Erstellt am: 9. 3. 2012 - 17:17 Uhr
#unibrennt vor Gericht
Alex, Billy, Ulli und Kim (Namen von der Redaktion geändert) wurden im Sommer 2010 verhaftet und saßen zwei Monate in Untersuchungshaft. Davor gerieten sie während der Uniproteste ins Visier des Verfassungsschutzes. Mit Hilfe des umstrittenen Paragrafen 278 - "Bildung einer terroristischen Vereinigung" - konnte das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Telefone und Emails überwachen, die Studierenden verhaften und ihre Computer konfiszieren.
Der Paragraf dient dabei der Ausweitung von Ermittlungsmaßnahmen. Nachdem die Behörden auf Widersprüche in der Polizeiarbeit hingewiesen wurden, ist der Vorwurf "Bildung einer terroristischen Vereinigung" fallen gelassen worden. Die Ermittlungsergebnisse werden nun mit dem Vorwurf "versuchte Brandstiftung" am kommenden Dienstag am Wiener Landesgericht zur Anklage gebracht.
Michael Fiedler Radio FM4
"Ganz wichtig zu erwähnen ist, dass die Beweisgrundlage de fakto Null ist." sagt Alex. Tatsächlich geht aus der Anklageschrift nicht hervor, weshalb den Angeklagten die Brandstiftung an den Mülleimern vor der AMS-Zentrale im 5. Bezirk in Wien zur Last gelegt wird.
So heißt es in der Anklageschrift: "Aufgrund ihrer teilweisen Anwesenheit bei einschlägigen Veranstaltungen sowie von im Zuge der Hausdurchsuchungen sichergestellten bzw. vorgefundenen Dokumenten, wie einem 'Survival kit for critical revolutionary artists and associated persons', in dem sich unter anderem Anleitungen zum Bau eines 'Molotov-Coctails' und einer Farbbombe sowie zum 'anonym telefonieren' finden, kann geschlossen werden, dass sie die in dem Tatvideo geäußerte politische Gesinnung vertreten."
Mit ähnlichen Hinweisen auf beschlagnahmte radikale Zeitschriften und der dadurch begründeten "gefährlichen Gesinnung" eröffnete im Frühling 2010 ein Staatsanwalt den Tierschützerprozess.
Die vier angeklagten #unibrennt-AktivistInnen wurden inzwischen für ihre erfolgreiche Verhinderung der Abschiebung eines afrikanischen Bildungsaktivisten mit dem Ute-Bock-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet. Die Erfahrungen in Untersuchungshaft haben ihren gesellschaftskritischen Fokus um den Gefängniskomplex erweitert, wie dieser offene Brief zeigt.