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Simon Welebil

Abenteuer im Kopf, drinnen, draußen und im Netz

1. 2. 2012 - 15:19

Occupy und der rechte Rand

In letzter Zeit ist die Occupy-Bewegung in Österreich mit Rechtsextremen in Verbindung gebracht worden. Schuld daran sind ihre Unerfahrenheit und die offenen, inklusiven Strukturen.

Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft: siehe Ermittlungen gegen Occupy-Aktivisten wegen Wiederbetätigung

Als sich der umstrittene WU-Professor Franz Hörmann letzte Woche schwer tat, den Holocaust und die Existenz von Gaskammern anzuerkennen, warf das auch ein schiefes Licht auf die österreichische Occupy-Bewegung. Denn Occupy Austria hat Hörmann zu einer Rede bei ihrem Aktionstag eingeladen. Zwar war Hörmann zuvor auch bei verschiedenen Medien zu Gast, dem Standard, dem Club2 und auch bei FM4, doch kurz vor dem Occupy-Auftritt ist die Gründung seiner umstrittenen HuMan-Weg-Partei und seine mangelnde Distanzierung zu rechtem Gedankengut publik geworden. Ihn auszuladen wäre zu kurzfristig gewesen, hieß es von Seiten Occupy Austrias.

Philipp Janyr, Administrator der Facebook-Seite von Occupy Austria, der Hörmann ursprünglich eingeladen hat, distanziert sich mittlerweile von Hörmann. Damit hat er aber eine interne Diskussion ausgelöst. Denn der Professor war nicht nur als Gastredner eingeladen, sondern auch auf der Facebook-Seite sehr aktiv. Dort haben seine Thesen Anklang gefunden, auch die, dass in seiner Partei alle willkommen seien, auch "Nazis". Occupy versteht sich als inklusive Bewegung, doch haben darin wirklich alle Platz?

Rechtes Gedankengut in anscheinend linker Bewegung?

Das ehemalige Occupy Camp in Innsbruck. Zelte und ein Transparant mit der Aufschrift: Wir sind die 99%

FM4/Simon Welebil

Das ehemalige Occupy-Camp in Innsbruck

Mehr zu Occupy in New York am Mittwoch, 1. Februar, ab 19 Uhr in der FM4 Homebase und hier.
Siehe auch: Sind Zinsen böse? (Pinguin)

Die Occupy-Bewegung ist nicht zentral organisiert. Der Begriff "Occupy" ist ein globales Label, auf das sich im Prinzip jeder berufen kann. In Österreich haben das mehrere Gruppen gemacht. Occupy Innsbruck, Occupy Klagenfurt, Occupy Salzburg etc. Ihr kleinster gemeinsamer Nenner ist die Solidarisierung mit der internationalen Occupy-Bewegung, die in New York ihren Ausgang genommen hat. Vernetzt sind die Gruppen kaum, die österreichweite Bewegung Occupy Austria hat keinen Platz besetzt, sondern existiert nur virtuell auf Facebook.

Occupy Innsbruck ist die einzige Occupy-Gruppe, die ein Protestcamp errichtet hat. Ihr oberstes Entscheidungsgremium ist das Plenum, in dem sie auch ihren Grundkonsens beschlossen haben und der laut einem Aktivisten mit Rassismus und Antisemitismus ganz klar nicht vereinbar sei.

Innerhalb von Occupy Austria gibt es ein solches Entscheidungsgremium nicht. Dadurch, dass die Gruppe fast ausschließlich auf Facebook aktiv ist, sind die Zugangshürden gering, ein Klick, und man ist Mitglied. Ein Umstand, der es Personen wie Franz Hörmann, aber auch Bewegungen wie "Zeitgeist" leicht macht, an Occupy anzudocken. Laut Philipp Janyr sind die "Zeitgeist-Anhänger" zwar in der Minderheit, aber auf Facebook eben sehr aktiv und prägen dadurch Occupy Austria und deren Darstellung nach Außen. In manchen Occupy-Gruppen, etwa bei Occupy Salzburg, haben Zeitgeist-Anhänger sogar Administratoren-Rechte.

Wer darf für Occupy sprechen?

Die Deutungshoheit über Occupy in den Facebook-Kommentaren ist umkämpft. Philipp Janyr löscht als Admin etwa Postings, die menschenverachtend sind, andere User oder Admins attackieren oder nazistisches Gedankengut verbreiten und blockiert die entsprechenden UserInnen. Doch mit welchem Recht, fragen sich andere Gruppenmitglieder, denn als Administrator ist er nicht gewählt worden. Sollten nicht alle Themen im Rahmen der Occupy-Bewegung diskutiert werden dürfen? Und sollte man nicht versuchen, alle Menschen zu inkludieren, auch Personen mit rechtsextremen Ansichten?

Diese Diskussionen blieben für Occupy Austria nicht ohne Konsequenzen. AdministratorInnen sind (je nachdem welcher Seite man Glauben schenkt) entweder abgesprungen oder ausgeschlossen worden. Viele SympathisantInnen, die nichts mit dem rechten Rand zu tun haben wollen, kehrten Occupy den Rücken und auch NGOs und politische Parteien gehen vorläufig auf Distanz zu Occupy Austria.

Struktur anfällig für Unterwanderung

Probleme mit Unterwanderung gibt es nicht nur in Österreich, der Occupy-Bewegung in Deutschland geht es ähnlich. Auch dort wurde offen Sympathie für einen Politiker aus der rechten Szene bekundet. Das alles bedeutet natürlich nicht, dass die ganze Occupy-Bewegung auf einmal nach rechts gerutscht ist, oder besonders empfänglich für „rechte Rattenfänger“ wäre, aber aufgrund ihrer losen Strukturen und politischen Unerfahrenheit gäbe es kaum Abwehrbewegungen gegen eine Unterwanderung. So kritisiert es zumindest Alexis Passadakis von ATTAC Deutschland.

Philipp Janyr ist es klar, dass Occupy Austria eine neue Organisation braucht, abseits von Facebook. Die Abgrenzung vom Rechtsextremismus ist für ihn selbstverständlich: „Der Hauptslogan von Occupy ist: Wir sind die 99%, und eben nicht die 100%. Das impliziert schon, dass einige Leute ausgeschlossen sind."