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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

11. 2. 2012 - 14:05

Berlinale On Ice

Kälte, Stoffgeraschel und schöne Reden: wie sich die Berlinale als sogenanntes "A-Festival" behauptet.

Pünktlich zur Eröffnung der Berlinale ist es mal wieder furchtbar kalt in Berlin, zwar war am Donnerstag die Temperatur kurz auf immerhin -3 Grad gestiegen, als die Stars und Jurymitglieder über den roten Teppich in den Berlinale-Palast defilierten, aber nun hat es auch tagsüber wieder verlässliche -12 Grad. Die 62. Berlinale wurde am Donnerstag abend mit Benoît Jacquots neuestem Film "Les adieux à la Reine!" ( "Leb wohl, meine Königin") eröffnet.

Darin geht es mit viel Stoffgeraschel und Diane Kruger als Marie-Antoinette um die denkwürdigen Tage Mitte Juli 1789.
Bei der Eröffnungsshow im Berlinale-Palast führte Anke Engelke gewohnt gezwungen-locker durchs Programm, Boy spielten und wirkten dabei charmant deplatziert. Festival-Chef Kosslick und Bürgermeister Wowereit sprachen und Kulturstaatsminister Neumann wies in seiner Rede darauf hin, dass die Berlinale politischer denn je sei, stehe sie doch "ganz im Zeichen des Umbruchs und des Aufbruchs". Außerdem gebühre den Menschen in Syrien Solidarität, und auch in Ländern wie Iran und China würden Künstler verfolgt und inhaftiert, deswegen sei es wichtig, dass auf der Berlinale "Flagge gezeigt wird für Menschenrechte und für die Freiheit der Kunst".

Berlinale: roter Teppich

Berlinale

Soweit die schönen Reden an diesem ersten Tag.
Dann stellte Anke Engelke die coolste Berlinale-Jury aller Zeiten vor: Als Jury-Präsidenten den englischen Regisseur Mike Leigh, Anton Corbijn (Fotograf und Regisseur von "Control") Jake Gyllenhaal ( Schauspieler bei "Brokeback Mountain"), Charlotte Gainsbourgh, den iranischen Regisseur Ashgar Farhadi, Barbara Sukowa und den algerischen Autor Boualem Sansal.

Im Vorfeld war viel darüber geschrieben worden, wie schwer es die Berlinale auch in diesem Jahr hat, sich gegen die anderen Festivals durchsetzen und ihren Platz als sogenanntes A-Festival neben Cannes und Venedig zu behaupten. Im Zuge der Globalisierung verschieben sich die Gewichte, große Filmfestivals wie Pusan oder Toronto haben sich zu Marktmächten entwickelt, die Berlinale hat darauf mit dem Filmmarkt reagiert. Sie muss aber auch den Boulevard, die Sponsoren und das Publikum zufriedenstellen, muss internationale Stars heranschaffen, gleichzeitig darf sie als A-Festival im Wettbewerb nur internationale Premieren zeigen. Dann will die Berlinale auch ein politisches Festival und ein Besucherfestival bleiben. Hinzu kommt das Berlinale-Bashing des Filmkritikerverbandes.

In den Boulevardblättern wird hingegen gejammert, die Stars kämen nicht, weil es immer so kalt ist, weil sie lieber nach Cannes und Venedig mit ihren Filmen gehen und die Berlinale so dicht an der Oscar-Verleihung liegt. Dabei kommen doch Einige: Angelina Jolie ist schon mit sämtlichen Kindern im Hotel Adlon eingezogen, Brad kommt angeblich nach, damit er am Samstag neben ihr auf dem roten Teppich frieren kann, wenn sie ihr Regiedebüt "The Land of Milk and Honey" vorstellt.

Berlinale

Berlinale

Meryl Streep muss kommen, schließlich bekommt sie den Ehrenbären für das Lebenswerk, der Bollywoodstar Shah Rukh Khan war stark erkältet, kommt aber trotzdem. Robert Pattinson, Keanu Reeves, Billy Bob Thornton, Isabelle Huppert, Charlotte Rampling und Salma Hayek sind praktisch schon unterwegs.

Die deutschen Schauspieler zählen da zwar nicht, kommen aber sowieso alle. In Berlin freut man sich auf die Berlinale. Neben all den aufgeblasenen Events wie der Fashionweek und anderen Zumutungen ist die Berlinale nämlich ein Ereignis, an dem jeder teilhaben kann. Jeder Filminteressierte kann sich in eine der berühmten Warteschlangen stellen und für 8-10 Euro Kinokarten für alle Filme bekommen. Auch wenn manche für die Premierenkarten 36 Stunden lang vor den Schaltern campieren.