Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Afrika-Cup-Journal '12. Eintrag 10."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

30. 1. 2012 - 23:33

Afrika-Cup-Journal '12. Eintrag 10.

Noch ein Underdog fürs Viertelfinale; und ein Top-Favorit, der auch mit dem B-Team siegt. Tag 10 beim CAN spricht für den Sudan und die Cote d'Ivoire und bringt den einzigen Auftritt von Issiaka Ouédraogo.

Der 28. Afrika-Cup wird im Afrika-Cup-Journal '12 mit einem täglichen Eintrag begleitet.

Das tägliche Journal des Vorjahres wird 2012 spezialisierter. Es kommt ein Fußball-Journal '12, es wird ein Journal zur Europameisterschaft, ein London-Olympics-Journal und anderes mehr geben. Auch ein Journal 2012, ein untäglich-unregelmäßiges, mit anlassbezogenen Beiträgen zu Themen wie Jugend- und Popkultur, Demokratie- und Medienpolitik.

Es gibt nicht viele Nationalteams, die eine uneingespielte B-Auswahl in ein Turnier schmeißen und das Match trotzdem sicher dominieren. Brasilien, Argentinien können das, Spanien sowieso, Deutschland, womöglich Frankreich und die Niederlande.
Seit heute weiß ich: das personell am besten besetzte und nominell eigentlich seit Jahren stärkste Team Afrikas kann das auch. Die B-Mannschaft der Cote d'Ivoire ließ nie einen Zweifel daran, wer der Daddy ist. Wo sich der erste Anzug mit Drogba, Kalou, Gervinho, Yaya Toure, Zokora und Co im Anfangsspiel gegen den Sudan noch unendlich mühte, und erst im zweiten Spiel gegen Burkina Faso seine Dominanz auf recht unheimliche Weise präsentierte, strahlte die Zweitbesetzung auf den stärksten Kontrahenten der Gruppe B, Angola, die Wirkung der Schlange aufs Kaninchen aus. Gut, Eboue, Boka, Ya Konan, die Jungstars Gradel und Bony sowie Doumbia, der Torschützenkönig der russischen Liga sind keine No-Names, sie würden in jedem anderen Team Fixplätze haben.

Der zweite Anzug sitzt fast noch besser als die Einser-Panier

Trotzdem war das, was Angola, der Veranstalter des letzten CAN, im dritten Match ablieferte, eine echte Enttäuschung. Nach dem gerissenen Sieg gegen Burkina Faso und dem gerade noch hingebogenen Remis gegen den Sudan standen die selbsternannten Afro-Brasilianer heute neben den Schuhen. Das kann nicht allein an der Abwesenheit von Flavio und der Sperre von Tormann Carlos gelegen haben. Die Abwehr schnitzte ungewohnt, die sonst so aufbausichere Mittelfeld-Zentrale blieb unsichtbar, die Flügelzange Mateus-Djalma hatte keinen Biss und Torjäger Manucho sah so einfach keinen Ball. Irgendwie wehrlos ergab sich Angola in sein Schicksal, verlor und wurde vom Parallelspiel-Sieger noch ganz knapp rausgekegelt.
Nicht die Unerwartetheit dieses Outs ist das Drama, sondern das unwürdige Wie.

Im Parallelspiel stellte sich das bereits ausgeschiedene Team von Burkina Faso seiner letzten Herausforderung: wenigstens ein Match, noch dazu das gegen den belächelten Sudan, zu gewinnen.

Das sportliche Drama von Burkina Faso...

Letztlich scheiterten die vormaligen Obervoltarer aber an den genau gleichen Fehlern wie am Mittwoch: grauenerregende Abwehrfehler und ein unflexibler Coach, der auch angesichts des Abgrunds nicht von seinem an ein zu eng geschnürtes Korsett gemahnendes System abweichen wollte.
Der Unglücksrabe vom Mittwoch, Bakary Kone, blieb draußen, dafür übernahm sein Kollege Mamadou Tall die Hauptschuld an beiden Gegentreffern.

