Erstellt am: 15. 3. 2012 - 13:34 Uhr
ÖH nimmt Stellung zum Café Rosa
Das Café Rosa, ein Studierenden-Café ohne Konsumzwang, gibt es seit knapp einem Jahr. Gegründet wurde es vom "Verein zur Förderung der Emanzipation von Studierenden“, einer Tochter der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). In den letzten Wochen stand es zunehmend in der Kritik. Zuerst machten Schließungsgerüchte die Runde, dann wurden tatsächlich die Angestellten gekündigt. Schließlich flammten alte Vorwürfe seitens opppositioneller Fraktionen in der ÖH wieder auf: Das Projekt sei zu teuer, und Studierende, die den linken Grundsätzen der Kaffehaus-Betreiber nichts abgewinnen könnten, würden diskriminiert. Auch mangelnde Transparenz wurde kritisiert: Oppositionelle Fraktionen hätten keine Einsicht in die Finanzgebahrung des Lokals. Heute nahm nahm die Exekutive der ÖH Uni Wien zu den Vorwürfen Stellung.
Jasmin Rückert von den Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) ging auf die Vorwürfe von Intransparenz und Korruption ein: Es habe keine persönlichen Bereicherungen von irgendeiner Seite gegeben. Immer wäre Einsichtsmöglichkeiten in die Finanzen vorhanden, auch für Oppositionsfraktionen. Die ÖH präsentierte eine Aufstellung der bisherigen Ausgaben für das Projekt. Den Großteil der insgesamt mit 443.144,98 Euro angeführten Kosten machen dabei die Ablöse für die Räume des Café mit 165.000 Euro sowie der Umbau des Lokals zur Barrierefreiheit mit 80.000 Euro aus. Die laufenden Kosten im Jahr 2011 betrugen 50.000 Euro. Insgesamt lägen die Ausgaben laut Bericht bisher 10.000 Euro über den vor einem Jahr kalkulierten Kosten. Ab 2015 werde sich das Lokal selbst finanzieren.
café rosa
Martin Brenner von der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft übte schon im Jänner 2011 scharfe Kritik an den Plänen für das Projekt. Jetzt fühlt er sich bestätigt: "Da wurden 500.000 Euro für einen Partyraum für Gesinnungsgenossen ausgegeben. Die Warnungen der Aktionsgemeinschaft im Sinne der Wirtschaftlichkeit, die überhaupt nicht gegeben ist, sowie die Warnungen der Kontrollkommission, die immerhin das Aufsichtsorgan ist, wurden bewusst ignoriert." Außerdem sei das Café als Verein gegründet worden, obwohl das Gesetz vorschreibe, dass die ÖH Wirtschafsbetriebe nur in Form von Kapitalgesellschaften führen darf. Für die Gründung einer Kapitalgesellschaft ist allerdings die Zustimmung des Wissenschaftsministers nötig.
Der Antrag von GRAS, VSStÖ und KSV-LiLi, das Café Rosa zu errichten und zu betreiben, wurde in einer Universitätsvertretungs-Sitzung im Jänner 2011 mit 18 Pro- und 5 Gegenstimmen beschlossen – auch die oppositionelle Fachschaftsliste stimmte dafür. Für den Verein als Geschäftsform würden steuerrechtliche Sachverhalte sprechen, sagt Julia Kraus vom Kommunistischen StudentInnenverband – Linke Liste (KSV-LiLi). Darüber hinaus begünstige ein Verein die Mitgestaltung des Cafés seitens Studierender, Mitarbeiter und verschiedener ÖH-Ebenen wie Frauenreferat oder Studiendenvertretungen. Außerdem wolle man kein gewinnorientiertes Unternehmen aufbauen, eine GmbH wäre daher ein "absoluter Widerspruch" zur Idee des emanzipatorischen Raums ohne Konsumzwang.
