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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

9. 2. 2012 - 13:48

Ludwig und das lebenslange Lernen

Bei der Wiener Online-Gestaltungs-Firma ovos dreht sich alles um Wissensaneignung. Neben üblichen Webdesign-Aufträgen hat das innovative Lernspiel "Ludwig" viel Aufmerksamkeit erhalten.

"Ludwig" sieht auf den ersten Blick wie ein ganz normales, kindergerechtes Computerspiel aus. Es soll aber vor allem helfen, Physik-Lernstoff in der Schule besser zu verarbeiten und über das Thema erneuerbare Energien zu informieren. Die Kernzielgruppe von "Ludwig" besteht aus Schüler/innen im Alter von 11 bis 14 Jahren - kein einfaches Publikum, gibt es doch gerade für männliche Jugendliche kaum etwas uncooleres als kindliche Videospiele, die einem auch noch Lerninhalte näherbringen wollen.

Das Team von ovos hatte beim Projektstart im Jahr 2008 wenig über pädagogische Aspekte von Spielen gewusst, aber bereits Erfahrung mit Games vorweisen können, die ebenfalls einen unattraktiven Kontext haben: Werbespiele auf Websites größerer Firmen. Wenn hier kein schneller Einstieg möglich ist und das jeweilige Game Spaß macht, herausfordert und ein stringentes Design hat, war die Arbeit umsonst, so ovos-Game Designer Jochen Kranzer.

"Es geht bei einem Spiel wie 'Ludwig' darum, dass man versucht, ein Game Design hinzukriegen, bei dem die didaktischen Aufgaben direkt in die Spielaufgaben integriert sind. Eine Trennung zwischen Lernen und Spielen soll es nicht geben."


"Ludwig" ist eine Mischung aus Abenteuer- und Geschicklichkeitsspiel. Um die Rätsel zu lösen, muss man allerdings Physikwissen mitbringen, das in Form von kurzen Texten und schematischen Darstellungen ins Spiel verwoben ist. "Ludwig" wurde für den Einsatz in Schulen konzipiert, Lehrer/innen bekommen zusätzlich didaktische Begleitmaterialien mitgeliefert. Obwohl unorthodoxe Lehrmethoden wie ein Computerspiel weiterhin ein Minderheitenprogramm sind, haben in Österreich bisher über 300 Schulen das Game im Unterricht eingesetzt.

Beginn als Online-Design-Agentur

Jörg Hofstätter

ovos

Jörg Hofstätter

"Ludwig" ist derzeit ein Aufmerksamkeitsmagnet für ovos. Begonnen hat die Agentur aber bereits 2004 mit Auftragsarbeiten, die bis heute fortgeführt werden. Es wurden und werden interaktive Websites, 3D-Umgebungen, Online-Shops und eben auch Spiele erstellt. Fast alle der zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Autodidakten und haben Malerei oder Japanologie studiert und erst später die Fertigkeiten erlernt, die für Online-Gestaltung notwendig sind. Lernen steht bei ovos im Vordergrund, egal, ob es sich um das spielerische Einholen von Informationen handelt oder um tatsächliche Lerninhalte, so Firmengründer Jörg Hofstätter im FM4-Interview:

Logo von Subotron Pro Games: Ein pixeliger Schriftzug in Großbuchstaben in den Farben gelb, schwarz und weiß, über der Schrift befindet sich ein Joystick.

Subotron

Kommende Vorträge:

  • Do, 16.2., 19h: Vorstellung FH Joanneum Graz, Studiengang Informationsdesign
  • Do, 23.2., 19h: Branchenmeeting, special guests: Gamecraft Linz
  • Do, 1.3, 19h: Wirtschaft und Wissenschaft in der digitalen Spielkultur

"Am Anfang waren wir eine sogenannte Interactive Agentur, das heißt, wir haben Websites und Online-Kampagnen betreut. Games haben wir schon immer mögen und im kleinen Rahmen auch umgesetzt, aber der Anspruch, dass etwas über die Unterhaltung hinaus gehen soll, ist erst später hinzugekommen. So hat sich mit 'Ludwig' unser neues Standbein der Serious Games ergeben."

Serious Games sind Computerspiele, deren Ziel nicht bloße Unterhaltung ist, sondern wo auch etwas gelernt oder vermittelt werden soll, das über das Game hinaus geht. Obwohl es ovos' erstes Projekt in dieser Sparte war, hat "Ludwig" im Vorjahr prompt den Deutschen Spieleentwicklerpreis in der Kategorie Serious Games gewonnen. Eine beachtliche Leistung für eine kleine Firma, in der Games nur ein Drittel des Portfolios ausmacht. Andererseits kann so das finanzielle Risiko besser verteilt werden, so Hofstätter.

Jochen Kranzer

ovos

Jochen Kranzer

"Bei der Finanzierung von 'Ludwig' hatten wir ein Drei-Säulen-Modell: Förderungen, um einen Prototyp bauen zu können, Lizenzsponsoring von Firmen, damit Schulen das Game gratis spielen können, und Schweiß und Blut von uns, weil wir das richtig machen und gleichzeitig Wissen für kommende Projekte sammeln wollten."

Praktisch, wenn Lernen bei der Entwicklung der eigenen Produkte im Vordergrund steht - so scheut man nicht davor zurück, sich auch selbst dauernd neuen Herausforderungen zu stellen und eingerostetes Wissen von früher wieder hervorzuholen, wie Jochen Kranzer bestätigt.

"Wir haben wahnsinnig viel über Physik gelernt beim Entwickeln von 'Ludwig'. Vier Fünftel der Inhalte haben wir selbst nicht mehr gewusst. Wir hatten für die Lerninhalte Partner, und zwar Physikdidakten, also Leute, die Physiklehrbücher schreiben und die den österreichischen Lehrplan kennen, vor allem zum Thema erneuerbare Energien. Als wir die nötigen Informationen über das notwendige Wissen hatten, haben wir uns überlegt, welche Inhalte wir davon nehmen und eine spannende Geschichte daraus machen können."

Ein Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Ludwig". Ludwig, der Roboter sieht auf einen am Boden liegenden Heißluftballon. Darüber sind Handlungsmöglichkeiten als Zeichen eingeblendet.

ovos

Vortrag im Rahmen von Subotron Pro Games

Jörg Hofstätter und Jochen Kranzer von ovos sprechen heute im Wiener Museumsquartier im Rahmen von Subotron Pro Games im Detail über ihre Firma und die Entwicklung von "Ludwig". Los geht's um 19 Uhr bei freiem Eintritt.