Erstellt am: 27. 3. 2012 - 06:00 Uhr
Miss you
von Nina Hochrainer und Alex Wagner
"Es ist unmöglich, sie in Hamburg, ich in Berlin, Die Liebe krepiert an der Geografie", hat Erich Kästner angesichts einer gescheiterten Liebschaft auf Distanz anno 1936 ernüchtert bemerkt. Heutzutage hingegen werden mehr Fernbeziehungen denn je zuvor geführt. Sie sind ein Phänomen unserer Zeit - denn mit unserer gesteigerten Mobilität hat sich nicht nur unsere Lebenswelt, sondern auch der Raum der Begegnungsmöglichkeiten bei der Partnerwahl erweitert. Jeder sechste wird im Laufe seines Lebens mindestens eine Fernbeziehung führen, Tendenz steigend. Dank lebenserhaltender Maßnahmen wie Skype und Billigflugangeboten lässt sich auch die Sterblichkeitsrate von Fernliebe drastisch senken.
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"Ach, long distance, das wär' nix für mich", diesem Satz begegnen Fernbeziehungspaare meist mit einem müden Lächeln, zu dem der Jetlag nicht selten seinen Teil beigetragen hat. Sind Beziehungen in der und in die Ferne nicht längst zum gebräuchlichen Modus Amandi geworden? Wenn es nach Sarah und Fabian geht, wohl schon:
Sarah ist seit über zwei Jahren mit dem Schweden Alex liiert. Schleichend wurde aus dem Urlaubsflirt eine ernsthafte Fernbeziehung. Mehr als vier Stunden braucht sie, um mit dem Flieger von Wien nach Stockholm und weiter mit dem Zug zu ihrem Freund zu fahren. Wenn Sarah dann wieder nach Österreich zurück muss, versucht sie, Alex schnell zu vergessen. Die Abschiede sind immer kurz und schmerzlos. Im Zug hört sie Musik zur Ablenkung. Und zu Hause angekommen wäscht sie erst mal ihre Klamotten, um nicht permanent mit Alex' Geruch konfrontiert zu sein. So hart es auch sein mag, wenn sie getrennt sind, die gemeinsamen Pläne, zusammen zu ziehen, halten ihre Fernbeziehung am Laufen.
CC BY 2.0 / www.flickr.com/photos/aeneastudio/
Fabian wiederum ist Argentinier und hat seine norwegische Freundin in Buenos Aires kennen gelernt. Nun leben die beiden samt Nachwuchs in Oslo. Keine geografische, aber eine kulturelle Fernbeziehung, in der südamerikanisches Temperament fast etwas klischeehaft auf skandinavische Zurückhaltung trifft und Fabian täglich vor neue Herausforderungen gestellt wird.
Aber Fabian und Sarah sind nur zwei Typen von Fernbeziehungsopfern. Auch der Arbeitsmigrant aus Serbien in Österreich, der seine Familie in der Heimat nur selten sieht, die philippinische Nanny, die bei einer deutschen Familie lebt, während ihr eigenes Kind zu Hause von den Großeltern aufgezogen wird und - nicht zu vergessen - Brad und Angelina befinden sich in Liebes- und Verwandtschaftsverhältnissen, die über Grenzen und Kulturen hinweggehen.
... wenn das Gute liegt so fern!
Die Autoren Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim bringen all diese Fernbeziehungsarten mit dem Oberbegriff "Weltfamilien" unter ein Dach. Das Soziologen-Ehepaar, das selbst immer wieder eine beruflich bedingte Beziehung auf Distanz führt, macht in ihrem Buch "Fernliebe" ebendiese zum Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen und analysiert verschiedene Lebensformen im globalen Zeitalter. Für sie sind Fernbeziehungen in vielen Belangen sogar romantischer, da sie bewusster geführt werden. Und doch: Über Email kann man sich nicht umarmen.
http://www.flickr.com/photos/meanestindian/
- miss you - Fernbeziehungen und wie man trotzdem glücklich bleibt, am Dienstag, 27.3.2012, in der FM4 Homebase von 20 bis 21 Uhr
Wie kann man trotzdem über Grenzen hinweg zusammen leben? Wie viel Ferne verträgt die Liebe? Wie viel Ferne braucht die Liebe? Wie werden die Fernbeziehungen der Zukunft aussehen? Und wie hoch ist diesen Monat die Telefonrechnung? Dieser und anderen brennende Fragen werden Nina Hochrainer und Alex Wagner heute zwischen 20 und 21 Uhr in der Homebase auf den Grund gehen werden.