Erstellt am: 2. 3. 2012 - 10:28 Uhr
Something for the Weekend
Freitag
Bald wird hier ein Server implodieren. Was kommendes Wochenende schon wieder an Großartigem, kulturell Relevantem und vor allem Vielem durch die DJ-Kabinen und über die behelfsmäßig installierten Bühnen turnt - da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt.

Market
Man könnte den Freitag beispielsweise mit einer geschmackvollen Album-Präsentation anklingen lassen: Das österreichische Duo Konea Ra stellt im Market seinen Debüt-Longplayer namens "Pray For Sun" vor. Das schöne Stück wird von Vienna Wildstyle Recordings veröffentlicht, zu hören gibt's darauf die geschmeidig etablierte und eingegroovte Zusammenarbeit von Sängerin Zamagna und Produzent Mangara. Es handelt sich hier um eine elegant swingende elektronische Pop-Musik, die schon so einiges von Jazz und den angenehmen Seiten von TripHop gehört haben dürfte, sauber ausbalanciert und zusammengebaut an analogem Synthesizer-Park, Digital-Magie, Drum-Machines und diversen Saxophonen. Damit das alles nicht gar zu wunderbar ölig flutscht und honiggleich in die Gehörgänge spritzt, darf die ganze Angelegenheit da und dort auch ein wenig holpern und poltern und in den Gelenken quietschen. Eine Empfehlung, eventuell möchte man im Vorfeld - noch einmal - die Single "Ping Pong" auschecken - die kommt neben dem Original auch mit Remixen von u.a. Dirty Delgado und Ken Hayakwa.

Ragnar Schmuck
Techno-technisch einem Irrsinn gleich überspannt geht die Freitag Nacht weiter. In der Grellen Forelle beispielsweise steht Sascha Funke an den Geräten. Ein rundum guter Mann mit Schnurrbart, langjähriger Teil der Berliner Bande von BPitch-Control, mit kurzen Flirts nach Köln zu KOMPAKT. Bei letztgenannten wird übrigens auch sehr bald das Debüt-Album seines neuen Projekts Saschienne erscheinen. Dazu demnächst viel mehr. Außerdem: Mango.
Als wäre das nicht genug, ist neben Sascha Funke am Freitag mit Joachim Spieth ein weiterer nicht unbekannter, im weitesten Sinne mit KOMPAKT verbandelter Mann in der Grellen Forelle zugange. Seine 12" "Abi 99" war ein früher Hit für Label und Produzenten selbst, mittlerweile betreibt er mit Affin (nicht zu verwechseln mit den Wienern von Affine) sein eigenes Label. Dort erscheint auch nächste Woche die hiermit auch gleich an alle Herzen gelegte EP namens "Sensualized" von Spieth.
Das Wichtigste aber, man kann es nicht laut genug betonen, ist John Roberts. Der längst schon in Deutschland bei den nie schlechten Geschmacksinstanzen DIAL und LAID gestrandete US-amerikanische Produzent ist nicht nur besonders schön anzusehen, sondern auch anzuhören. Der Mann macht schwelgerischen Techno und House in den Farben Schwarz-Weiß und Grau, alles summt, singt und vibriert so erhebend und hat soviel Style in der kleinen Stecktuchtasche, man möchte nur noch ausschließlich im gestärkten Hemd und den schicken Desertboots übers Parkett gleiten. Über John Roberts und sein famoses Album "Glass Eights" wurde hier und anderswo schon viel und zurecht Gutes gesagt. Am Freitag darf man in der Pratersauna wieder einmal sehen, wie der Herr performt - live nämlich - und mit der einen oder anderen neuen Nummer rechnen. Ist ja alles schon wieder eine Zeit her.

