Erstellt am: 9. 3. 2012 - 18:27 Uhr
"Willich verkaufen meine Niere"
Galiani Verlag
Darum geht es in "Tod sei Dank":
Georgie und Kay sind mitten in der Pubertät und nierenkrank. Daddy Will, gescheiterter Filmemacher, kümmert sich aufopfernd um seine Zwillingstöchter. Weil er dabei einigermaßen weinerlich vorgeht, kommt es öfters zum Streit. Dabei hat's der arme Will nicht leicht: Seit ihm vor dreizehn Jahren die heroinsüchtige Frau davongelaufen ist, hängt er in einer Dauerschleife aus Selbstmitleid (verabsäumte Karriere als weltbewegender Künstler) und Resignation (verhasster Job in der elterlichen Firma und die kläglichen Versuche, zwei passende Nieren für seine Töchter aufzutreiben): Will googlet "Spenderniere" und "Philippinen" und "Slum". Will bettelt seine Eltern an. Will glaubt ernsthaft, der Bankberater würde eine dritte Hypothek bewilligen.
Mit dem Titel fängt´s an (obwohl das eh immer so ist). Der ist so jämmerlich übersetzt, wie fast alle Filme im Kino. Überhaupt hat das Buch ziemlich viele Nachteile. Öfter möchte ich innerlich aufschreien, wenn die Autorin mit "Bruce Willis"-Floskeln um sich schmeißt. Ungefähr so notwendig, wie während einer Führerscheinprüfung mit dem Fahrlehrer über gendergerechte Sprache zu diskutieren.
Minus
Mehrfacher "Bruce Willis"-Alarm: "So eine Scheiße, nicht mal gebackene Bohnen konnte er aufwärmen.", "Die Drecksschlampe. Hat unseren Stoff geklaut", "Ihre Wut verwandelte sich in zügellose Wut" und so weiter. Klingt furchtbar, ist es auch, aber halt auch blöd übersetzt.
"Rosamunde Pilcher"-Attacken: "Er ist ein gebrochener Mensch. Einsam", "Ich berührte die Wörter, die sie geschrieben hatte. Sie hatte diese Karte auch berührt, meine Mama", "Wie die Tochter, so die Mutter" etc. Da muss man wirklich gelassen drüber hinweglesen.
Plus
Helen FitzGerald hat überhaupt keinen Genierer. Ihre Figuren sind grauslich-gemein, lustig-gemein und gemeingefährlich:
Ich habe jetzt einen weiteren Kurs in Opfereinfühlung abgeschlossen, und mir ist klar geworden, dass der Sozialarbeiter große Angst gehabt haben muss, als ich ihn in eine Decke wickelte.
Alfred lutschte mich erst aus, dann spritzte er mich voll, und das würde er so lange tun, bis ich oder jemand anders stürbe - ein ganz spezieller anderer, der auch so eine limitierte Gucci-Taschen-Niere wie ich hatte.
"Wie heißt du nochmal?", fragte sie den Mann. "Peter", sagte er. "Aber meine Freunde nennen mich Peter."
Wer jetzt am Ende welche Niere von wem bekommt, welcher Spender passt, ob der hochbegabte, aber hormonell interessant gepolte Privatdetektiv bei einem der Zwillinge sein Glück findet, oder Daddy erfolgreich bei seiner Hausfrau landen kann, ist am Ende egal, denn hier ist eindeutig der Weg das Ziel.
"Tod sei Dank" ist in einer Übersetzung von Steffen Jacobs im Galiani Verlag erschienen.
"Hallo,"
mein Name ist Anum
binich 21 Jahr,von gute Gesundheit, habe nix Krangkeit, binnich aus ägypten.
Blut Gruppe A
87 KG
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(Auf diese Anzeige stößt jedenfalls der verzweifelte Will Marion [er hat mal eine ähnliche aufgegeben, die beginnt mit "Doppelbuggy zu verkaufen"].)
Bei allen stilistischen Verfehlungen und Schwulst-Anflügen: die erfrischende Unverfrorenheit der Autorin hat mich immer weiter lesen lassen. Wollte wissen, was auf der Pro/Contra-Liste von Will steht (Welcher Tochter soll er seine Niere geben?). Wissen, ob Cynthia, Mutter und Heroinwrack in komischer Personalunion, wohl gleich oder erst in drei Jahren an Leberzirrhose stirbt. Ob Wills haarsträubender Notfallplan aufgeht.
- Gestern war übrigens Weltnierentag.
Die Bank! Was glaubte er denn, was die sagen würden? "Aber ja, bitte sehr, o arbeitsloser Alleinerzieher! Und jetzt schnell auf den Schwarzmarkt für Organhandel!"
Ich weiß nicht, als hätten sich Sibylle Berg und Harald Schmidt einen Abend lang vor Skins gesetzt, "Girl, Interrupted" und "Trainspotting" aus der Hausbar geholt und miteinander eine Gute-Nacht-Geschichte in Schrift gesetzt.