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mica - music austria

Service, Tipps und rechtliche Grundlagen für Musikschaffende.

9. 3. 2012 - 22:22

Musik/Praxis: Verträge

Zum Abschluss der mica Serviceserie gibt es hier in zwei Teilen Erklärungen und Muster einiger verbreiteter Vertragswerke - zuerst für die Interpret/innen.

Im Laufe eines Musikerlebens wird man mit den unterschiedlichsten Verträgen konfrontiert. In diesem Artikel wird ein kleiner Überblick gegeben, welche Verträge zwischen welchen Partnern im Musikbusiness üblicherweise abgeschlossen werden mit Hinweisen, was es dabei zu beachten gilt. Im Artikel wird auf gratis Musterverträge des mica verlinkt, die für persönliche Zwecke verwendet und adaptiert werden dürfen und sollen.

Musik/Praxis

Rechtliche Grundlagen
Grundsätzliches zum Urheberrecht.

Coverversionen, Remix & Sampling
Die rechtlichen Grundlagen musikalischer Bearbeitungen.

Verwertungsgesellschaften
AKM, Austro Mechana und Co.

Mehr Verwertungsgesellschaften

Live Musik
Konzerte als gutes Geschäft?

Mehr zum Thema "Live"
Veranstalter, Booking-Agenturen und Steuern.

Labels
Von Plattenfirmen, Labels und Verträgen

Ein eigenes Label
Vor- und Nachteile

Vetrieb und Handel
Tonträger verkaufen

Verlage
Was macht ein Musikverlag?

Förderungen & Sponsoring
Zuschüsse und Co

Selbstvermarktung
Wie kann ich mich bzw. meine Band gut präsentieren?

Verträge
Verträge für die Interpret/innen.

Mehr Verträge
Legalitäten für Urheber (Komponisten/Texter) und Labels

Einleitend ist zu diesen Musikverträgen zu sagen, dass es in Österreich kein ausgeprägtes Urhebervertragsrecht gibt, welches die meist schwächere Verhandlungsposition der Musikschaffenden gegenüber ihren Vertragspartnern ausgleichen könnte – wie es etwa das Mietrecht tut. Es gibt also keine Vorschriften über die möglichen Abmachungen in den Verträgen (mit der Ausnahme, dass sie nicht „sittenwidrig“ sein dürfen und sich an bestehende Gesetze halten müssen) und auch keine Vorgaben, dass die Verträge klar und einfach verständlich formuliert sein müssen. In den Musterverträgen des mica haben wir darauf geachtet und auch auf Ausgewogenheit hinsichtlich der Leistungen und Vereinbarungen wurde Wert gelegt (nähere Erläuterungen zu diesen Musterverträgen hier).

Die in diesem Artikel genannten "üblichen" Konditionen sollen als Anhaltspunkt für Verhandlungen verstanden werden, um ein gewisses Gefühl dafür zu bekommen, wie der Vertrag einzuschätzen ist, der einem vorgelegt wurde. Es gibt aber kein Anrecht auf diese Konditionen. Um eine wirklich seriöse Einschätzung abzugeben, welche Konditionen in welchem Vertrag realistisch sind, wäre die Kenntnis vieler verschiedener Faktoren notwendig. Es kann also auch sein, dass es begründet ist, warum einzelne der mir angebotenen Konditionen stark von den hier angeführten abweichen (etwa einen extrem hohen Aufwand eines Labels für Promotion oder eine sehr teure Aufmachung eines Tonträgers).

Das mica bietet kostenlos persönliche Beratungsgespräche an, in denen von auf diesem Gebiet erfahrenen Anwälten Verträge genau erklärt werden. Die wichtigsten Punkte aus Sicht der Musiker sind eigentlich immer: Welche Beteiligung erhalte ich, was macht mein Vertragspartner für mich und wie lange bin ich gebunden.

