Erstellt am: 2. 3. 2012 - 15:05 Uhr
Musik/Praxis: Selbstvermarktung
Wie kann ich mich bzw. meine Band gut präsentieren – gegenüber Medien, Veranstaltern oder zukünftigen Partnern wie Labeln, Managern oder Booking-Agenturen? Und wie kann ich mein Publikum direkt erreichen?
Musik/Praxis
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Legalitäten für Urheber (Komponisten/Texter) und Labels
In einem Posting zu einem Artikel dieser Serie wurde die Meinung vertreten, eine gute aufbereitete Präsentation mit guten Info-Texten sei eigentlich zu vernachlässigen. Wenn die Qualität der Musik stimme, dann sei die Form der Präsentation nebensächlich. Nun, dem ist sicherlich in einem Umkehrschluss zuzustimmen: wenn die Qualität der Musik nicht stimmt, nützt auch die beste Präsentation nichts. Aber: fast alle Journalisten, Label und Veranstalter bekommen derart viele Anfragen, dass sie sich nicht die Zeit nehmen (können), sich ausreichend mit jedem E-Mail oder Päckchen zu beschäftigen.
Sie entscheiden daher oftmals schon in einer Vorauswahl, mit welchen Themen sie sich ernsthaft auseinandersetzen wollen. Diese Auswahl wird meist rasch und intuitiv getroffen und dafür ist oft nur der erste Eindruck, der vermittelt wird, entscheidend. Die beste Musik nützt einem also nichts, wenn sie gar nicht entdeckt werden kann, weil das geschickte Demo oder E-Mail nicht mal angesehen und angehört wird.
Es ist daher sinnvoll, Zeit in die Form und Gestaltung einer Pressemappe oder einer elektronischen Präsentation zu investieren. Das gilt beim Verschicken eines physischen Tonträgers sowohl für das Cover (mit Filzstift beschriftete CD-Rohlinge sind nicht das Non-Plus-Ultra), als auch für die beigelegten Infomaterialien.
Beim Verschicken von E-Mails wiederum ist es wichtig, einen vernünftiges Betreff zu wählen und einen gut funktionierenden Sound-Link (etwa zu SoundCloud) und Video-Link (Vimeo, YouTube etc.) zu wählen und ja keine Musik- oder Videodateien im Mail mitzuschicken. Klingt vielleicht unrealistisch, wir hier bei mica bekommen aber sehr regelmäßig Mails mit 20MB+ Files als Attachement geschickt (sofern die Mails ob ihrer astronomischen Größe nicht bereits bei irgendeinem Server steckenbleiben).
Was möchte ich vermitteln?
Zunächst sollte man sich aber mal klar machen, welche Inhalte man vermitteln möchte und wen man damit ansprechen will. Dann kann man sich Gedanken machen, welche Form man dafür verwenden möchte. Für eine Förderstelle sollte das möglicherweise anders aussehen als für einen hippen Musikblog.
Zum Inhalt: eine Präsentation/Pressemappe als Musikschaffender sollte niemals einem üblichen Bewerbungsschreiben inkl. CV gleichen. Die Infotexte sollten kompakt und möglichst gut geschrieben sein, schließlich werden diese von Journalisten oder Veranstaltern oftmals für deren Texte weiterverwendet.
Inhalte, die relevant sein könnten:
Musikalische Ausbildung (nicht in allen Genres und nur in relevantem Ausmaß. Keiner möchte vom Blockflötenkurs in der Volkschule lesen…)
Bisheriger musikalischer Werdegang, Bands, Projekte, Veröffentlichungen, wichtige Auftritte etc.
Musikalische Ziele. Es macht z.B. für eine angeschriebene Booking-Agentur einen Unterschied, ob jemand plant, von der eigenen Musik leben zu können oder ob er nur hobbymäßig tätig sein möchte.
Beschreibung der Musik in Worten. Ein ganz heikler Punkt. Ganz ohne geht ja wohl nicht gut, aber sowohl gehen versuchte literarische Ergüsse schon öfter mal in die Hose, wie auch allzu hochtrabende Vergleiche meist die beabsichtigte Wirkung verfehlen. Wer will schon „sounds like Radiohead“ oder dergleichen lesen, außer es stimmt wirklich (wobei man sich dann wohl die Frage nach der Originalität gefallen lassen muss).
