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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

7. 3. 2012 - 10:52

Doppelter Feiertag

Morgen ist der 8. März. Der internationale Frauentag. Außerdem ist der 8. März auch mein Geburtstag.

In der Grundschule wurde ich von meinen Mitschülern ständig verarscht, dass ich einen doppelten Grund zum Feiern habe. "Das ist ja auch die Wahrheit", sagte ich mit fester Stimme ohne zuzulassen, dass jemand meine männliche Würde verletzt. "Meine Mutter hat nämlich auch heute Geburtstag!"

Sie behauptet übrigens, dass der achte März gleichzeitig der glücklichste und der traurigste Tag in ihrem Leben war. Der glücklichste, weil sie als Geschenk ihren ersten Sohn bekommen hat, und der traurigste, weil sich ab dann keiner mehr erinnern wird, dass sie auch an diesem Tag geboren ist.

Torte

flickr.com/melissaheckyeah

Während man in Österreich am achten März die Emanzipation und die Gleichstellung der Frauen im politischen und gesellschaftlichen Leben gefeiert wird, erwarten in Bulgarien die Frauen meistens Geschenke von den Männern. Und für die Männer ist der Feiertag, genannt auch "der Tag der Kollegin", meistens einen Grund sich zu besaufen.

Mein Geburtstag bietet ihnen eine gute Gelegenheit dazu. Ich erinnere mich, wie ich meinen zwanzigsten Geburtstag in Sofia gefeiert habe. Ich hatte viele Gäste. Mein Vater beobachtete mit Schrecken vom Fenster des Kellers, wo er mit dem Hund "Fräulein" saß, um die Party nicht zu stören, wie immer mehr betrunkene Jugendliche unser Haus erfüllten. Und die Party war im vollen Gange: während einer der Gäste sich auf dem in einem Blumentopf eingepflanzten Rosmarin übergab, ein anderer Hühnchen mit Erbsen und Waschmittel kochte und ein dritter sich amüsierte, in dem er seine Zigarettenkippen im Kopf einer Plüsch-Giraffe löschte. Der Rosmarin ging ein, ich habe nie wieder eine Party gemacht.

Als ich nach Wien kam, feierte ich meinen Geburtstag für einige Jahre nicht mehr. Ich kannte niemanden, der mir so nah stand, um ihn mit Freude anzuschauen, wie er auf meinen Rosmarin kotzt. Nach einigen Jahren kannte ich genug Leuten, um eine Party in meiner Wohnung, die unter meinen bulgarischen Freunden als der "Han" bekannt war (sowohl Hinweis auf die U-Bahn Station Handelskai als auch das bulgarische Wort "Han", das "Kneipe, Gasthaus" bedeutet) zu feiern. Ich schrieb eine Einladung im Facebook : "Kommt zu mir nach Hause, ich mache eine Party, aber bringt euren Rosmarin mit". Es kamen 42 Leute. Keiner hat Rosmarin mitgebracht.

Seitdem mache ich keine Partys mehr, um meinen Geburtstag am 8.März zu feiern. Deshalb sollt ihr das hier auch nicht als eine Einladung verstehen. Ich bin beim Geburtstag von meiner Mutter.