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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

13. 2. 2012 - 17:27

Afrika-Cup-Journal '12. Eintrag 16.

Zambische Glücksmomente und ivorisches Portugiesentum - die Final-Tage beim CAN.

Der 28. Afrika-Cup wird im Afrika-Cup-Journal '12 mit einem täglichen Eintrag begleitet. Heute mit einem, Protestsongcontest-teilnahmstechnisch bedingten nachträglichen Blick auf die Finalspiele.

Den täglichen Output des Vorjahres wird es 2012, wie immer in geraden Jahren, nicht geben. Was ansteht: ein Fußball-Journal '12, ein Journal zur Europameisterschaft, ein London-Olympics-Journal und auch ein Journal 2012, eines mit anlass-bezogenen Beiträgen zu Themen wie Jugend- und Popkultur, Demokratie- und Medienpolitik.

History repeated, zweifach.
Zum einen bestätigte die goldene Generation der ivoirschen Superstars, dass sie nicht gewinnen kann - und erhob sich damit zu den Portugiesen Afrikas, taten es der goldenen Figo-Generation gleich.
Allerdings scheiterte das große Team der Cote d'Ivoire an keinen Griechen, sondern an sich selber; nicht nur weil sie ausgerechnet im Finalspiel nicht aus sich herauskommen konnten. Ich meine die Entsprechung zu ihrem letzten und einzigen Afrika-Cup-Sieg 1992.
Damals waren nämlich die damaligen Elefanten (gegen ein stargespicktes Team Ghana) gnadenlose Außenseiter und setzten sich im Elferschießen durch; zurecht, weil ihre Teamleistung übers Turnier gesehen die beste war.
Genau diese Rolle fiel diesmal dem ivoirischen Gegner zu: Zambia.

Die Geschichte dazu ist durchaus aufregender als die eines zu erwartenden Sieges von Drogba, Kalou, Zokora, Gervinho und den Toure-Brüdern. Zambias Fußball-Chronik ist auf einem Berg von Tragik aufgebaut und erfährt mit dem allerersten afrikanischen Titel eine historische Handreichung des Schicksals.

Der gnadenlose Außenseiter zerstört den ivoirischen Traum

Zambia war lange Zeit die führende Kraft im südafrikanischen Fußball, auch nach dem Eintritt der der Apartheid entkommenen Bafana Bafana in den internationalen Kontakt. 1972 scheiterte man im Finale in einem Wiederholungsspiel am damals besten Team, dem von Zaire (der heutigen DR Congo). 1982 kam man im Halbfinale an Gastgeber Libyen. 1988 begann sich eine große Mannschaft zusammen zu finden, die bei Olympia in Seoul ins Viertelfinale kam und dort an Deutschland scheiterte. 1990 wurde man in einem gutklassigen Afrika-Cup Turnier Dritter, 92 war im Viertelfinale Endstation. 1993 starb fast die gesamte Mannschaft samt Betreuerstab bei einem Flugzeugabsturz. Die Überlebenden konnten trotzdem 1994 das Finale möglich machen und wurden 1996 noch Dritter, ehe dann eine lange Durststrecke folgte.

Dass sich die Absturzstelle in der Nähe von Libreville im Gabun (wohin man zu einem Auswärtsspiel flog), also just dem Austragungsort des Finales findet, krönt eine tragische Geschichte, führt Gegenwart und Vergangenheit zusammen.

Vor zwei Jahren deutete die Mannschaft an, die im wesentlichen mit der heurigen identisch war, dass wieder mit ihr zu rechnen ist: man gewann die Gruppe mit Kamerun, Tunesien und Gabon, nur um dann im Viertelfinale an Angstgegner Nigeria zu zerbrechen.
Im Kern war dort die heutige Truppe schon beinander.
(Tormann Mweene, die Innenverteidiger Sunzu und Himoonde, Linksverteidiger Musonda, die Mittelfeldspieler Chansa, Kasonde, Kalaba, die Stürmer Mayuka und Chamanga und natürlich Kapitän Chris Katongo standen schon im Kader.
Nur Nkausu, Sinkala und Chisamba kamen neu dazu.

Wer die Lehren aus dem Turnier zieht, kann es gewinnen

Und mehr als diese dreizehn Spieler setzte Trainer Herve Renard nicht regelmäßig ein - im Finale kamen die Wechselspieler Nyambe Mulenga und Felix Katongo dazu. Felix ist (wie die Mulenga-Brüder oder Chivuta) einer der Spieler, die 2010 die auf Schnelligkeit ausgerichtete Kontertaktik noch ein wenig gebremst hatten - diesmal passte diesbezüglich aber alles.

Team Zambia hatte die Lehren aus dem bisherigen Turnier gezogen und übergroße Ängstlichkeit angesichts der klaren Favoritensteller der Ivoirer vermieden. Letztlich drückte man dem Spiel durch starke Laufarbeit und große Zielstrebigkeit sogar den Stempel auf; in punkto Spielanteile hätte es einen Punktesieg gegeben.

Damit war nicht unbedingt zu rechnen. Zahoui und seine Spieler-CoTrainer Drogba, Zokora und Toure hatten eher eine zurückhaltende Kontertaktik erwartet und konnten sich nie auf das zambische Spiel einstellen.
Hätte Drogba seine Elferchance verwertet, hätten allerdings garantiert alle von einem letztlich doch verdienten Sieg gesprochen - das hat viel mit der langen Siegesserie der Orangen und den übergroßen Erwartungen zu tun; und auch damit, dass ihnen wohl jeder den Titel gewünscht hätte.

Nach dem Turnier ist vor dem Turnier: Preview auf 2013

Einziger Trost: dem Team der Cote d'Ivoire kommt die Vorverlegung des nächsten Afrika-Cups (man stellt von geraden auf ungerade Jahre um und spielt 2013 schon den nächsten Titel aus) entgegen. Die großen abwesenden Konkurrenten (Kamerun, Nigeria und vor allem Ägypten) hätten sicher gern ein wenig mehr Zeit, um ihre in Ruinen gerissenen Teams neu zu sortieren und aufzubauen. Dazu kommt die Tatsache, dass die Nordafrikaner wieder als chancenlos angesehen werden, weil der CAN '13 in Südafrika stattfindet und auch noch die viel deutliche Demotivierung der Co-Favoriten aus Senegal und vor allem Ghana.

Die White Stars zerbröselten im Frustspiel um den dritten Platz gegen Mali geradezu, demontierten sich öffentlich. Nachdem sich die großen Stars (Muntari, Gyan) schon in den Spielen davor eher hängen ließen, lahmten jetzt auch Inkoom oder die Ayew-Brüder. Dazu kommt, dass Ghana zwar über die meisten besten Innenverteidiger verfügt, sich John Mensah aber auch vorsah, völlig sinnlose Ausschlüsse zu leisten.

Ein paar Nachreichungen, was interessante Spieler und die vorherrschenden Spielsysteme betrifft, vertage ich überlängen-technisch auf morgen.

Andererseits feierte Team Mali den völlig überraschenden dritten Platz wie einen WM-Titel. Trainer Giresse wurde gefährlich durch die Luft gewirbelt. Mali war zwar 1972 schon einmal Finalist, seitdem aber maximal Vierter geworden. Wichtige Lehre: die (zufällige) Abwesenheit dreier Superstars (Diarra, Sissoko und Kanoute) hatte sich eher positiv ausgewirkt.
Gut möglich, dass sich 2013 auch andere Teams (ich denke da vor allem an Ghana) dieser Philosophie bedienen.