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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

20. 3. 2012 - 15:04

Nebenjob Politiker?

Wo liegen die Grenzen zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen Nebenberuf und Lobbyismus, zwischen Interessenskonflikt und Korruption?

meineabgeordneten.at ist eine Transparenzplattform über Österreichs Regierung und Parlamentarier - auch auf EU-Ebene. Es ist eines der Projekte von www.respekt.net und ist auf Spenden angewiesen.

"Ich habe einen Hauptberuf. Und im Nebenberuf habe ich mein politisches Engagement und mein politisches Mandat", sagt Ferdinand Maier, Nationalratsabgeordneter der ÖVP. Im Hauptberuf ist Ferdinand Maier Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes, im Aufsichtsrat von drei Firmen, Geschäftsführer von fünf weiteren Unternehmen. Wie sich das ausgeht? "Wenn man ein gutes Zeitmanagement hat, kann man mit der Fülle an Aufgaben auch zu Rande kommen. Natürlich ist es so, dass Sie einen 14- oder 16-Stunden-Tag haben und auch das Wochenende dafür nützen müssen. Aber das ist eine Selbstverständlichkeit."

ÖVP Abgeordnete Ferdinand Maier

APA / HERBERT PFARRHOFER

Maier war unter mehreren angefragten Abgeordneten der einzige, der auch zu einem Interview zu Nebentätigkeiten bereit war. Und er hat seine Jobs abseits der Politik dem Parlament auch korrekt angegeben. Das haben - obwohl es ab einer Höhe von 1.142 Euro pro Tätigkeit und Jahr Pflicht ist - nicht alle Abgeordneten gemacht. Die Transparenz-Plattform meineabgeordneten.at hat im Februar bei 70 MandatarInnen Ungereimtheiten geortet. Seither konnten die bei den meisten ausgeräumt werden - weil die PolitikerInnen die Informationen nachgereicht haben oder sich etwa einige Tätigkeiten als ehrenamtlich herausgestellt haben. 26 National- und Bundesratsabgeordneten haben auf die Anfrage von meineabgeordneten.at aber gar nicht reagiert oder sie nicht befriedigend beantwortet.

Nebeneinkünfte im Fokus

Alexander Skrein, im Vorstand von respekt.net und Mitinitiator von meineabgeordneten.at findet das frech: "Da schickt die Zivilgesellschaft - respekt.net wird von über 2000 Menschen privat finanziert - den Abgeordneten Fragen, und die von uns gewählten und bezahlten Vertreter halten es nicht einmal für nötig, ihren Wählerinnen und Wählern auf das Mail zu antworten. Das ist überheblich und unverschämt!"

Schließlich haben MitarbeiterInnen von meineabgeordneten.at nicht nur die betroffenen Abgeordneten, sondern auch die Klubobleute angesprochen und sich mit diesen auch getroffen - mit Ausnahme von Heinz Christian Strache, der nicht auf die Anfrage reagiert hat. Dass es dann noch immer 26 Personen gibt, "bei denen es möglich ist, dass sie das Gesetz zur Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte nicht einhalten" bzw. nicht an der Aufklärung von Unklarheiten interessiert sind, ist verwunderlich.

Parlament

http://commons.wikimedia.org/wiki/User:Gryffindor

Marion Breitschopf ist Redaktionsleiterin von meineabgeordneten.at. Und die Plattform ist mehr als Teil ihres Brotjobs. Für sie ist die Transparenz bei den Nebenbeschäftigungen essentiell: "Ich glaube, es ist wichtig zu wissen, wie unsere ParlamentarierInnen ticken. Sehr viele haben nebenher immer noch Berufe. Und dann stellt sich die Frage, wie geht man damit um, wenn ein Schweinemastbauer das neue Kastenhaltungsgesetz mitverhandelt?"

Die offiziellen Listen der Nebentätigkeiten der Nationalrats- und Bundesratsabgeordneten sind schon sehr interessant, viel mehr Informationen bekommt man aber aus den Dossiers auf meineabgeordneten.at

Der Nationalrat kann nicht auf das Fachwissen und die Meinung von Wirtschaftstreibenden verzichten, genauso wenig wie auf das von GewerkschafterInnen. Andererseits sind die Grenzen zwischen politischer Integrität und Korruption durch Loyalität der Firma gegenüber fließend. Und während öffentlich über 100 Euro oder doch weniger als Obergrenze bei Geschenken diskutiert wird, geht es bei Vorstandsposten um weit höhere Gagen. Wie genau eine Regelung ausschauen könnte, weiß auch Marion Breitschopf nicht, aber: "Wir schauen uns die Modelle in Deutschland und Großbritannien an. Wir wollen einen Diskurs in Gang setzen, der wirklich nötig ist."

Kein Interessenskonflikt

Für Ferdinand Maier ist nach eigenen Angaben noch nie in einen Interessenskonflikt gekommen. Der Geschäftsführer der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und der Raiffeisen Media GmbH sowie Generalsekretär des Raifeisenverbandes hat etwa die Bankenabgabe mitbeschlossen. Was die Kollegen bei Raiffeisen gesagt haben? "Ich habe ein unabhängiges Mandat und ich entscheide nicht so, wie irgendwelche Damen und Herren bei Raiffeisen glauben, dass ich entscheiden soll."