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Mari Lang

Moderiert, beobachtet und probiert aus – neue Sportarten, Bücher und das Leben in der Ferne. Ist Ungarn-Fetischistin.

16. 2. 2012 - 20:17

Face It!

Mit ihrem zweiten Album beweist die Grazer Band Stereoface, dass sie immer noch die britischste unter den steirischen Bands ist, aber sicher keine billige Kopie.

Rough Trade

Stereoface - "Face It"

"Oasis kommen aus der Steiermark", hat es 2008 plötzlich geheißen, als Stereoface ihr Debütalbum veröffentlicht haben. Harte, verzerrte Gitarrenriffs, große Posen und eine leicht genervt klingende Stimme à la Noel Gallagher. Dahingerotzte Texte, eingebettet in Rock und Indiepop der Marke Großbritannien. Damit wird man auch am Zweitling "Face It" bedient. Die vier Grazer rund um Sänger Paul Pfleger sind darauf sogar noch britischer geworden. Denn niemand Geringerer als der Londoner Clive Martin hat das neue Album produziert. Und der hat schon mit internationalen Größen wie U2, Nick Cave und The Cure zusammengearbeitet.

Die Band Stereoface

stereoface

"Face It" klingt, als hätten die Stereoface Jungs die düstersten Winkel ihrer Seele aufgesucht, dort kurz mal die Fenster aufgemacht und den Wind ordentlich durchblasen lassen. Durcheinandergewirbelter Schmerz, Trübsinn und Aggression in Musikform sind das Ergebnis. Kompromisslos und ehrlich. Schon die erste Single "Distress" (dt. Gefahr, Verzweiflung) klingt, als wäre sie dem Weltuntergangsjahr direkt auf den von dunklen Prophezeiungen gezeichneten Leib geschrieben worden. "An den Weltuntergang haben wir bei der Entstehung der Songs gar nicht gedacht", sagt Bassist Lukas Schneeberger. "Aber die Platte kann gerne so hamstergekauft werden, als würde die Welt heuer tatsächlich untergehen."

Im Gespräch stellt sich rasch heraus, dass Stereoface keine depressive Studentenband mit noch offenen Pubertätsnarben ist. Die Jungs scherzen unentwegt und nehmen sich angenehmerweise selbst nicht allzu ernst. Und das obwohl sie durchaus wie Rockstars auftreten. Frontmann Paul Pfleger kommt im Out of bed-Look mit verspiegelter, runder Brille zum Interview und sieht darin wie eine Mischung aus dem jungen John Lennon und den Gallagher Brüdern aus. Rockqueen Juliette Lewis, für die Stereoface vergangenes Jahr als Support gespielt haben, hat die Brille jedenfalls gut gefunden, erzählt Paul nicht ohne Stolz. Und deshalb bleibt sie auch auf.

Eine Band, die ihren Songs gehorcht

Das Musikmachen nimmt das Grazer Quartett hingegen sehr ernst. "Wir sind eine Band, die ihren Songs gehorcht und geben ihnen das, was sie von uns verlangen." Im Fall des neuen Albums haben die dreizehn Lieder, die da drauf zu finden sind, nach Zeit verlangt. Immer und immer wieder haben Stereoface Melodien und Übergänge neu bearbeitet, wodurch alles ausgefeilter und ein bisschen extremer geworden ist. Das Laute ist lauter, als noch am Debütalbum, das Leise leiser. Angst davor die treue Fangemeinde, die sich die Band in den letzten Jahren durch unzählige Live-Gigs erspielt hat, mit Experimenten zu vergraulen, haben Stereoface nicht. Im Gegenteil: "Wir haben keine Skrupel noch extremer zu werden, wenn es sein muss".

stereoface

Das was ist, passt schon

In einem sind sich die vier Grazer aber treu geblieben. Auch das neue Album ist, wie schon der Vorgänger "Stereoface", fast vollständig live eingespielt worden. Und zwar haben die Jungs jeden Song mehrmals aufgenommen, immer mit dem Hintergedanken, jeder Take könnte die Endversion sein. "So konnten wir aus einem Pool von Songs wählen, die alle einen eigenen Charakter hatten. Clive hat uns bei den Aufnahmen sehr unterstützt."

Der britische Produzent Clive Martin war für Stereoface wie ein Wegweiser. Er hat sie machen lassen und nur hin und wieder eingegriffen. Vor allem textlich hat er sie unterstützt, das steirische Englisch grammatikalisch verbessert, sodass die Lyrics auch am internationalen Rockparkett bestehen können. "Soundmässig hat er gemeint – wir lassen es so, wie es bei euch rauskommt. Das passt schon", erzählt Bassist Lukas Schneeberger und grinst bubenhaft.

Das was da ist, kommt aus den Stereoface Jungs einfach ungeschönt raus, sowohl im Gespräch, als auch in der Musik. Und das ist herrlich erfrischend. So wie der Schmerz und die Aggression, die auf "Face It" zu finden sind. Denn sie tun, in dem Fall, nicht weh.