Erstellt am: 8. 3. 2012 - 14:06 Uhr
Piratenradio "Wort der Frau"
Der 8. März ist der Weltfrauentag.
Palabra de Mujer bekommt auch finanzielle Unterstützung aus Österreich. Unter anderem von kfb und Horizont3000.
Darlin spaziert mit mir durch Bocana de Paiwas, einem abgelegenen Bauerndorf im geografischen Herzen Nicaraguas. Die sattgrünen Hügel am Horizont markieren die Grenze zwischen dem wohlhabenderen Teil des Landes und den verarmten Autonomieprovinzen der Karibik. Einige Männer erinnern mich mit ihren Hüten, Stiefelsporen und Pferden ans Sonntagnachmittagsfernsehen aus Kindertagen. In diesem Winkel von Amerika ist der Wilde Westen nie untergegangen.

Klaus Brunner
Viele Bewohner begrüßen den jungen Mann mit den langen Haaren, teils freundlich teils süffisant. Alleine eine Frisur kann hier noch provozieren. Der 19-jährige ist homosexuell und moderiert eine Sendung beim Piratensender „Palabra de Mujer – Wort der Frau“. Diese Gesellschaft tickt konservativ bis patriarchal. Das schlägt sich vor allem in häuslicher Gewalt nieder, leider gehört auch sexueller Missbrauch zum Alltag vieler Mädchen und Frauen.
Die Radio-Piratinnen

Klaus Brunner
Der einzige Radiosender der Gegend war ursprünglich als Frühwarnsystem für Wirbelstürme gedacht. Doch schon nach kurzer Zeit haben engagierte Frauen das Programm gekapert. Eine offizielle Sendelizenz hat die Station bis heute nicht, obwohl sie für ihr Engagement schon internationale Medienpreise gewonnen hat. Seit zehn Jahren wird nun schon für Gleichberechtigung, politische Teilhabe und gegen Gewalt Sendung gemacht. Ein Radiogerät besitzt hier übrigens fast jeder, auch die ärmsten Haushalte. So erreicht Palabra de Mujer geschätzte 40.000 Hörer und Hörerinnen.
Schande für Schläger
Viele Männer in Mittelamerika sind nach wie vor der Meinung, dass sich eine Frau einfach nicht aufzulehnen hat. Sonst setzt es was. „Wenn Vieh verschwindet, tut die Polizei alles um die Tiere wieder zu finden. Aber wenn eine Frau misshandelt wird, kümmert sich keiner darum“, empört sich Carolina Medina, die Programmdirektorin von Palabra de Mujer.
Die Sendungsmacherinnen greifen deshalb zu drastischen Methoden: Gewalttätige Männer werden namentlich im Radio genannt und angeprangert. "In einem kleinen Dorf, in dem jeder jeden kennt, zeigt das natürlich Wirkung", sagt die Sendechefin. Außerdem ermutigen Carolina und ihre Kolleginnen andere Frauen, prügelnde Typen anzuzeigen. Kommt es so weit, leisten sie Unterstützung bei den rechtlichen Angelegenheiten. Schon unzählige Male wurde das Team deshalb angefeindet und bedroht.

Klaus Brunner
Darlin erzählt mir unterdessen, dass er irgendwann Journalismus studieren will. Plötzlich schaut er auf sein Telefon und sagt, dass wir zurück zum Sender müssen. Erst seit Kurzem gibt es hier Handyempfang. Wir steigen den steilen Hügel hinauf, auf dem das einfache, aber gut ausgestattete Studio thront. Darlin muss Musikwünsche beantworten. Und danach wird wieder für Gleichberechtigung gekämpft, wie jeden Tag von 5 bis 18 Uhr.

Klaus Brunner