schwierigkeiten, wenn die Mehrheit der Web-User sich plötzlich für den Bau von Atomkraftwerken in Österreich entscheiden würde. Er vertraut aber auf die Wisdom of Crowds: „Ich gehe davon aus, dass es nicht so weit kommt“. Dank der „Weisheit der Vielen“, so die OPÖ-Gründer, gäbe es heute etwa auch Wikiepedia, das beste Lexikon der Geschichte. Das Volk werde vor Abstimmungen schon für konstruktive Meinungsbildung im Netz sorgen.

Ideen und Vorschläge für Abstimmungen könne jede Userin und jeder User posten, sagt Christian Obermayr: „Für den klar ausgearbeiteten Lösungsvorschlag aber muss der User eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner angeben. Das geht nicht mehr anonym, weil es das System ad absurdum führen würde, wenn ich sage, ich gebe eine konkrete Ausarbeitung hinein, bin dann aber für Rückfragen nicht mehr verfügbar.“

Die Finanzierung der OPÖ erfolgt derzeit aus eigenen Mitteln und Spenden. Die Finanzierung werde man offenlegen, darüberhinaus werde ein Kontrollgremium aus zufällig ausgewählten Internet-Usern installiert. Online per Abstimmung vergeben werden die Listenplätze für Nationalratswahlen. Mitglied der OPÖ müssten nur die Funktionäre werden, die den Betrieb aufrecht erhalten, ein traditionelles "Parteibuch" gäbe es nicht. „Auch Leute, die bei einer anderen Partei engagiert sind, können sich bei der OPÖ mit engagieren“, so Obermayr. Das gelte auch für neue Bewegungen wie die Piratenpartei – diese sehe man nicht als Konkurrenz, sondern als Gruppe von Experten für Netzpolitik und Privatsphäre. Gerade Gruppen von Experten will die OPÖ zu gemeinsamen Entscheidungsfindungen einladen. Die Website der Online Partei Österreichs ist seit heute im Netz.