John Roberts
Samstag

Radio FM4 / Susi Ondrusova
Wer am Samstag in Graz ist, kann etwas lernen. Die Red Bull Music Academy hat nämlich Joe Goddard geladen, damit sich der mit Kollegen Heinz Reich vor Publikum darüber unterhält, wie das denn so funktioniert mit dem Musikmachen, dem Produzieren und dem Auflegen. Vor allen Dingen ist Goddard ja bekannt als der singende Brummbär der allseits beliebten Indie-Elektroniker Hot Chip, aber auch solo produziert er tiptop Musik an den Schnittstellen von 2-Step, Garage, House und Pop und hat mit seinem vergleichsweise neuen Duo The 2 Bears kürzlich erst mit der Platte "Be Strong" so ziemlich das Dance-Pop-Album des Jahres so far veröffentlicht. Über all das und einiges mehr gilt es interessante Dinge zu erfahren. Beginn: 17 Uhr, Niesenberger, Graz. Des Abends wird Goddard dann natürlich auch nicht nur theoretisch die Funktionsweisen zweier Plattenspieler untersuchen. Unterstützung dafür kommt u.a. von Captain Pressure und Doze.
Räusper, nicht nur in Graz, sondern auch in Wien ist am Samstag, ähem, ein Bär los. Im Salon des Cafe Leopolds wird von den bayrischen Bounce-Ministern Schlachthofbronx vermutlich amtlich der Floor zerlegt werden, The Loud Minority bekommt für ihre Party in der Pratersauna Besuch von u.a. Fulgeance und Jon Phonics, also geil verpeiltes Beat-Gestotter mit dreifacher Dosis Funk auf den Floor, und in der Grellen Forelle landen die vom Duo zum Trio gewachsenen My Favorite Robot aus Kanada, die durch ihre aktuelle Assoziation mit der hyper-hippen Visionquest-Posse um Seth Troxler (der selbst nicht am Start ist, damit das nicht wieder falsch verstanden wird) ziemlichen Rückenwind erfahren, aber auch sonst mit ihren deeeepen Produktionen und DJ-Sets immer zu überzeugen wissen.

Dam Mantle
Die Möglichkeit jedoch, den Samstag am prickelndsten zuzubringen, ergibt sich in der Gegend U-Bahn-Station Kettenbrückengasse an den beiden Wienzeilen. Es wollen nicht tagsüber, wie sonst immer, wurmstichige Gemälde vom Bau der Semmering-Bahn, lustige Easy-Listening-Platten und Elektro-Schrott aus Grabbelkisten gefingert und danach die eigenen Wohnungen damit zugemüllt werden, nein, vielmehr soll getanzt werden: Für diese Nacht haben Market und Morisson eine Art Allianz geschmiedet - für ein Kombiticket um laue sechs Euro gibt's Einlass in beide Clubs. Man sollte es nützen, denn das Programm ist vom Grad des Insiderwissens bei gleichzeitiger musikalischer Qualität und Unschnöseligkeit ganz weit vorne:
Zum einen werden die DJs Manuel Kim von den Münchnern von Gomma und Louh vom Zürcher Club Zukunft, der quasi die Homebase des formidablen Labels Drumpoet Community ist, mit sich sexy aus Disco, House und den Zwischenstufen speisenden Sets den Tanzboden bedienen, zum anderen werden die Londoner von GetMe! ein - wir gehen fest davon aus - großartiges Showcase in den Raum stellen: Seit gut 5 Jahren existiert GetMe! als Partyreihe, seit Mitte 2011 auch als Label. GetMe! schickt am Samstag drei junge Herren nach Wien, die man sich merken wird müssen: Den famosen DJ Lixo sowie die beiden Produzenten Dam Mantle und Graphics. Wir haben es hier mit einer agilen Bass-Musik von einem anderen Planeten zu tun, die mal so schön elastisch federnd wie beispielsweise Tracks von Rustie oder Hudson Mohawke um die Ecke grätscht, mal scheppernd und rasselnd den Ritt eines Klapprads durchs Alteisenlager akustisch nachstellt und dann wieder mit steil verpitchten Sprach-Samples und R'n'B-Aneignugen in der Nähe von richtungsweisenden Produktionen ankommt, wie sie beispielsweise Pariah und Kollege James Blake für R & S fertigen. Plus ein Touch House. Alle drei bisherigen Releases von GetMe!, sowie alles, was die Herrn auf anderen Labels sonst so treiben, sei mit Nachdruck jedem Menschen empfohlen.
Freunde, dies ist die Zukunft.