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Susi Ondrušová

Preview / Review

22. 2. 2012 - 14:12

Boy & Bear - "Moonfire"

Die australischen Durchstarter und eine Reise in die Welt der Auszeichnungen.

Was der Grammy für US of A ist, der Echo für Deutschland, der Brit Award für England, das ist der Aria Award für Australien. Wie man's nimmt halt, Preise und Auszeichnungen sind so eine Sache.

Die letzten Jahre war der Grammy z.B. eine lustige Angelegenheit, um öffentliche Verwunderung zu beobachten. Weil sich vor den Fernsehern und Laptops, aus denen die Grammy Awards in die Wohnzimmer von Millionen von Menschen übertragen werden, auch Menschen mit Twitter-Accounts tummeln, die nicht nur die Frage "Who is Arcade Fire?" oder "Bonny Bear?" oder "There's only one Bon and that´s Bon Jovi!" in die Welt hinausschreien, sondern sich auch wundern wer Paul McCartney ist. Paul McCartney!

Es ist alles sehr relativ also. Bekanntheitsgrade und die Anstecknadeln oder Statuen, die der Popularität eine Form und einen Namen geben. Oder als Vor-, Haupt- und Nachspeise verzehrt werden, wie böse Zungen über Adeles ständig wachsende Award Sammlung behaupten. Seit den gestrigen Brit Awards besitzt sie nämlich zwei mehr, für Best British Female und Album Of The Year.

boy bear

Adele ist bei der gestrigen Preisverleihung, der ich mit großer Angst vor dem "buffering/freeze"-Moment via Online-Stream beigewohnt habe, in ihrer Dankesrede unterbrochen worden, kurz nachdem sie etwas von proud und british erzählt hat. Sie verabschiedet sich also mit einem Stinkefinger von der Bühne. Livefernsehen heißt halt immer auch Minutenzählen und "man" wollte doch unbedingt zu dem stundenlang angepriesenen Best-Of-Moment des Blur Auftrittes überleiten.

So gut die Musik von Blur auch ist, der Auftritt war furchtbarst schlecht und ich habe mich köstlich amüsiert dabei, unter anderem, weil ich gewartet habe, bis Damon Albarn ausrutscht und weil jeder schlechter Blur-Auftritt auch bedeutet, dass Mogwai nun vielleicht ein paar mehr ihrer "Blur: are shite" T-Shirts verkaufen werden.

Award-Verleihungen, die damit einhergehenden Dankesreden in einem als wichtige Realität verkauften Zirkus von Unwichtigkeiten, sind faszinierend. Man lebt seinen Zynismus ein wenig aus und krümmt sich in einer Fremdschäm-Pose. Oder verweigert sich.

Nick Cave hat zu Murder Ballads-Ära 1996 seine MTV-Award Nominierung abgelehnt. Mit der Begründung, er stehe in keinem Wettbewerb zu niemandem und will seine Musen nicht verärgern.

Neun Jahre später begrüßt er als frisch gekürter "Best Male Artist" unter anderem seine "auntie and uncle and my other aunties!" und meint auch "I´d like to say hallo to my public. To my friends. And I´d like to say hallo to the Bad Seeds".

2007 macht der Grinderman "a little bit of inducting on my own" als er in die ARIA Hall Of Fame eingeführt wird und (zu recht) fragt, wo denn die Birthday Party und die Bad Seeds bleiben. Er sagt: "I would like to, by the power vested in me, induct these people also into the Aria Hall of Fame!" Backstage – so wird es überliefert – erkundigt er sich dann nach seiner Freundin, Kylie Minogue, die dann im Herbst letzten Jahres als "biggest and recording artist in Australia´s history" nun ebenfalls in dieser Halle des Ruhms begrüßt wurde. Der Kreis hat sich in diesem Fall also irgendwie geschlossen.

Boy & Bears bei der ARIAS-Verleihung

Aria

Boy&Bear bei den Aria Awards 2011

Jetzt ist natürlich die berechtigte Frage: Was hat das alles mit Boy&Bear und ihrem Debüt "Moonfire" zu tun? Nun, Boy&Bear sind eine dieser "echten Bands", die in ihrer australischen Heimat gleich fünfmal mit einem Aria Award ausgezeichnet wurden, unter anderem für Bestes Album, Beste Band und Best Breakthrough Artist. Die Welt, in der sie eingetaucht sind, ist eine Welt der oben erwähnten Anekdoten und Widersprüchlichkeiten, an denen sich die nur drei Jahre alte Band nun abarbeiten, positionieren und/oder behaupten kann.

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Auszeichnungen fungieren oft als Zeitstempel, dabei will auch Boy&Bear eine Band mit dem "zeitlosen" Album sein. Zeitlos ist jedenfalls schon einmal der Referenzbogen, den die fünf Musiker auf ihrem Album präsentieren. 70er Jahre Americana. Aus Sydney. "Mountain Indie" meinen jene, die auch Mumford&Sons als feinfühlige Folk-Traditionalisten sehen.

"Moonfire" ist ein guter Beweis dafür, dass Geographie und ihre örtlichen Wetterverhältnisse nicht immer den musikalischen Stil beeinflussen. Mit dem Song "House And Farm" besingen Boy&Bear sogar dieses romantische Bild einer ländlichen Zweisamkeit. Auf "Moonfire" wird das Banjo zelebriert, die Kunst der perfekten Melodie ausgestellt. Ein wirklich schönes Folk-Album einer Band, die sich erst am Anfang ihrer Reise befindet.