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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

16. 2. 2012 - 12:39

Eine Stunde Cape Town

Zwischen den strahlenden Stränden der weißen Beach Communities und endlosen Wellblechmosaiken der Townships: Ein Rundgang durch Kapstadt, heute abend in der FM4 Homebase.

Kapstadt ist die drittgrößte Stadt Südafrikas. 3,4 Millionen Menschen leben dort. Als eine Folge der bis 1994 dauernden Apartheid ist die Stadt von großen sozialen Unterschieden geprägt.

Das Megaevent der Fußball WM 2010 hat keine infrastrukturellen Verbesserungen für alle Bevölkerungsschichten gebracht. Hat sie geholfen, das Erbe der kriminellen Apartheid zu überwinden? Wenn man heute nach Kapstadt kommt, ist es nach wie vor ein Ort der unglaublichen Kontraste: Die strahlend weißen Beach Communitys, die von spektakulärer Natur umrahmt werden, die lebendige junge Musik- und Kunstszene der Innenstadt, die endlosen Wellblechmosaike der Townships, die grünen Gartensiedlungen der Vorstädte. Es fällt schwer, all diese unterschiedlichen Realitäten als eine Stadt wahrzunehmen.

Ich habe MusikerInnen, KünstlerInnen und AktivistInnen getroffen, die mir einen Ausschnitt ihrer Realität gezeigt haben.

Teba ist einer der Musiker, dessen Arbeit eng mit seinem sozialen Engagement verknüpft ist. Teba ist in der Township Gugulethu aufgewachsen. Musik war für ihn von Kindheit an nicht nur Freude und Lebensinhalt, sondern auch Mittel zur sozialen und politischen Emanzipation. Sein Wissen und seine Fähigkeiten versucht er den Menschen in seinen Texten zu vermitteln, er ist auch in zahlreichen sozialen Projekten engagiert.

Teba war in den 80er-Jahren ein Kind und hat das Ende der Apartheid miterlebt: "Der augenscheinlichste Unterschied ist, dass die Community heute doppelt so groß ist. Auch die politische Einstellung und das Denken der Menschen hat sich geändert, aber sie müssen noch immer Tag für Tag ums Überleben kämpfen. Zuvor haben wir in einem rassistischen Staat gelebt, aber die wirtschaftlichen Grundlagen haben sich nicht gebessert und das ist heute das größte Problem.", meint er. Ich habe ihn in idyllischer Umgebung, bei einem Musikfestival in den Weinbergen, außerhalb der Stadt, getroffen. Der Weg aus dem Zentrum von Kapstadt zum Festivalgelände ist ein unvergessliches Erlebnis. Der Himmel ist rosa und Sonne und Mond stehen zur selben Zeit über den Weinbergen. An einem kleinen See sind Zirkuszelte aufgebaut. Indie-, Hip Hop- und auch eine Dixieland-Band treten auf.

Südafrika war bis 1994 ein Apartheidsregime, das bedeutete eine von Staatswegen institutionalisierte Trennung der Menschen. 1985 war Kapstadt die südafrikanische Stadt, in der die Rassentrennung am weitesten fortgeschritten war. Seit dem Ende der kriminellen Apartheid darf man seinen Wohnort frei wählen. Dennoch ist es so, dass in der Regel hellhäutige Menschen in reichen Vierteln leben und es nur einen geringen Teil der ehemals diskriminierten Bevölkerungsgruppen gelungen ist, in die teuren zentrumsnahen Wohngebiete umzuziehen. Die Townships, riesige Ansammlungen von Wellblechhütten, teilweise ohne Kanalisation, asphaltierte Straßen und Infrastruktur liegen außerhalb der Stadt.

Gugulethu ist eines der größten Townships. Es liegt 15 Kilometer außerhalb der Innenstadt in Richtung Flughafen. Von der Autobahn sieht man die Wellblechhütten und die Stacheldrahtumzäunung, in der sich Plastiksäcke und Müll verfangen hat. Nimmt man eine der Ausfahrten von Gugulethu, findet man sich auf einer nicht asphaltierten Straße. Müll auf beiden Seiten, kleine in Baracken gebaute Geschäfte und Behausungen. Fährt man tiefer hinein werden aus den Baracken kleine Steinhäuser mit Fenstern und Türen. Wir haben die Gegend des totalen Elends verlassen und nähern uns Mzolis.

Eine Spezialstunde in der FM4 Homebase: Einen Rundgang durch Kapstadt gibt es auch heute, Donnerstag, ab 19 Uhr in der FM4 Homebase!

2003 hat ein Bewohner von Gugulethu, Mr. Mzoli Ngcawuzele mit einem Start Up Kredit der Development Bank von Südafrika für "Black owned Bussines" ein Restaurant eröffnet: Mzolis.
Das Unternehmen ist zu einer Wochenendinstitution herangewachsen - hier kann man essen und die bereits in der früh beginnenden Kwaito Parties besuchen.

Kwaito ist ein in den Townships entstandener Hybrid aus House und traditioneller Südafrikanischer Musik mit gesungenen oder gerappten Texten. In Mzolis trifft man Locals, Studenten, Hipster aus der Innenstadt und auch Touristen. Mr. Mzolis ist stolz, dass er in einem Township einen Ort geschaffen hat, der die Menschen zusammenbringt.

Die Stadt am südlichen Zipfel des afrikanischen Kontinents ist auch der Sitz der in ganz Südafrika arbeitenden NGO Yabonga. Yabonga bekämpft die Ausbreitung und Folgen von HIV/AIDS in den armen Gemeinden Südafrikas. Die offizielle Anzahl der Infizierten ist mit etwa 5,2 Millionen in Südafrika weltweit am zweithöchsten, elf Prozent der Südafrikanischen Bevölkerung ist HIV positiv. Positive Kinder und Jugendliche, die sonst auf sich allein gestellt wären, werden hier von Tagesmüttern in den Townships betreut. Yabonga ist mit dreizehn Hilfszentren, die an Township-Kliniken angeschlossen sind, in drei Provinzen Südafrikas tätig. Bis heute sind über 600.000 Menschen von Yabonga beraten, aufgeklärt und unterstützt worden.

Zum Nachhören

Die Spezialstunde gibt es auch für sieben Tage hier zum Nachhören!

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