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Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

18. 3. 2012 - 12:21

Song Zum Sonntag: SoKo

Treat Your Woman right

Du liebst die Welt mehr als mich, obwohl du dieWelt für mich bedeutet hast. Du liebst Gott mehr als mich, obwohl du wie ein Gott für mich warst. Du liebst dich selbst mehr als mich, obwohl ich dich mehr liebte als mich selbst. Du sagt, Frauen würden dich nur von deinem Weg abbringen, deinem Weg zu Ruhm, Frauen und freier Liebe und all diese Hippie Theorien. Jedes Wort aus deinem Mund ist ein Zeichen, dass ich gehen sollte, aber ich bin nicht so stark und vermisse dein Gesicht jeden Tag ... aber tu nicht so als seist du ein Liebender, wenn du deine Frau nicht anständig behandelst. Weil: Du hast deine Frau nicht anständig behandelt.

Hier hat jemand viel Liebe und Schmerz in einen Typen investiert, der sich für eine Art Warren Beatty hält und dem Typus des Egomanen entspricht, der sexuelle Revolution, gesellschaftlichen Aufbruch und individuelle Selbstfindung mit einem Freibrief dafür verwechselt, weiterhin zu tun was er will und seine Frauen sämtlich wie Dreck zu behandlen.

Dieser Typus - man kann ihn in alten Künstlern wiederfinden, in jeder Sixties Biografie von Keith Richards oder Udo Jürgens bis Udo Proksch, in den Protagonisten des "New Hollywood" von Nicholson bis Polanski, und natürlich in der intellektuellen französischen Boheme der Sixties, von Gainsbourg bis Sartre - trägt stark dazu bei, dann man im Rückblick versucht ist, die ganze Sexuelle Revolution nur als eine Befreiung der intellektuellen Machos vom Druck der bürgerlichen Moral zu begreifen.

Musikerin SoKo

SoKo

Tatsächlich haben nicht wenige Feministinnen in den Siebzigern, als die weltpolitische Diskussion in den WGs und Kommunen immer mehr einer Selbst- und Beziehungsreflexion gewichen ist, darauf hingewiesen: Ihr Jungs hattet euren Spaß, aber die Welt ist nicht befreit sondern nur euer eigener kleiner Penis und die Avantgarde /Boheme ist genauso männerbestimmt wie eine britischer Herrenclub im Fin de Siecle. Und so schießt die verwirrte Valerie Solanas auf - den in seiner Selbstzufriedenheit verblüfften - Andy Warhol und der Spaß ist vorbei.

Wie eine 27 Jährige Französin die selben Erfahrungen wie Simone de Beauvoir oder Anita Pallenberg gemacht haben konnte, ist schon rätselhaft - zu lange sind die Seventies vorbei, zu viele andere Schweinehund-Typen haben die Houellebecq'sche "Kampfzone" der Beziehungen betreten. Allein, man glaubt es ihr, denn "I Thought I was an Alien" ist voll von sehr intimen, selbst erlebten und geradeheraus berichteten Beziehungsmomenten. Dieser hier ist fast am dramatischsten, ein heiseres Rezitativ über einem Hammering-Lick mit einem leise sich steigernden, an Horrorfilme erinnernden Background, der die Bestimmtheit dieser Erfahrung verstärkt und so wirkt, als hätte die Erzählerin lange überlegt und viel runter geschluckt, bevor sie zu dieser Erkenntnis gelangt ist.