Erstellt am: 28. 2. 2012 - 15:38 Uhr
We're talking Nollywood
Zwar heißt es, dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte, wenn aber das Bild verwackelt ist, sind tausend Worte aussagekräftiger. Die über allem stehende Bedeutung des gesprochenen Wortes ist das erste, was einem auffällt, wenn man auf Youtube nach "Nollywood" sucht und sich irgendeinen - der in Massen vorhandenen - Filme anschaut. Das nächste, was auffällt ist die miserable Tonqualität und die eigenwillige Schauspielkunst (Holzhammerprinzip). Dann erst beginnt man sich über den Inhalt zu wundern.
Trotz alledem geht es Nigerias Videoindustrie bestens, die laut nigeriafilms.com jährlich 800 Millionen US-Dollar umsetzt und 300.000 Menschen beschäftigt. "Living in Bondage" von 1992 gilt als jener Film, der die Wogen ins Rollen gebracht hat. Und die New York Times gilt als Erfinderin der Bezeichnung für die nigerianische Film- und Videoindustrie.
"Living in Bondage" ist so etwas wie eine Blaupause für zahlreiche Nollywoodgeschichten: ein Mann gerät in einen Geheimbund, opfert in einer Kulthandlung seine eigene Frau, erhält dafür enorm viel Geld, wird allerdings fortan vom Geist der toten Frau heimgesucht.
subversivefilmfestival
Heute ist Nollywood nach Bollywood die zweitgrößte Filmindustrie der Welt, zwischen 1.000 und 2.000 Filme werden jedes Jahr gedreht. Es mag sein, dass diese Zahl deshalb nur so vage geschätzt werden kann, da die Produktionen unüberschaubar sind und waren. Laut Grazer Kameramann Stefan Schmid, der im letzten Jahr für eine Recherchereise in Lagos war, reicht es, sich von vier Verwandten je 500 € auszuleihen, um fünf Wochen später auf einem Markt DVDs in Hüllen zu stecken, Cover zu falten und den Film um 1,50 $ je Stück zu verhökern. Wer soll da den statistischen Überblick bewahren?
Die Industrie gilt nach wie vor als ein riesiger Haufen von Amateuren, die noch nie ein Kino von innen gesehen haben, weil sie straight-to-DVD produzieren. Doch es gibt Ausnahmen: Kunle Afolayan etwa, der an der New York Film Academy studiert hat und mit "The Figurine" 2010 bei den Africa Movie Awards abgeräumt hat. So wie viele der international tätigen Nollywood-Akteure distanziert sich auch er (was die Inhalte betrifft, nicht was das Geld betrifft) von Nollywood. "I am an African filmmaker from Nigeria", sagt er und kümmert sich nicht weiter darum, was Nollywood ist und was nicht.
The Figurine
Zwar gibt es ein paar wenige Filme, wie den bahnbrechenden "30 Days" von 2006, den bereits erwähnten "The Figurine" oder "Black Gold" (der letztes Jahr in Cannes gelaufen ist), die mit einem hiesigen Verständnis von Ästhetik und Erzählkultur korrespondieren, doch aus unserer Sicht ist Nollywood nicht in erster Linie wegen seiner Inhalte interessant. Vielmehr ist faszinierend, wie diese Inhalte entstehen und entstanden sind.
We´re talking Nollywood: Ein Bericht über die nigerianische Film- und Videoindustrie: Gespräche mit Kunle Afolayan, dem Regisseur von „The Figurine“, mit Onookome Okome, der an der University of Alberta Filmstudies lehrt und Nollywood seit Beginn mit akademischem Interesse verfolgt, mit der kenianischen Regisseurin Judy Kibinge sowie Kameramann Stefan Schmid und Theater im Bahnhof-Leiter Ed Hauswirth, die an einer Nollywood-Österreich Koproduktion arbeiten.
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