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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

22. 2. 2012 - 17:43

Die größte Gefahr für Facebook ist der eigene Erfolg

Bisher galt: Auch Soziale Netzwerke haben ein Ablaufdatum. Der Facebook-Killer kann schon hinter dem nächsten Server warten. Bis dahin aber wächst die Plattform noch hübsch weiter.

Niemand kann vorhersagen wann, aber irgendwann ist auch bei den erfolgreichsten Seiten der Höhepunkt überschritten und es geht bergab. Friendster wurde von Myspace abgelöst und schließlich gemeinsam mit StudiVZ von Facebook. Übrig bleibt im besten Fall ein Nischendasein, bei Friedster als Browser-Spiele-Plattform, bei Myspace ist das - noch - die Musik; die VZ-Netzwerke gehen einfach langsam ein.

Bei Facebook allerdings ist die Sache nicht ganz so klar. Zunächst ist der eine, große Konkurrent, der UserInnen abziehen kann, nicht in Sicht. Auf Google+ ist man angeblich sehr alleine und Diaspora funktioniert dezentral, was die Einstiegsschwelle erhöht.

Der Facebook-Killer kann natürlich schon hinter dem nächsten Server warten, bis dahin aber wächst die Plattform hübsch weiter. Und schafft es gleichzeitig, auch immer mehr zu einer der zentralen Schnittstellen des Internets zu werden.

Der Interface-Designer Georg Kaindl sagt, dass viele, gerade jüngere Leute das Internet fast mit Facebook gleichsetzen: "Das erinnert ein bisschen an die Anfänge des Internets mit Diensten wie AOL und Compuserve, wo sich die meisten user immer nur innerhalb dieses Anbieters bewegt haben."

2011 sind fast 17 Prozent der Online-Zeit auf Social-Media-Seiten verbracht worden. Für so Manche beginnt und endet der Tag mit einem Blick auf Facebook.

Gleichzeitig verändert sich Facebook selbst ständig. Neue Tools, Anwendungen und Designveränderungen, oft von anderen Sozial Media abgekupfert, sollen Facebook zum Alleskönner machen, den Traffic erhöhen und die Rate an neuem Content steigern.

Kissen mit Like-Button.

EPA

Laut Lena Doppel, New Media Beraterin und Assistentin an der Wiener Angewandten, haben vor allem die Einführung des Gefällt-mir- und des Teilen-Buttons eingeschlagen: "Die einfache Benutzbarkeit des Likens, des Sharens, der Möglichkeit, zu sagen: 'Ich habe etwas gesehen, das mag ich.' hat auch die Beteiligungsraten in die Höhe schnellen lassen."

Denn oft ist die Antwort auf die Frage: "What's on your mind?" bzw. "Was machst du gerade?" alles andere als interessant. Wer will schon immer wieder lesen, dass jemand Montage und Arbeit hasst, aber das Schatzi und Katzen mag? Einerseits gibt einem der Like-Button hier Feedback - was von niemandem geliked wird, ist wohl eher uninteressant - andererseits macht es die Share-Funktion einfach, tatsächlich interessantes weiterzutragen.

Die vielen Funktionen, von der Einbindung von Musik über den Standort bis zum Taggen von Fotos, sind für Neulinge durchaus überfordernd. Der soziale Druck zu Facebook macht das wohl wett, aber wenn andere Soziale Netzwerke diese Funktionen besser und einfacher anbieten, werden die Leute auch dorthin abwandern, meint Georg Kaindl. Vielleicht lösen also spezialisierte Plattformen wie das Mikrobloggingservice von Tumblr oder die Bilderplattform Pinterest eine Abwanderung von Facebook aus. Der Niedergang von Myspace hat ähnlich begonnen. Bis Myspace selbst zur Spezialplattform für Musik geworden ist - und selbst da spielt Facebook mittlerweile eine Rolle, zieht MusikerInnen mit eigenen Bandpages ab.

Mit Kreide beschriebene "Facebook-Wall" am Firmensitz

EPA

Auch die Datenschutz-Debatte könnte natürlich langfristig Auswirkungen auf den Erfolg von Facebook haben, auch wenn es die UserInnen bisher kaum zu kratzen scheint. Lena Doppel kritisiert dabei die Eigendarstellung der Firma: "Sie präsentieren den Menschen eine verlogene Idee von Privacy. Nämlich als ob es eine gäbe. Es gibt keine Privacy auf einer öffentlichen Website. There is none. Und so zu tun, als ob man das mit Sicherheitseinstellungen erreichen könnte, da lach ich." Je öfter das Thema im Focus der Öffentlichkeit steht, desto mehr Menschen machen sich Gedanken darüber, ob und was sie dem Unternehmen Facebook preisgeben. Wenn eine Idee wie das eingangs erwähnte Diaspora, wo Datenschutz ernst genommen und keine UserIn ausspioniert wird , eine niederschwellige Umsetzung erfährt, kommt es vielleicht doch zu einem breiten Umdenken. Vielleicht auch hinsichtlich der richtigen Freundeswahl und Kommunikation mit PartnerInnen.

Die größte Gefahr für Facebook ist aber die eigene Größe und das Wachstum in internetfernere Gesellschaftschichten. Wenn die eigenen Eltern und sogar Großeltern auf Facebook sind, müssen nicht für deren Augen bestimmte Informationen über andere Kanäle verbreitet werden. Sonst werden vielleicht noch mehr Laptops erschossen. Spätestens die Kinder der Generation Facebook werden sich dereinst auch von ihren Eltern abgrenzen wollen und lieber das Soziale Netzwerk ihrer Generation verwenden.