Als Interpret werde ich am häufigsten mit folgenden Verträgen zu tun haben:

Bandvertrag

(zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Band)

Nicht zu verwechseln mit dem Bandübernahmevertrag, bei dem es um Tonaufnahmen (Bänder) geht. Dieser Vertrag dient dazu, innerhalb einer Band zu klären, wie man finanzielle Dinge regelt, was passiert, wenn ein Mitglied aus der Band aussteigt etc. Der wichtigste Punkt ist eigentlich, was mit dem Bandnamen geschehen soll, wenn ein Bandmitglied ausscheidet. Natürlich glaubt jede Band, dass sie so eine Vereinbarung niemals brauchen wird, weil ja alle so gute Freunde sind, aus der Praxis gibt es aber viele Fälle, bei denen mühsame und teils kostenintensive (Rechts-)Streitigkeiten zu vermeiden gewesen wären, hätte es einen solchen Vertrag gegeben. Solange man sich gut verträgt, findet man einfacher zu Regelungen, mit denen alle einverstanden sind.

Wahrnehmungsvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft

(zwischen einem Musiker und der für Interpreten zuständigen Wahrnehmungsgesellschaft, in Österreich der LSG)

Hier ist der Wahrnehmungsvertrag der LSG-Interpreten zu finden, momentan ist allerdings gerade ein neuer Vertrag in Arbeit. Wenn man beschließt, die LSG mit der Wahrnehmung bestimmter Rechte als Interpret zu beauftragen, muss man sich über den Vertrag keine allzu großen Gedanken machen, da er ohnehin nicht verhandelbar ist.
Mehr Informationen über die Aufgaben von Verwertungsgesellschaften finden sich in Teil 3 und Teil 4 dieser Serie.

kylemac CC

Labelverträge

(zwischen einer Band (einem Solo-Musiker) und einem Plattenlabel)

In so einem Vertrag übertragen die Musiker die Rechte an von ihr hergestellten Tonaufnahmen (dem Masterband) sowie etwaigen Texten, Fotos, Logos etc. an ein Label zur umfassenden Verwertung, also der Herstellung von Tonträgern, der Verwertung im Rahmen von Compilations, der Verwertung der Aufnahme in Film, Computerspielen oder Werbung etc.

In diesem Vertrag wird die Herstellung von Tonaufnahmen mit dem Künstler und deren umfassende Verwertung durch das Label geregelt.
Mehr Infos zur Unterscheidung dieser beiden Vertragsformen und zu den einzelnen Vertragspunkten in Labelverträgen findet man hier unter Deals mit Labels

Konzertverträge

(zwischen einer Band (einem Solo-Musiker) oder deren Booking-Agentur und einem Veranstalter)

Ausführlichere Infos zu den einzelnen Vertragspunkten in Konzertverträgen findet man hier unter Gebucht werden - Deals mit Veranstaltern.

Konzertagenturvertrag

(zwischen einer Band (einem Solo-Musiker) und einer Booking-Agentur)

Darin wird geregelt, zu welchen Bedingungen eine Agentur eine Band zwecks Planung, Koordinierung und Vermittlung von Konzerten vertreten soll. Entscheidende Punkte sind Exklusivität (oder nicht), das Gebiet, in dem die Agentur tätig werden soll/darf, die Vergütung der Agentur (in der Regel 15-25% der Nettogagen) und die Vertragsdauer.

Managementvertrag

(zwischen einer Band (einem Solo-Musiker) und einem Management)

Ein Manager kümmert sich um sämtliche Bereiche der geschäftlichen Tätigkeit einer Band. Das reicht von Vertragsverhandlungen oder Abschlüssen, Werbemaßnahmen und Buchen von Konzerten bis zu Kontoführung und steuerlichen Belangen. Wichtige Punkte sind: darf der Manager nur Vertragsverhandlungen führen oder auch Verträge abschließen? Wie hoch ist seine Beteiligung (meist ca. 20%) und an welchen Einkünften wird er beteiligt? Hier gilt es etwa zu beachten, ob Einkünfte aus Urhebertantiemen auch berücksichtigt werden oder Einnahmen aus Tonträgerverkäufen, die vor Abschluss des Managementvertrages aufgenommen wurden oder Konzerten, die davor vereinbart wurden. In manchen Verträgen sind auch Honorare für den Manager nach Vertragsende vorgesehen – wenn überhaupt, ist das für noch vom Management vermittelte Konzerte denkbar, eine generelle Beteiligung, manchmal über Jahre vorgesehen, sollte man vermeiden. Natürlich ist auch die Vertragsdauer ein wichtiger Punkt.