Cafe Rosa
Der Ring Freiheitlicher Studenten hat wegen des Verdachts der Untreue und der satzungswidrigen Verwendung von ÖH-Mitteln.gegen zwei der Gründerinnen des Café Rosa eine Anzeige eingebracht: gegen die ÖH-Bundesvorsitzende und damalige Wirtschaftsreferentin der ÖH Uni Wien, Janine Wulz (GRAS), sowie gegen Stefanie Bielowski, die Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Emanzipation von Studierenden. "Diese Vorwürfe sind unbegründet", sagt Julia Kraus, "Wir weisen sie aufs schärfste zurück".
Die Bundes-FPÖ spekuliert in einer Presseaussendung vom Mittwoch darüber, dass möglicherweise bald der Papst das Rosa besucht und "der Vatikan das linke Caféhaus rettet", denn: Zwei der Betreiberinnen des Rosa seien schwanger, obwohl das Lokal "vorzugsweise von Lesben und Homosexuellen (sic) frequentiert" werde. Die FPÖ geht davon aus, dass nun der Vatikan prüfen werde, ob "ein gewisser Heiliger Geist Stammgast im Café gewesen sei und hier eine unbefleckte Empfängnis stattgefunden habe". Einigermaßen bizarrer Humor ausgerechnet von jener Partei, die sich gerne als Retterin des christlichen Abendlandes präsentiert.
Dem "Vorwurf" der FPÖ, das Lokal würde hauptsächlich von Homosexuellen frequentiert, entgegnet die ÖH heute: "Der Grundsatz der Anti-Heteronormativität dient nicht dem Jux und der Tollerei, sondern hat den gesellschaftlichen Anspruch, Lebensrealitäten jenseits von Zweigeschlechtlichkeit und Hetero-PartnerInnenschaft gerecht zu werden". Auch der oft zitierte Café-Rosa-Grundsatz einer "antiklerikalen" Haltung diene nicht, wie von der Aktionsgemeinschaft behauptet, der Diskriminierung von Menschen mit religiösen Weltanschauungen, sondern schaffe überhaupt erst die Möglichkeit, religiös motivierten Ressentiments entgegenzuwirken.
Jakob Zerbes vom Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs (VSStÖ) präsentierte die Ergebnise der im Februar angekündigten Evaluierung des Lokalbetriebs. Mit der Zahl der Studierenden, die das Café Rosa nützen, zeige sich der ÖH-Funktionär zufrieden, doch er hätte sich eine höhere Dichte an Veranstaltungen gewünscht. Konsequenz für ihn: Umstrukturierungen, in deren Verlauf die ÖH eine Kooperation mit anderen Gastronomen eingehen will. Wie diese Umstrukturierungen aussehen sollen, konnte Zerbes nicht sehr konkret sagen, man wolle die "betriebswirtschaftliche Komponente auslagern" - sprich: Ein benachbarter Gastronomiebetrieb werde in Kooperation mit dem Verein das Lokal führen. Angebote für solche Kooperationen gäbe es "dank der medialen Berichterstattung der letzten Wochen" schon mehrere. Außerdem solle es "mehr inhaltliche Veranstaltungen sowie Beratung anbieten", eine Ankündigung, die die ÖH auch schon im Interview vor vier Wochen gemacht hat. Der damals angekündigte "Evaluierungsbericht" bot heute also nichts Überraschendes. Wirklich neu waren nur die präsentierten Listen der Investitionen und Ausgaben für das Projekt. Verwunderlich ist das nicht, denn das vor vier Wochen von der ÖH im Interview Gesagte gilt noch: Das Café Rosa ist ein langfristiges Projekt, das aufgrund der eklatanten Raumnot und Kommerzialisierung im Universitätsbereich entstanden ist - es kann sich rein rechnerisch erst nach mehreren Jahren selbständig finanzieren. Der angebliche Skandal rund um das Projekt sei größtenteils aufgebauscht. Vor einer Prüfung durch den Rechnungshof habe man keine Angst, eine solche sei selbstverständlich und habe auch letztes Jahr schon stattgefunden.