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Alex Wagner

Zwischen Pflicht und Kür

24. 1. 2012 - 18:25

Kim Schmitz looking at jail bars

Jahrelang war der schillernde Profiteur der ersten Dotcom-Blase untergetaucht. Nun klickten wieder die Handschellen. Das Ende von Megaupload könnte auch negative Folgen für andere Webservices haben.

Ihr sagt, wir sind kriminell, doch wir sind nur die User,
im Knast saugen wir weiter, Copyrights sind was für Loser.
(Deichkind: Illegale Fans)

Seit gestern steht fest: Kim Schmitz, der Chef des Sharehosters Megaupload.com, bleibt auch weiter hinter Gittern. Er kann nach Aussagen des Richters nicht auf Kaution aus der U-Haft entlassen werden, da er über genug Bargeld und einen privaten Hubschrauber verfüge, um aus Aukland fliehen zu können.

Kim Schmitz von Megaupload in U-Haft

AAP/DAVID ROWLAND

Einen Tag vor seinem 38. Geburtstag wurde Kim Schmitz in Neuseeland festgenommen. Bei einer weltweiten Polizeiaktion, initiiert von der US-Unterhaltungsindustrie und dem FBI, wurde sein Webservice Megaupload dicht gemacht. Kim Schmitz und drei weitere Mitarbeiter wurden im luxuriösen 30 Millionen Dollar Anwesen des Firmenchefs aufgegriffen. Schmitz soll sich in seinem Panicroom verschanzt haben, mit einer Schrotflinte in der Hand. Die Polizei musste sich den Weg freischneiden.

Schmitz wird unter anderem vorgeworfen, mit Megaupload und den restlichen Mega-Diensten wie megavideo.com eine kriminelle Vereinigung zur Urheberrechtsverletzung gegründet zu haben. 175 Millionen US Dollar Gewinn soll der Sharehoster mit Werbung und zahlenden Premium-Kunden gemacht haben. Das FBI hat die Auslieferung Schmitzs in die USA beantragt, doch das Verfahren könnte sich noch monatelang hinziehen.

Hacker, Hochstapler, selfmade Playboy

Der Mann lebt mehrere Leben, immer bedacht, den Mythos um seine eigene Person zu stärken. Im Zuge der ersten Dotcom-Welle und dem Boom der Internetfirmen wurde er zum Multi-Millionär. Er protzte mit Geld, PS-Boliden und viel zu hübschen Frauen. Er verstieß gegen den Hackercodex und feierte sich als Robin Hood des Internets, zum Beispiel, als er angeblich die Citibank um 20 Millionen Dollar erleichtert und das Geld auf Greenpeace-Konten transferiert. Den Mund hat Schmitz alias Kimble alias Kim Dotcom immer weit aufgerissen. Das hat ihn zum ausgesprochenen Ungustl in der Netzgemeinde gemacht. Nun muss er den Spott der Gemeinde aushalten.

Kim Schmitz schaut auf Bruce Willis

http://kimschmitzlookingatthings.tumblr.com/

Nachdem er 2002 wegen Insiderhandesl vom Amtsgericht München zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung und 100.000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, ist es ruhig um Schmitz geworden. 2007 tauchten erste Gerüchte auf, er könnte der Strippenzieher hinter Megaupload sein, 2011 wurde es bestätigt.

Post Megaupload

Das harte Vorgehen der US-Behörden versetzt andere Sharehoster in Panik. Filesonic, der größte Service nach Megaupload, stoppte als Reaktion sein Datentausch-Angebot. Anwender können nur noch Dateien herunterladen, die sie zuvor selbst hochgeladen haben. Auch Fileserve, FileJungle und uploaded.to haben ihre Sharing-Funktion deaktiviert. Lediglich das beliebte Rapidshare hat nicht vor, seine Dienste einzuschränken. Urheberrechtlich geschütztes Material werde ohnehin gesperrt, so Rapidshare.

Aber nicht nur die Betreiber von Sharehostern müssen sich vor Strafen fürchten. Die US-Behörden könnten auch vollen Zugriff auf die Logfiles von Megaupload bekommen haben. Mit diesen wären sie eventuell in der Lage, jeden einzelnen illegalen Upload via IP-Adresse zurückzuverfolgen und User damit direkt zu belangen.

Doch was passiert mit den vielen legalen Dateien, die auf Megaupload hochgeladen wurden und auf die nun nicht mehr zugegriffen werden kann? Dutzende privater Familienvideos, selbstkomponierte Songs und Urlaubsbilder sind in der Cloud verloren gegangen? Der bekannte spanische Anwalt Carlos Sanchez Almeida will sich das nicht gefallen lassen. Er bereitet eine Sammelklage gegen die US-Behörden und gegen die amerikanische Unterhaltungsindustrie vor.