In der 55. Minute, noch beim Stand von 0:1 kam der österreichische Beitrag bei diesem Afrika-Cup zu seinem ersten (und einzigen) Einsatz: Issiaka Ouédraogo wurde als hängende Spitze neben Kapitän Dagano eingewechselt. Zwei Minuten später vergab er seine erste Großchance allein vorm Tor, fünf Minuten später servierte er Dagano mit einer prachtvollen Flanke eine Kopfchance. Danach passte sich der Admiraner zusehends der traurig-beengten Spielweise seiner Kollegen an. In der 85. Minute semmelte er einen Rebound-Ball noch übers tormannlose Tor; aber dann, in der 96, kam er vorm sudanesischen Goalie Akram an einen weiten Crossball und scherzelte ihn ins Tor ab: 1:2, Consolation-Goal. Direkt danach wurde abgepfiffen.

... zehrt auch am Admiraner Issiaka Ouédraogo

Den Burkinern wurde ein wichtiger Spieler aus der Quali wegen dessen kamerunischen Roots weggesperrt. Im Turnier muss Duarte auch auf einen anderen Nominierten (wegen ivoirischer Probleme) verzichten. Im Vergleich zum fröhlichen Treiben des Gastgebers Äquatorial-Guinea wird da mit zweierlei Maß gemessen.

Ouedraogo hatte es verdammt schwer: er kam in ein zerrissenes Team, dessen Ab/Aufstellungspolitik von abstrusen Verbands-Interessen gegen den Willen von Coach Duarte und zum Schaden des Teams arbeiteten. Issiaka hatte exakt ein Testspiel in den Beinen, ehe er als letzte Hoffnung in eine eh schon verlorene Schlacht geworfen wurde. Er sollte das Tor mitnehmen und den Rest abhaken.

Letztlich war der matte Rest von Burkina Faso (dem der verletzte Alain Traore merklich fehlte, Jonathan Pitroipa hatte die gesamte Last des Spiel allzu merkbar ganz allein auf seinen Schultern) die treibende Kraft in einem Match, das einfach nicht das Ihre war.

Das kleine sudanesische Wunder von Bata

Der Außenseiter Sudan stemmte sich die ganzen 90 Minuten einfach nur dagegen, konterte mit schnellen Läufen und weiten Passes, versuchte die körperliche Unterlegenheit mit Bissigkeit und auch Härte auszugleichen und hatte damit durchaus Erfolg. Wie schon gegen Angola war man immer im Spiel, immer auf Augenhöhe, immer gefährlich - und nützte zwei verheerende Schnitzer des Gegners. Man hatte sich auch nicht durch das Ausscheiden des Stamm-Innenverteidigers Nagm Eldin in der bereits 3. Minute aus der Ruhe bringen lassen - die umgestellte Abwehr hielt. Davor sorgte Kapitän Haithem, das spielerische Ebenbild von Trainer Mohamed Abdalla für die nötige Gelassenheit; und die Offensive mit Tahir, dem Zehner, Bashir, dem Wühler, und Muhather, dem Vollstrecker, spielte, wie schon in den ersten beiden Matches, gekonnt mit seinen strategischen Freiheiten.

Das Fortkommen ins Viertelfinale ist, just im Jahr der politischen Trennung zwischen Norden und Süden, der größte Erfolg für das Nationalteam des Sudan seit 1970. Damals gewann man, im eigenen Land, den bislang einzigen Titel, in einem Finale gegen Ghana. 2008, bei der ersten Qualifikation für einen CAN seit den 70ern gingen noch alle drei Spiele verloren; es gelang auch kein Treffer. Diesmal reicht die Bilanz mit 4 Punkten und 4:4 Toren, um, genau ein Törchen vor Angola, weiterzukommen.