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7. 3. 2012 - 16:50

Nicht genügend, lebenslänglich

Weder der Minister, noch die ÖH und am allerwenigsten die Studierenden wollen die StEOP. Trotzdem werden seit 2011 Erstsemestrige lebenslang für ein Studium gesperrt, wenn sie die Eingangsprüfungen nicht bestehen.

Im März 2011 beschloss der Nationalrat die Einführung einer neuen Studieneingangs- und Orientierungsphase, kurz StEOP. Sie verändert die Studienpläne des ersten Semsters jener Studienrichtungen, die keine Zugangsbeschränkung haben.

Anhand neuer Prüfungen mit jeweils zwei Antrittsmöglichkeiten soll festgestellt werden, ob Studierende für das jeweilige Studium geeignet sind. Wer die Studieneingangs- und Orientierungsphase nicht besteht, ist lebenslang für das Studium gesperrt. Studierendenvertreter kritisierten schon bei der Einführung, dass die SteOP das erste Semster zur reinen Knockout-Phase machen würde. Ein Jahr später liegt ein erster Evaluierungsbericht vor.

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2300 Erstsemestrige haben sich an „STEOPWATCH“ beteiligt, einer Umfrage der Österreichischen Hochschülerschaft. Wichtigstes Ergebis für ÖH-Vorsitzende Angelika Gruber: 70% der Studierenden finden, dass die StEOP keineswegs der Orientierung im Studium dient. Noch mehr Erstsemestrige kritisieren den Prüfungsmodus: "80% der befragten Studierenden haben angegeben, dass sie mittels Multiple-Choice-Prüfungen abgeprüft bzw. rausgeprüft worden sind", so Gruber. "Zumindest kann man sagen, dass man nach der StEOP das System des Kreuzerltests gut beherrscht."

Esel oder Eule?

Berühmtheit hat etwa die sogenannte "Eselsfrage" erlangt: Sie wurde bei einer Eingangsprüfung im Pädagogik-Studium gestellt und lautete: "Welches Tier ist symbolhaft für den Unterricht?" Als mögliche Antworten standen Esel, Eule, Tiger und Katze zur Auswahl. Für Wolfgang Weigel vom Verband der Universitätslehrerinnen und -lehrer ein Beispiel für eine problematische Art der Fragestellung: "Zu sagen, es gäbe nur eine richtige Antwort, ist in so einem Fall verfänglich. Eine offene Antwort kann nur dann erwartet werden, wenn eine Begründung folgt. Wenn man sagen kann: Ich sage Eule, weil..." Im Test für die Erstsemestrigen des Pädagogikstudiums war "Eule" jedenfalls die falsche Antwort. Der Esel repräsentiere den Unterricht, weil man unaufmerksamen Kindern in Schulklassen lange Zeit die "Eselsmütze" aufsetzte - so wurde das in der Vorlesung gelehrt.

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Weigel verteidigt dabei die zuständige Lehrende, auch sie sei ein Opfer des Systems. Mit den Studierendenvertretern solidarisiert sich der Presse-Referent des UniversitätslehrerInnen-Verbands ebenfalls. "Wir sind ja die Bösen, die diese Prüfungen dann durchführen müssen. Aber wir sehen das, was hier geschieht, nicht als funktional angemessenes Modell an."

Die Kombination aus Pädagogik- und Lehramts-Studien stellt überhaupt einen Sonderfall dar und zeigt eines der gravierendsten Probleme mit der StEOP. Stefan Kastel etwa studierte Lehramt Deutsch, Lehramt Geschichte und Pädagogik. Die Studieneingangsphasen der ersten beiden Fächer bestand er, die dritte verhaute er beide mal. Jetzt ist er für alle Lehramts-Studien an der Universität Wien gesperrt – lebenslang. Kastl engagiert sich bei der Initiative "Steop=Stop" – und hat das Studium gewechselt. Die ÖH kritisiert, dass die Träume von Studierenden, sich in ihren Interessensgebieten zu bilden und in diesen zu arbeiten, zerplatzen.

Ein Semester aufgrund einer verhauten Eingangsprüfung zu verlieren, kann aber auch den Verlust von Stipendium oder Familienbeihilfe bedeuten, weil man die in diesem Semester erforderlichen ECTS-Punkte dann vielleicht nicht erhält.

Problematisch ist für ÖH-Vorsitzende Janine Wulz außerdem die Verknüpfung der Studiengeingangsphase mit Visa: "Studierende aus Drittstaaten haben ein Studierenden-Visum. Dieses ist ganz spezifisch für ein Studium ausgestellt. Wenn sie in diesem Studium die StEOP nicht bestehen – schließlich gibt es nur eine Prüfungswiederholung – dann bedeutet das unter Umständen, dass sie ihr Visum verlieren."

Alles in allem würde die StEOP nicht der Orientierung dienen, so Wulz, sondern sei eine Zugangsbeschränkung.

Keiner will sie

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Auch Wissenschaftsminister Karl-Heinz Töchterle teilt die Kritik der Studierenden an der StEOP, zieht aber andere Schlussfolgerungen. Der Minister sieht sich bestärkt in seiner Forderung nach neuen Zugangsregelungen: "Dann brauche ich diese Studieneingangsphase nicht für etwas anderes zu missbrauchen als dafür, wofür sie gedacht ist. Sondern ich kann wirklich informieren."

Die ÖH fordert eine prüfungsfreie Orientierungsphase, in der das Studium und auch die Berufsmöglichkeiten nach dem Studium vorgestellt werden. Marginale Verbesserungen wären für die ÖH zumindest eine Aufhebung der lebenslangen Sperren, eine Wiederherstellung des Rechts auf zumindest drei Prüfungswiederholungen, eine Anpassung des Studien-Beihilfesystems und eine Offenlegung der Daten zur StEOP seitens der Universitäten für weitere Evaluierungsschritte.