Vertrag mit einem Produzenten

(zwischen einer Band (einem Solo-Musiker) und einem Produzenten)

Auch hier kommt ein Künstlervertrag zur Anwendung (wie zwischen Label und Artist), in dem die Herstellung von Tonaufnahmen mit dem Künstler und deren umfassende Verwertung geregelt ist, nur dass diesmal der Produzent die Rechte übertragen bekommt, der sie dann seinerseits meist einem Label überträgt. Die wichtigsten Punkte: wie viele Aufnahmen sind in welchem Zeitraum herzustellen, wer trägt dafür die Kosten? Umsatzbeteiligung (bei Künstlerverträgen üblicherweise 6-12% vom HAP, dem Netto-Handelsabgabepreis, also dem Preis, den ein Shop an den Vertrieb zahlt) und etwaige Vorauszahlungen, Vertragsdauer (empfehlenswert nicht länger als 2-3 Jahre inklusive aller Optionen, üblich 2-10 Jahre) und persönlichen Exklusivität. Mit letzterem ist gemeint, dass der Künstler während der Vertragsdauer nur dem Produzenten für Aufnahmen zur Verfügung stehen darf. Davon können aber einzelne Projekte, Arbeit als Studiomusiker oder ähnliches ausgenommen werden.

Merchandisevertrag

(zwischen einer Band (einem Solo-Musiker) und einem Lizenznehmer – das kann z.B. ein Label sein oder eine Merchandising Firma.)

Wichtige Punkte: welche Produkte dürfen hergestellt werden und in welchem Vertriebsgebiet bekommt der Lizenzpartner die Rechte? Vertragsdauer und Beteiligungsmodell (üblich ist hier, dass die Band einen Anteil am Nettoumsatz von 20-50% erhält).

Endorsementvertrag

(zwischen einem Musiker und einem Unternehmen, meist einem Instrumentenhersteller)

In einem solchen Vertrag wird geregelt, in welchem Ausmaß sich ein Musiker zur Bewerbung eines Produkts oder einer Produktpalette einer Firma zu Verfügung stellt. Also etwa für öffentliche Auftritte, Autogrammstunden, Fotosessions etc., in denen Gitarren oder Drums präsentiert werden. Neben Vergütung (meist einmalige Zahlung + Instrumente) und Vertragsdauer ist auch hier die Frage der Exklusivität ein wichtiges Thema – man darf dann im Vertragszeitraum in der Öffentlichkeit ausschließlich Produkte dieser Firma zum Musizieren verwenden.

Künstlerquittung

(zwischen einem Musiker und einem Produzenten oder einer Band)

Diese Vereinbarung ist für Studiomusiker gedacht, die an Aufnahmen mitwirken, aber nicht Bandmitglieder sind. Die Musiker übertragen darin ihre Leistungsschutz- und Verwertungsrechte an der Aufnahme an die Band, an deren Aufnahmen sie mitgewirkt haben, oder an deren Produzenten. Diese brauchen diese Rechte, damit sie die Aufnahmen dann an Dritte zur Verwertung weitergeben können (Labels, Filmproduzenten etc.) ohne jedes Mal das Einverständnis aller an der Aufnahme mitwirkenden Musiker einzuholen. Diese werden dafür meist mit einem einmaligen Honorar vergütet.

Multiple Rights Deals

In vielen Fällen werden Künstlern heutzutage so genannte "multiple rights deals“ (der Begriff 360° Deal ist etwas aus der Mode gekommen, weil negativ konnotiert) angeboten. In diesen Verträgen werden neben der Verwertung von Aufnahmen auch Vereinbarungen über Beteiligungen an Umsätzen aus z.B. Konzerten, Werbeeinnahmen, Merchandise-Verkäufen etc. getroffen. Das liegt daran, dass mit Tonträgerverkäufen nicht mehr so viel Geld zu machen ist wie früher – oft nicht mal genug, um die Produktions- und Marketingkosten einzuspielen. Für Künstler ist entscheidend, ob diesen Beteiligungen auch entsprechende Leistungen gegenüber stehen (dann kann es auch durchaus Vorteile haben, wenn eine Firma mehrere Bereiche abdeckt) oder ob die Plattenfirmen nur bei den Einnahmen der Künstler mitschneiden wollen, ohne dafür wirklich etwas zu tun.

Mehr Verträge und Informationen für Komponisten, Textautoren und Labels gibt es in der letzten Folge der Serie Musik/Praxis nächsten Freitag!