Erstellt am: 27. 2. 2012 - 15:38 Uhr
Six Cups of Rebel
Viele, viele Jahre hat mir das Komplexe, das nicht in Schemata einzuordnende Angst gemacht. Konzeptalben von Mescalin-fressenden Einsiedlern, schizoiden Mathematik-Genies waren für meinen, fast zwei Jahrzehnte zu lange in der Pubertät steckenden Geist zu viel.
Schön langsam aber verstehe ich, warum ich Angst hatte. Vor Frank Zappa, Deep Purple und dem ganzen psychedelischen Malstroem. Es ist unsicheres, gefährliches Terrain, für das wir keine fertigen Landkarten haben. Und genau dieses unerschlossene Terrain interessiert Hans Peter Lindstrøm.
Weitere Musikrezensionen
Ich glaube, "Six cups of Rebel" ist kein seltsames Dance Album, sondern ein psychedelisches Konzeptalbum von jemandem, der Dancemusik macht.
smalltown supersound
Der norwegische Producer Hans Peter Lindstrøm hat also ein neues Album gemacht und es nach seinem eigenen alten Pseudonym "Sixs Cups of Rebel" benannt.
Sein eigener Name steht jetzt da auch drauf, weil er keine Angst mehr hat, uns zu überfordern. Es ist nämlich ein ziemlicher Bruch mit den Space Disco Abenteuern, auf die uns Lindstrøm bisher mitgenommen hat.
Nach Einflüssen gefragt erzählt Lindstrøm von den bombastischen Heavy Metal Alben seiner Jugend, die Cosmic Disco Tapes bleiben im Schrank. "Six cups of Rebel" ist bombastisch, funky streckenweise brachial. Süße Verspieltheit sucht man hier vergebens, also nix Batiktuch und Mushroom Abteilung. Es ist düster und fordernd.
Es ist ein psychedelischer Befreiungsschlag, der Formalismen hinter sich lässt. "Six Cups of Rebel" ist ein sieben Stücke umfassender Trip, auf den man sich in einem Stück schicken sollte. Eine Reise, die man im Ganzen unternehmen sollte. Oder, um die Cheech und Chong Diktion zu verlassen: Meine geliebten Schwestern und Brüder, hört euch das Album im Ganzen an, es macht Sinn. Ebenso epochal wie versponnen ist schon der Einlass zu "Six Cups of Rebel": "No Release" heißt die fünfminütige Klimax einer Kirchenorgel, die einen angespannt und eben mit "No Release" zurück lässt.
"Quiet Place to live" ist ein großer gequälter Widerspruch, eine Clubnummer, in der sich Lindstrøm nach Ruhe und Balance sehnt. Ein Mensch, der die meiste Zeit in irgendwelchen Club-Katakomben verbringt und sich nach seiner Hütte im Wald und seinen Obstbäumen sehnt.
"De Javu" bleibt unheimlich. Lindstrøm singt selbst zum ersten Mal und zwar vom Déjà-vu. Keine Metapher, genau darum geht's. Um das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein, das gleiche gesagt, das gleiche getan zu haben. Und trotzdem klingt das bearbeitete gepresste Psycho-Gemurmel nicht so, als hätte es einen Plan, wie das Ganze hier weitergehen soll.
Lindstrøm hat seine bisherigen Produktionen von der Sängerin Christabelle besingen lassen. Es war ein sphärischeres schwereloses Universum. "Six Cups of Rebel" ist dagegen eine Teestunde on the Dark Side of the Moon.