Generell ist das mit witzig gemeinten Texten ist das so eine Sache. Das kommt nicht immer gut. Weniger falsch machen kann man mit sachlichen Stilbeschreibungen – sofern man nicht, was viele Bands gerne tun – möglichst viele unterschiedliche Stile aufzählt, aus denen man vorgibt, etwas völlig neues zu erschaffen. Am besten wäre natürlich ein wirklich gut geschriebener Text. Dieser sollte die Entscheidung, ob und wie intensiv reingehört wird, positiv beeinflussen, also neugierig machen auf die Musik.
Tausende Bands suchen Labels, tausende Musiker suchen Auftrittsmöglichkeiten – warum sollte gerade meine Band genommen werden? Antworten darauf - also Alleinstellungsmerkmale - suchen und im Text hervorheben.
Kontaktdaten und weiterführende Links nicht vergessen!
Künstlerfotos sollten nicht fehlen. Und auch hier gilt: besser mehr Zeit investieren und gute Fotos machen, die Botschaft und Image unterstützen. Beliebige Urlaubsfotos erfüllen diesen Zweck eher selten. Bei Schreiben an Journalisten sollte deutlich der Hinweis angebracht werden, dass der Abdruck der Fotos kostenfrei ist, da Zeitungen/Zeitschriften für den Abdruck von Fotos unbekannterer Bands keine Rechte abgelten wollen (für diesen Hinweis muss man natürlich aber auch der Rechteinhaber sein oder dessen Einverständnis haben).
Namedropping: wenn man schon mit renommierten Künstlern, Ensembles, Labels etc. gearbeitet hat, sollte man das unbedingt erwähnen. Auch Auftritte/Aufführungen bei bekannten Festivals oder als Vorgruppe von bekannten Acts können hilfreich sein. Aber besser keine langen Aufzählungen von Personen, die dem Adressaten vermutlich unbekannt sein werden.
Presseclippings (Konzertankündigungen und -kritiken, Reviews, Portraits etc.) oder auch Zitate bekannter Journalisten oder Musiker sollten, sofern vorhanden, verwendet werden.
Ein persönliches Anschreiben, welches erläutert, warum ich mich gerade an diese Person wende, kann helfen. Man sollte nicht den Eindruck hinterlassen, es handelt sich um eine Massen-Aussendung, die z.B. an alle heimischen Medien, Labels etc. gegangen ist. Wichtig hierbei: auf die richtige Schreibweise der Ansprechpartnerin bzw. des Ansprechpartners achten!
Videos werden immer wichtiger. Falls es einen vernünftigen Live-Mitschnitt oder einen guten Video-Clip gibt, ist das vermutlich das erste, was sich Booker und Journalisten ansehen. Ein gutes Video muss nicht unbedingt teuer sein, Kreativität ist das entscheidende.
Electronic Press Kit (EPK)
Ein EPK ist eine elektronische Pressmappe, ursprünglich meist in Form eines Ordners mit Musik, Fotos, Cover, Bio, Pressetext etc., es gibt auch Videos, in denen z.B. Bands über ihr neues Album reden, die dann als EPK bezeichnet werden. Die zeitgemäße Variante des EPKs ist eine gut aufbereitete Website, auf der Foto-Galleries, Video-Channels, Songs (oftmals auch zum Download), Presseinfos, Statistiken usw. angeboten werden. Online Services wie z.B. Reverbnation oder Sonicbids bieten Tools zur Erstellung eines solchen EPKs zu recht vernünftigen Preisen an.
Welche Form der Präsentation auch immer gewählt wird – eines bleibt gleich. Persönliche Kontakte sind durch nichts zu ersetzen. So toll kann mein EPK gar nicht sein, dass es – sofern mein persönliches Auftreten nicht dagegen arbeitet – nicht noch vielversprechender wäre, wenn ich einem Booker, Label, oder Journalisten in einem persönlichen Gespräch von meinem Projekt begeistern kann. Den tollen EPK kann ich dann noch immer nachschicken.
Gute Kontakte sind unbezahlbar und müssen behutsam aufgebaut und gepflegt werden. Man sollte daher auch allzu hartnäckiges oder lästiges Auftreten vermeiden und muss auch akzeptieren, wenn es Leute gibt, die nichts mit einem Projekt anfangen können – vielleicht gefällt ihnen ja mein nächstes Album besser.
Vorher recherchieren und Nachbearbeiten
Um unnötige Frustration und sinnlose Versandkosten zu vermeiden, ist es sinnvoll, gut zu recherchieren, an wen man seine Infos schicken möchte. Auf vielen Label-Seiten wird etwa schon vorab klargestellt, dass keinerlei Interesse an Demos oder ähnlichem besteht. Im Veranstaltungsbereich ist es auch gut möglich, vorab rauszufinden, ob man überhaupt in die Location passen würde oder nicht.
Ganz wichtig ist auch, einige Tage nach dem Verschicken nachzufragen, ob das Paket oder E-Mail angekommen ist und vielleicht schon Zeit gefunden wurde, reinzuhören oder die Infos durchzusehen. Wichtig dabei ist, dass man nicht gleich am ersten Tag nach dem Zustellung der Sendung anruft oder schreibt, und auch nach dem ersten Mail oder Gespräch nicht gleich jeden zweiten Tag wieder nachfragt, das könnte als ungeduldig oder gar lästig empfunden werden.
Wie kann ich mein Publikum direkt erreichen?
Es gibt tausende neue Bands jedes Jahr, zigtausende Tonträger erscheinen, fast alle Acts wollen regelmäßig live spielen. Ohne gezielte Promotion ist es unmöglich, sich entsprechend zu positionieren und Sichtbarkeit zu erlangen.
Das Internet bietet Musikschaffenden und Labels dahingehend eine Vielzahl an Möglichkeiten. Da der Bedarf an Aufklärung über die Bedeutung und die Möglichkeiten sozialer Netzwerke wie Facebook, YouTube oder Twitter vermutlich gering sein wird, dazu nur in aller Kürze: keine Frage, ganz wichtig. Der Aufbau eines effektiven Channels dauert eine Weile und erfordert einiges an Zeit und Energie. Unbedingt sollte man alle verfügbaren Daten sammeln, wen man wo erreicht, das kann wertvolle Aufschlüsse für Entscheidungen geben, in welche Märkte man investieren möchte, wo man im Rahmen einer Tournee spielen sollte etc.
Newsletter sind auch in Zeiten von Facebook & Co weiterhin das effizienteste Mittel, um Fans über seine Vorhaben zu informieren!
Channels in sozialen Netzwerken ersetzen keine gute Artist-Website. Eine schön gestaltete Website bzw. ein Blog ist mit relativ geringem Aufwand sogar völlig kostenlos zu erstellen, z.B. bei Wordpress oder Googles Blogspot. Neben diesen hinlänglich bekannten Online Promo Tools gibt es eine Reihe von zielgerichteten Services für Musikschaffende, oftmals als „Direct To Fan Marketing Services“ bezeichnet.
„Direct To Fan Marketing Services“ sind Plattformen, auf denen Bands oder Labels vorgefertigte Marketing-, Promotion- oder Verkaufstools nutzen können. Darunter z.B.
- Artist-Websites
- Music-Player
- digitaler Vertrieb oder direkter Download auf der Artist-Site
- CD oder DVD Herstellung & Verkauf
- Merchandise- Herstellung und Verkauf (T-Shirts, etc.)
- Ticketing für Konzerte
- Newsletter
- EPKs
- Statistik-Tools
Manche Anbieter bieten eine Vielzahl dieser Services an, andere sind auf einzelne Dienstleistungen spezialisiert, lassen sich aber auch gut mit anderen Services kombinieren. Die Angebote sind wirklich vielfältig und es entstehen laufend neue Services. Einige dieser Direct To Fan – Tools sind wirklich gut gemacht, ersparen eine Menge Arbeit und sind auch für kleinere Bands leistbar.
Die Geschäfts- und Abrechnungsmodelle sind allerdings sehr unterschiedlich. Man sollte sich etwas Zeit für die Recherche der verschiedenen Services nehmen, überlegen, welche der Angebote man wirklich nutzen würde und was einem das kosten würde. Als Entscheidungshilfe seien diese ausführlichen Artikel empfohlen, in denen die Angebote der drei derzeit gefragtesten Services (Bandcamp, Reverbnation und Topspin) genau erklärt und verglichen werden:
Nächste Woche beschäftigt sich die Serie Musik/Praxis beschäftigt dann mit Musikverträgen.